11. Steirischer Logistik Tag und Automotive Day

Über Masterplan Mobilität zu IT und E-Commerce als Treiber für Industrie und Logistik

Unter dem Motto „Technologie vernetzt“ lud die BVL Bundesvereinigung Logistik Österreich zum 11. Steirischen Logistik Tag und Automotive Day. Die Highlights der gelungenen Veranstaltung am Flughafen Graz waren die Vorstellung der Wertschöpfungspotenziale und absehbarer Trends von Industrie 4.0 oder E-Commerce als Treiber neuer Lagertechnologien sowie der Top-Vortrag von DI Peter Umundum, Vorstand Division Paket & Logistik Österreichische Post, zur Last Mile Logistik. Eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde widmete sich dem Masterplan Mobilität und plädierte für eine europäische Infrastruktur aus einem Guss sowie sinnvolle regionale Investitionen, um Infrastrukturnachteile auszugleichen. Top-Intralogistiker erörterten in der zweiten Podiumsdiskussion die Herausforderungen und Trends in der Distributionslogistik.

Univ.-Prof. Dr. Helmut Zsifkovits, Vorstand Lehrstuhl Industrielogistik Montanuniversität Leoben und BVL Regionalbüroleiter Steiermark, sowie DI Peter Totz, Business Development Salomon Automation GmbH, konnten am 8. Mai 2014 rund 100 Teilnehmer beim Branchentreff willkommen heißen. Schon traditionell und ganz im Sinne der Vernetzung präsentieren sich auf der Tagung mit dem Wirtschaftsbereich Logistik und der Automobilindustrie zwei bedeutende Sparten. Verantwortlich für den Automotive Day zeichnete DI Alfons Dachs-Wiesinger von Magna Steyr.

Industrielle Revolution

„Industrie 4.0 ist IT getrieben, der Wert entsteht aber insbesondere in der Interdisziplinarität mit Maschinenbau und Elektronik/Elektrotechnik“, so Univ.-Prof. Dr. Christian Ramsauer von der Technischen Universität Graz, Vorstand Institut für Industriebetriebslehre und Innovationsforschung. Durch Cyper-Physical Systems oder die Synchronisierung von Abläufen in Produktionsnetzwerken einschließlich der Logistik lassen sich Wertschöpfungs- und Optimierungspotenziale vor allem in Hochlohnländern erzielen.

Die deutsche Plattform Industrie 4.0 hat 12 Thesen mit konkreten Chancen erstmals präziser beschrieben. Mensch, Technik und Organisation bilden dabei die Eckpfeiler. So ergeben sich insbesondere Chancen für eine humanorientierte Gestaltung der Arbeitsorganisation. Neue und etablierte Wertschöpfungsnetzwerke mit Mehrwert integrieren Produkt, Produktion und Service und ermöglichen die dynamische Variation der Arbeitsteilung. Kooperation und Wettbewerb führen zu neuen betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Strukturen in Organisationen. Technische Systeme beherrschen die Komplexität und schaffen Ressourceneffektivität und –effizienz.

An Universitäten und in Unternehmen werden die Themenfelder seit kurzem beforscht. Eine Lernfabrik Industrie 4.0 mit Montagelinie wird ab Oktober 2014 am IBL-Institut an der TU Graz entstehen. Ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Oxford University wird die Anwendung von bestehender Sensorik zur Optimierung der Produktion behandeln.

Mobile Materialwirtschaftsprozesse – Vom Staplerleitsystem zur elektronisch vernetzten Materialwirtschaft

Wie die flexible Nutzung moderner Kommunikationstechnologien eine eindrucksvolle Performancesteigerung in der Materialwirtschaft und einen Return on Invest von innerhalb sechs Monaten ermöglichte, erläuterte DI Stefan Schröcker, Head Supply Chain Technology Development MAGNA STEYR. Weitgehend papiergeführte Informationsflüsse mit geringer Flexibilität wurden in einem ersten Schritt durch die Einführung eines Staplerleitsystems mit Leitstandüberblick abgelöst. Erste Leistungssteigerungen und Prozessverbesserungen mit geringem Budget wurden bereits nach vier Wochen erreicht. Durch den Einsatz brandneuer Tablet-PC Technologie und Scanner anstatt teurer Handhelds konnten zusätzliche Funktionalitäten für die Abbildung der gesamten Intralogistikprozesse genutzt und durch Performancemessungen konnte auch der Fokus auf gleichmäßige Auslastung der Mitarbeiter in allen Betriebsschichten gelegt werden.

E-Commerce und Omni Channel – Herausforderung für die Intralogistik

Attraktive Lösungen in der Multi-Channel Distribution stellte Peter Totz vor. Studien prognostizieren ein jährliches Wachstum von 10 Prozent im E-Commerce. Omni-Channel – die verschiedensten Absatzkanäle verschmelzen zu Touch-Points, die der Konsument nutzen kann – spricht alle Vertriebskanäle an. Die kaum planbare Dynamik stellt im Multi Channel Vertrieb Distributionszentren vor große Herausforderungen. Lagerprozesse müssen flexibler werden und mit veränderten Auftragsstrukturen umgehen können. Zusätzlich spielen Prozessgeschwindigkeiten und kürzeste Auslieferungszeiten oder das Handling von hohen Retouren-Quoten, wie z. B. im Fashionbereich, eine entscheidende Rolle. Mit verschiedensten Kommissioniermethoden, Sequenzierung und Hochleistungsförder- und Lagertechnik sollen die Anforderungen neuer Multi Channel Distributionszentren mit höchster Effizienz bewältigt werden können.

Vom Gesamtverkehrsplan zum Masterplan Mobilität

Auf Basis des vor rund eineinhalb Jahren vom bmvit präsentierten Gesamtverkehrsplans wurde die WKO eingeladen in einer Arbeitsgruppe am Masterplan Mobilität mitzuarbeiten, erklärte Ing. Mag. Alexander Klacska, Bundesspartenobmann Transport und Verkehr der WKO. Unter Einbindung aller Stakeholder soll das steigende Mobilitätsbedürfnis sowohl im Personen- als auch Güterverkehr sichergestellt werden, der Standort Österreich an Attraktivität gewinnen und der Wertschöpfungsanteil am Verkehrs-/Logistikmarkt nachhaltig erhöht werden!

„Durch den integralen Ansatz kristallisieren sich vier Schwerpunktbereiche für einen solchen Masterplan heraus: Die Verknüpfung der Verkehrsträger zur Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur, die richtigen Rahmenbedingungen für deren effiziente Nutzung, fundierte Aus- und Weiterbildung sowie das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit“, so Klacska.

Mittels Analysen im historischen Kontext und durch quantitative Befragung der Wirtschaft über den Status quo wurden bereits erste Arbeitspakete abgeschlossen. Bis September 2014 sollen Visionen und Ziele, Strategien, Maßnahmen und deren Implementierung erarbeitet werden.

Podiumsdiskussion Infrastruktur und Verkehr

Die anschließende, hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion mit DI Klaus Dörfler, Geschäftsführer, Imerys Talc Austria, Franz Glanz, Geschäftsführer, Cargo Center Graz, Ing. Mag. Alexander Klacska, Bundesspartenobmann Transport und Verkehr, Wirtschaftskammer Österreich, Prof. Friedrich Macher, Chief Executive Officer, Grampetcargo Austria, Mag. Christian Moser, Sales & Marketing Manager, GEFCO Österreich, zum Thema Infrastruktur und Verkehr moderierte DI Franz Lückler, Geschäftsführer der AC Styria.

Österreich und insbesondere die Steiermark mit einem Exportanteil von 75 Prozent

seien wahre Exportmeister. Im Masterplan Mobilität müssten interdisziplinäre Vernetzungen berücksichtigt werden und man müsse sich die Fragen stellen, wo Verkehre ausgelöst werden, wo Warenströme entstehen, wie sie durch und aus Österreich gehen und wie sie in einem gesamteuropäischen Kontext modelliert werden können, so der Tenor der Diskussionsrunde. Betont wurde weiter, dass Infrastrukturen auf lange Zeiträume ausgelegt seien. Die Baltisch-Adriatische Achse sei eine Zukunftsachse. Dagegen könnte die für die Wirtschaftsregion so wichtige Pyhrn-Schober-Achse mit relativ geringen Mitteln ausgebaut und innerhalb von drei bis vier Jahren in Betrieb gehen.

Infrastrukturmaßnahmen müssten darüber hinaus die Voraussetzung für Komodalität schaffen und alle Verkehrsträger einbinden. Fazit: Um Infrastrukturnachteile auszugleichen sollen sinnvolle regionale Investitionen im europäischen Kontext geschaffen werden.

Last Mile Logistik

Über die Herausforderungen der Last Mile Logistik referierte Peter Umundum. Das starke Paketwachstum sowohl im Privatkunden wie auch im B2B-Bereich sei auf E-Commerce zurückzuführen. Um die Herausforderung Last Mile Logistik zu bewältigen, werden neue Geschäftsmodelle in beiden Bereichen entwickelt. Was kann „mobile“ für die letzte Meile tun? Eine Konsumentenoffensive mit Selbstbedienungsboxen, Track & Trace, SMS- und E-Mail Aviso oder der „Gelbe Zettel“ mit RFID-Chip für eine neue Form der Benachrichtigung würden zu einem Paradigmenwechsel in der Steuerung der Paketannahme und der freien Auswahl der Zustellung führen. Dazu läuft unter anderem auch mit „Last Mile Logistics and mobile Communication“ eine Forschungskooperation mit der Karl Franzens Universität Graz

Best Practice: Gemeinsame Distribution bei verteilter Produktion

„Mit der Implementierung eines Tourenplanungsprogrammes wurde der Weg von der dezentralen zur zentralen Steuerung von vier Produktionsstätten, davon zwei in Ungarn und einem weiteren Standort in Rumänien, ermöglicht“, erklärte DI Georg Walchshofer, Leiter Produktion & Logistik ADA Möbelwerke. Mit der Tourenplanung würde der gesamte Betrieb gesteuert: Die Bestellung wird erfasst und kommt in die Tourenplanung, Beschaffung und Produktion werden angestoßen, produziert wird direkt in den Lkw. Synergieeffekte der zentralen Distributionsplanung und –steuerung wurden durch Reduzierung der Transportkosten, verkürzten Lieferzyklen und effiziente Administration erreicht.

Optimaler Lagerstandort

Hanna Plank-Bachselten, Montanuniversität Leoben,stellte an der Logistiktagung das von SSI Schäfer in Auftrag gegebene Projekt „Tools und Vorgehensweisen zur Lagerstandortwahl“ vor. Ziel war es aus Beratersicht optimale Lagerstandorte für eine optimale Anzahl von Lager zu finden und in weiterer Folge Kriterien, Methoden und Tools zur Tourenplanung auf Vor- und Nachteile zu prüfen. Der Zukauf von Software, eine eigene Umsetzung oder das Outsourcing normativer Aufgaben wurden als Lösungswege in Betracht gezogen. Umgesetzt wurde die „eigene Lösung“. Das Ergebnis: Kostenersparnisse und individuelle Möglichkeiten der Anpassung stehen zwar einem hohen internen Aufwand gegenüber, haben jedoch treffsicher den optimalen Standort ausgewiesen.

Lagertechnologien im Fokus

Wie maßgeschneiderte Prozesse Anforderungen und die Komplexität bei heterogenen Systemen bei voller Erhaltung der Flexibilität bewältigt werden können, erläuterte Mag. Karl Kaufmann, Geschäftsführer Metasyst Informatik. Prozesse, Branchen und Anforderungen unterscheiden sich von Kunde zu Kunde. Investitionsmotive in Lagertechnologie und Supply Chain Management seien Wettbewerbsfähigkeit, Produktivitätssteigerung, Branchentrends, räumliche und bauliche Restriktionen sowie die Mitwirkung und Vernetzung in Lieferantennetzwerken. Oft erfolge der Start mit manuellen Lagersystemen und führe über die Teil- zur Vollautomatisierung, beschreibt Kaufmann die Entwicklung in den Unternehmen.

Der Griff in die Kiste

Ein breites Produktspektrum, manuelle bis vollautomatische Prozesse, Fördergut auf verschiedensten Ladehilfsmitteln, hohe Kommissionier- und Förderleistung oder Effizienz sind Anforderungen der Intralogistik, um nur einige zu nennen. Neue Konzepte für den Einsatz von Robotertechnologien, die manuelle Kommissionierarbeitsplätze ersetzen und das automatische Retourenhandling übernehmen würden, stellte DI Peter Puchwein, Entwicklungsleiter Knapp, vor.

Darüber hinaus würde die Bildverarbeitung und Bilderkennung für die Intralogistik sowohl im manuellen wie auch im vollautomatischen Bereich immer interessanter. Sie würden vor allem in der Produkterkennung, Produktvermessung oder zur Überwachung von Prozessen und Arbeitsplätzen zur Anwendung kommen.

Distributionslogistik im Spannungsfeld zwischen Komplexität und Performance

Die zweite und abschließende Podiumsdiskussion führten Mag. Karl Kaufmann, Geschäftsführer Metasyst Informatik, DI Franz Mathi, Chief Operating Officer Knapp, Mag. Hannes Neubauer, Geschäftsführer Salomon Automation und Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Markus Skof, Geschäftsführer Jungheinrich Systemlösungen.

„Die veränderten und zunehmend komplexen Anforderungen von B2C verlangen nach flexiblen Lösungen und hoher Performance. Und vor allem der Norden beschreitet den Weg der Automatisierung“, so Hannes Neubauer über Herausforderungen und Trends in der Distributionslogistik. Mehr Automatisierung bedeutet aber auch mehr Risiko für Unternehmen und Anbieter. Franz Mathi: „Logistik wird mehr und mehr Bestandteil des Produktes und die Distributionslogistik wird zum Spielball des Vertriebs. Multi-Channel-Lösungen mit einem starken Lösungsportfolio sind in aller Munde.“

Markus Skof betonte, dass Prozesse Treiber für die Lösung seien und dass nicht nur große sondern auch kleinere Lagerbetreiber in die Automatisierung hineingehen. Der Einstieg erfolge oft über die beleglose Kommissionierung.

Mastertrend: Prozesse und Trends fordern auch neue Lagertechnologien. Mit neuen Technologien könne die Flexibilität in der Automatisierung und in der Robotik erhalten bleiben, Rechnerleistungen stünden zur Verfügung, so Mathi. Karl Kaufmann stellte eine Renaissance der kleineren Lager fest. Sie seien auf Kundennähe, hochtechnisiert und auf hohe Performance ausgelegt.

Conclusio: Ob große oder kleine Lager – durch Anforderungen wie E-Commerce oder Same day Delivery werden die Anforderungen immer komplexer. Die Komplexität muss bewältigt werden können und die Qualität muss den Kunden zufrieden stellen.

Quelle: lukas-pr.com

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