Anlagenerweiterung für optimierte Warenflüsse

Mit einem neuen Hochregallager als Erweiterungsbau sowie neu konzipierten Materialflüssen nebst entsprechender Fördertechnikausstattung, Modernisierung, Erweiterung und Anbindung einer vorhandenen Elektrohängebahn hat SSI Schäfer die Intralogistik bei Getränkehersteller Vitaqua bei laufendem Betrieb auf den aktuellen Stand der Technik gebracht und die Kapazitäten sowie die Effizienz der Anlage deutlich gesteigert. Die Logistiksoftware WAMAS® steuert und optimiert sämtliche Prozesse im Lager.

Die Getränkeindustrie ist einer der wenigen Handelsbereiche, die von dem Entwicklungstreiber E-Commerce bisher kaum betroffen sind. Gleichwohl müssen die Hersteller auf Megatrends wie etwa Digitalisierung reagieren. Es gilt einerseits, den Informationsfluss in der Supply Chain durchgängig zu gestalten und allen Beteiligten die für sie relevanten Daten – möglichst in Echtzeit – zur Verfügung zu stellen. Um die Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern, müssen andererseits alle Optimierungspotenziale zwischen Herstellung und Konsum wirtschaftlich und technisch bestmöglich erschlossen werden. Denn neben der eigentlichen Produktherstellung hat insbesondere der interne Warenfluss eine signifikante Auswirkung auf die Rentabilität der Unternehmen. Ausreichende Kapazitäten decken die Verfügbarkeit für einen saisonal äußerst volatilen Absatzmarkt. Beim Warehousing selbst sorgt Automation für schnelle Prozesse und eine transparente Auftragsfertigung. Beide Anforderungen hat die Vitaqua GmbH jetzt am Unternehmens- und Produktionsstandort Breuna erfüllt.

2007 hatte das Unternehmen auf dem 24 Hektar großen Grundstück die Produktion und Lagerung von Mineralwasser, Limonaden und Obstschorlen aufgenommen. Bis 2010 wurde die Anlage kontinuierlich räumlich erweitert und die Produktion gesteigert. Zwischen dem Lagerkomplex und der Produktion sorgt eine Elektrohängebahn (EHB) für automatisierte, interne Transporte. Das angebundene automatisierte Bestandslager bietet in seinen 18 Gassen gut 51.000 Palettenstellplätze für die einfachtiefe Lagerung von Fertigprodukten, Roh- und Betriebsstoffen. Mit steigender Nachfrage und dem weiteren Aufbau der Produktionslinien erreichte die Bestandsimmobilie jedoch ihre Grenzen.

„Da wir das Sortiment in Breuna vergrößert hatten, benötigten wir 50 % mehr Lagerkapazität und optimierte Warenflüsse“, erklärt Vitaqua-Werksleiter und -Prokurist Ronald Göring. „Die Erweiterung der Anlage um ein neues Hochregallager inklusive Umbau der Bestandstechnik waren daher schnell beschlossene Sache.“ Den Zuschlag für das Erweiterungsprojekt erhielt nach einer Ausschreibung SSI Schäfer. „Das vorgelegte Realisierungskonzept überzeugte durch eine exakt auf unseren Bedarf zugeschnittene Lösung mit hervorragenden Erweiterungsmöglichkeiten und einer Nutzung der vorhandenen Produktions-EHB sowie optimaler Softwareanbindung“, begründet Göring die Auftragsvergabe. „Zudem bot SSI Schäfer als Generalunternehmer die gesamte Projektrealisierung vom Bau eines Vorgebäudes und des Hochregallagers inklusive Bodenplatte über die Automationskomponenten bis hin zur IT aus einer Hand.“ Keine neun Monate nach Auftragsvergabe übergab SSI Schäfer die schlüsselfertige Anlage – obwohl das Projekt bei laufendem Betrieb realisiert wurde. Im Frühjahr 2015 gingen die erneuerte EHB und das neue, vollautomatisierte Hochregallager in Betrieb.

An sechs Produktionslinien füllt Vitaqua in Breuna die Mischgetränke und verschiedenen Mineralwassersorten in Halb- und Eineinhalb-Liter-PET-Flaschen ab. Die Produkte werden an nahezu alle großen Discounter und Lebensmittelketten Deutschlands geliefert. Mit dem Erweiterungsprojekt wollte der Hersteller neben der Kapazitätserweiterung auch die Materialströme der Bedarfsmaterialien und Fertigprodukte trennen. Dazu erstellte SSI Schäfer zunächst ein Logistikkonzept inklusive Ausführungsplanung. Im Anschluß erfolgte die Realisierung eines vollautomatisierten Hochregallagers (HRL). Rund 26.500 Stellplätze für eine doppeltiefe Lagerung bietet das neue, fast 40 m hohe Gebäude. In seinen fünf Regalgassen sorgen Regalbediengeräte (RBG) der jüngsten Exyz-Generation mit ihren doppeltiefen Teleskopgabeln für eine Umschlagsleistung von insgesamt bis zu 200 Ein- und 400 Auslagerungen pro Stunde. „Damit kommen wir in unserem erweiterten Distributionszentrum auf eine Verladeleistung von 750 Paletten pro Stunde in der Einlagerung und auf 700 Paletten in der Auslagerung“, erläutert Göring. „Wir haben mit dem neuen HRL neben einer gesteigerten Umschlagsleistung insbesondere den Aspekt der Energieeffizienz fokussiert. Diese hat sich durch den geringen Verbrauch und das Energierückgewinnungskonzept der RBG deutlich verbessert.“

Tatsächlich hat SSI Schäfer mit Konzeption der Exyz-RBG nicht nur ein vollkommen neuartiges Baukastensystem umgesetzt. Vielmehr steht das „E“ gleichermaßen für Effizienz wie für den geringen Energieverbrauch der Geräte. Höchste Energiesparklassen und effiziente Energierückspeiseeinrichtungen sind bereits Standard. Durch verschiedene Konstruktionsmerkmale sparen die RBG allein beim Hub gegenüber herkömmlichen Geräten bis zu 25 % des Energieverbrauchs ein. Weitere Eigenschaften wie etwa die Mastkonstruktion wirken sich zudem direkt auf die Raumnutzung aus. „In diesem 40 m hohen Lager summieren sich die Vorteile etwa durch die reduzierten Anfahrmaße der Exyz schnell auf mehrere Kubikmeter zusätzlich nutzbarer Regalfläche beziehungsweise deutlich verringerte Betriebs- wie Baukosten“, erklärt Michael Hoffmann, Division Manager Sales bei SSI Schäfer.

Parallel zum Neubau des zweiten HRL legte SSI Schäfer das Konzept für die optimale Trennung der Materialströme vor. Vitaqua wollte das Bestandslager in dem zentralen Distributionszentrum nach dem Erweiterungsprojekt ausschließlich zur Lagerung der rund 320 verschiedenen Fertigprodukte nutzen. Die Vorhaltung der Roh-, Bedarfs- und Verbrauchswaren für die Produktionsversorgung sollte über das neue HRL von SSI Schäfer erfolgen. „Dazu war es seitens der Hardware erforderlich, das HRL an die vorhandene EHB anzubinden, ihre Leistungskapazität zu steigern und den Parcours der EHB derart zu modifizieren, dass sie alle Bereiche des Distributionszentrums ver- beziehungsweise entsorgen kann“, sagt Hoffmann. „Überdies galt es, die neuen Prozesse über einen Materialflussrechner und ein Lagerverwaltungssystem abzudecken und an das kundenseitig betriebene Steuerungssystem anzubinden.“

Auf knapp 800 m Länge wurde der Umlauf der EHB erweitert. Über zwei parallel verlaufende Strecken bedient sie das neue Vorgebäude, die beiden HRL und die Produktion. Um die Kapazitätsanforderungen zu decken, wurde die Bahn um drei Fahrzeuge auf insgesamt sechs Gehänge erweitert. Besonderheit: SSI Schäfer installierte Gehänge, die identisch mit dem Bestand sind. Alle sechs Gehänge wurden zudem mit modernster Sensortechnik ausgerüstet. „Dies ermöglicht die Nutzung einer frei verfahrbaren EHB ohne Einhausung“, erläutert Hoffmann. „Die Sensoren stoppen die Bahn automatisch, wenn sie auf der Förderstrecke Hindernisse erfassen.“ Mit der zusätzlichen Sicherheitsausstattung kann die herkömmliche Einzäunung der Förderstrecke entfallen. Die auf Stutzen geführte EHB stellt keine Barriere in der Fläche dar, sondern gewährt freie Passagen zwischen den Gehängen.

Die palettiert angelieferten Roh-, Bedarfs-und Verbrauchswaren zur Produktionsversorgung werden im Wareneingang erfasst und im neuen HRL eingelagert. Über das kundenseitige IT-System melden die Produktionslinien ihren Bedarf. Die IT gibt die Informationen an die Logistiksoftware WAMAS von SSI Schäfer weiter. WAMAS generiert die auftragsbezogenen optimierten Auslagerungsaufträge und stößt mit Ansteuerung des Materialflussrechners die entsprechenden Prozesse zur Produktionsversorgung an. An Übergabeplätzen übernimmt die EHB die ausgelagerten Paletten und führt sie in das Produktionsgebäude. Dort entsorgt sie die Produktionslinien und führt die Getränkepaletten in das Bestands-HRL. „WAMAS verwaltet das neue HRL, führt dessen Prozesse und macht mit einer Visualisierung für den Leitstand die Vorgänge transparent. Neben der um Sensorik und neuen Streckenverlauf erweiterten Steuerung der EHB musste WAMAS zudem mit Schnittstellen zu den Produktionslinien und dem überlagernden IT-System ausgestattet werden“, veranschaulicht Hoffmann den Programmieraufwand.

Die Auslagerungen für die Distribution erfolgen nach Vorgabe des überlagernden IT-Systems über eine Fördertechnikstrecke in die Bestandsanlage. Dort wird der Warenausgang konsolidiert und schließlich auf Lkw verladen. Insgesamt hat SSI Schäfer bei dem Erweiterungsprojekt die Materialflüsse deutlich optimiert. „Dabei ist das gesamte Anlagenlayout des neuen HRL und der modernisierten EHB auf eine komfortable Umsetzung weiterer Expansionsoptionen seitens Vitaqua ausgelegt“, fasst Hoffmann zusammen.

„Mit dem Erweiterungsprojekt von SSI Schäfer haben wir unsere Lagerkapazitäten an unseren Bedarf angepasst, die Materialflüsse für Roh-, Bedarfs- und Verbrauchswaren für die Produktionsversorgung und Fertigwaren konsequent getrennt und die innerbetrieblichen Transporte auf modernste Technik ausgelegt“, resümiert Werksleiter Göring zufrieden. „Dabei konnten wir zudem unsere Verladeleistung um rund 30 % steigern und die Energieeffizienz der Gesamtanlage deutlich verbessern. Das hat sich gelohnt.“

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