E-Day17: Qualifikation und Flexibilisierung wichtigste Voraussetzungen, um im Digitalen Wandel zu bestehen

Ganz im Zeichen von „Digitalisierung erleben“ stand der E-Day von Wirtschaftskammer Österreich und Wirtschaftskammer Wien, der am Mittwoch im Austria Center Vienna unter dem Thema „Digitalisierung erleben“ über die Bühne ging. „Digitalisierung erleben heißt nicht, dass man zuschaut. Man muss teilnehmen, damit man als Unternehmen überlebt“, betonte Robert Bodenstein, Obmann der Bundessparte Information und Consulting, in seinen Begrüßungsworten.

Qualifizierung und Flexibilisierung – für den deutschen Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker sind das die wichtigsten Voraussetzungen, wenn es um digitalen Wandel und seine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt geht. Der 32-jährige Christdemokrat war Hauptredner beim diesjährigen E-Day.

„Wer heute zur Welt kommt, wird statistisch gesehen 83 Jahre alt. In was für einer Welt diese Person leben wird, wissen wir nicht. Aber ein Blick 83 Jahre zurück lässt erahnen, was da für enorme Entwicklungen zu erwarten sind. Dinge, die heute selbstverständlich sind, wie Fernsehen oder Waschmaschinen, steckten damals noch in den Kinderschuhen oder waren noch gar nicht erfunden.“ Diese vor allem von Digitalisierung getriebenen Entwicklungen machen auch vor der Arbeitswelt nicht halt: „Wenn automatisiertes Fahren kommt, wird es weniger Autos brauchen, dann braucht es auch weniger Mechatroniker in Autowerkstätten“, schildert Whittaker. Aber auch vor akademischen Berufen mache die Entwicklung nicht halt: „In Estland gibt es keine Steuerberater mehr, weil das alles digital erledigt wird.“ Selbst die Arbeit von Juristen könnten mittlerweile Computerprogramme übernehmen.

Diesem Wandel muss aus Sicht des studierten Ökonomen Whittaker im Bildungs- und Ausbildungsbereich dringend Rechnung getragen werden: Kinder, die heute geboren werden, „haben hoffentlich keinen Unterricht in Textilem Gestalten mehr, wo sie Stricken lernen, sondern Coding und Programmieren“. Der Abschluss einer Ausbildung dürfe heutzutage kein Abschluss mehr sein, sondern nur der Beginn einer weiteren Ausbildung. „Der erlernte Beruf kann morgen schon weg sein“, daher sei lebenslanges Lernen „unglaublich wichtig“, so Whittaker. Allerdings würden viele Unternehmen dies verschlafen: In 70 Prozent der deutschen Unternehmen gebe es kein Budget für die Weiterbildung von Mitarbeitern. Auch bei vielen Mitarbeitern sei aus finanziellen Überlegungen die Bereitschaft zur Fortbildung oft gering. „Das darf nicht sein, denn wer sich nicht weiterbildet, landet früher oder später in der Arbeitslosigkeit“, so Whittaker. Er fordert die steuerliche Entlastung von Weiterbildung und die Förderung von Bildungsteilzeit. Letztlich brauche es eine Weiterbildungskultur in sämtlichen Bereichen. Die Curricula in der dualen Ausbildung wie auch an den Universitäten müssten dringend an den digitalen Wandel und das dadurch notwendige lebenslange Lernen angepasst werden.

Auch was die Ausgestaltung der Arbeit angeht, ermöglicht der digitale Wandel viele Veränderungen. Viele Arbeitnehmer würden gerne den Nachmittag mit ihren Kindern verbringen und die zweite Hälfte der Arbeitszeit am Abend von zuhause aus erledigen. „Da gerät man aber schnell in Konflikt mit den Arbeitszeitgesetzen“, sagt Whittaker. Die Aufgabe der Politik sei jedoch „Ermöglichen, nicht verbieten!“ Zumal flexibles Arbeiten laut Studien die Produktivität der Mitarbeiter enorm erhöhe – und damit eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sei.

Mit dem Wandel der Arbeit muss laut Whittaker aber auch ein Wandel in der Unternehmenshierarchie einhergehen: „Die Chefs müssen den Mitarbeitern Freiräume bieten, um selbst Entscheidungen zu treffen.“ Nur dann könnten die Talente und Fähigkeiten der Mitarbeiter voll ausgeschöpft werden.

 Utl: „Lassen Sie sich von Profis beraten“
Auch für IT-Strategieexpertin Isabella Mader ist der Aus- und Weiterbildungsaspekt im Bereich Digitalisierung zentral. Alleine in der EU würden mehr als eine Million IT-Spezialisten fehlen – Experten, die dringend benötigt werden, um den Unternehmen beim digitalen Umstieg zu helfen, erklärte Mader, die als zweite Hauptrednerin beim E-Day geladen war.

Viele Unternehmen hätten die Sorge, bei Umstieg auf digitale Geschäftsmodelle die bestehenden über den Haufen werfen zu müssen. „Das ist nicht nötig. Sie setzen ein neues Pflänzchen, das neben dem bestehenden Geschäft wächst und irgendwann groß genug ist, dass es sie ernährt“, erklärte Mader, Vorstand des Wiener Excellence Institute.

Ein wesentlicher Aspekt bei den neuen digitalen Geschäftsmodellen ist für Mader die Kooperation mit anderen Unternehmen: „Wenn man seine Produkte online verkauft, bedeutet das nicht, dass man die Packerl selbst packen und verschicken muss. Dafür gibt es Partner.“ Selbst die Buchhaltung könne ausgelagert werden – vor allem für kleine Betriebe interessant. Ein Zauberwort ist für IT-Expertin Mader Sharing: „Wieso kaufen, wenn man mieten kann?“ Sharing-Möglichkeiten sieht sie in eigentlich allen Geschäftsbereichen: Services, Transport, selbst Orte, z.B. Büros, Geld, Technologien, Bildung und Medien, könnten geteilt werden.

Viele Unternehmen hätten natürlich Bedenken, wenn es um neue Techniken geht: „Aber 100 Prozent Sicherheit gibt es nicht – auch nicht im bisherigen Geschäft. Dort gibt es Ladendiebe, im Digitalen gibt es Cyber-Diebe. Gegen beides muss man sich schützen.“ Auch die Aspekte Zeit und Geld sind für Mader keine unüberwindbaren Hindernisse: „Das nötige Budget ist wesentlich unspektakulärer, als viele denken.“

Wichtig ist aus Sicht Mader jedoch, dass man sich von Anfang an von Experten beraten lasse: „Nehmen Sie Profis, man muss nicht alles selber machen.“

„Die Chancen, die in der Digitalisierung stecken, für ihr Unternehmen zu nutzen, gerade auch durch die Vernetzung mit anderen Unternehmen“, dabei wolle die Wirtschaftskammer ihre Mitglieder unterstützten, erklärte WKÖ-Präsident Christoph Leitl in einer Videobotschaft.  Das sei eine der wichtigsten Aufgaben der Kammerreform WKO 4.0, die beim Wirtschaftsparlament in der Vorwoche beschlossen wurde.

Schon jetzt berät die Wirtschaftskammer die Unternehmen beim Thema Digitalisierung, wie Digitalisierungsbeauftragter Christian Rupp erklärte. Unter www.wko.at/digital finden Unternehmen zahlreiche Angebote für Weiterbildung, Webinare aber auch mögliche Kooperationspartner. Unter www.KMU-digital.at können sich Unternehmen ab dem Sommer auf ihren digitalen Status abchecken und bei der Umsetzung weiterer Maßnahmen beraten lassen.

Der E-Day, Österreichs größte E-Business-Veranstaltung, fand am Mittwoch, 12. April 2017, erstmals als gemeinsames Event von Wirtschaftskammer Österreich und Wirtschaftskammer Wien statt. Unter www.eday.at können sämtliche Vorträge nachgesehen werden. (PWK317/WZ)

Rückfragen & Kontakt:

Wirtschaftskammer Österreich
Dr. Gerhard Laga
E-Center
Tel.: 05 90 900-4203
E-Mail: gerhard.laga@wko.at

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