Geheime TTIP-Dokumente bestätigen massive Bedrohung von Umwelt- und Lebensmittelstandards

Die Umweltorganisation Greenpeace Niederlande veröffentlicht morgen Montag geheime Verhandlungsdokumente zum EU-US Handelspakt TTIP. Eine erste Analyse der konsolidierten Texte der 12.Verhandlungsrunde, die durch den Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung auf ihre Echtheit überprüft wurden, ergibt: Durch TTIP drohen massive Eingriffe in die Umwelt und das Leben von fast einer Milliarde Menschen dies- und jenseits des Atlantiks. Unter anderem finden sich in den bisher vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Verhandlungstexten Passagen, die, wenn sie so im endgültigen TTIP-Vertrag enthalten sind, zur Zulassung von genmanipulierten Pflanzen und Lebensmitteln oder mit Wachstumsbeschleunigern erzeugtem Fleisch in der EU führen.

„Damit können wir endlich beweisen, was bisher vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurde. Unsere schlimmsten Befürchtungen beim Handelspakt TTIP haben sich bestätigt“, zeigt sich Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Österreich entrüstet und warnt, „Mit dem fertig verhandelten EU-kanadischen Handelspakt CETA droht uns aber schon jetzt ein TTIP durch die Hintertür. 42.000 US-Unternehmen und viele europäische Konzerne haben Niederlassungen in Kanada. Sie können europäische Staaten dann über die im CETA-Vertrag vorgesehenen Paralleljustiz auch ohne TTIP klagen. Die Bundesregierung muss im Sinne der 70 Prozent der Menschen in Österreich, die TTIP und CETA ablehnen, sofort die Notbremse ziehen und gemeinsam ein Veto gegen beide Handelspakte einlegen.“

Die vorliegenden 13 Kapitel stellen mit knapp 250 Seiten etwa die Hälfte des gesamten Abkommens und zeigen den Stand vor der am Freitag abgeschlossenen 13.Verhandlungsrunde. Bislang darf der Verhandlungstext nur von Parlamentariern und anderen ausgewählten Personen unter erheblichen Einschränkungen eingesehen werden. Es dürfen keine Kopien angefertigt werden, und es besteht Schweigepflicht. „Diese Dokumente sind kein Betriebsgeheimnis, sie würden das Leben von über einer halbe Milliarde Menschen alleine in Europa verändern. Alle Verhandlungsdokumente gehören öffentlich gemacht“, fordert Egit.

Aus Sicht von Greenpeace enthalten die Dokumente zahlreiche problematische Passagen. So drohen bestehende Umweltgesetze zur Lebensmittelsicherheit und Chemikalien verwässert zu werden. Der EU–Standard des Vorsorgeprinzips findet in den Dokumenten keinerlei Erwähnung, gleichzeitig drängen die USA auf die Anwendung des Risikoprinzips. Dadurch könnte es in Europa künftig möglich werden, dass auch hoch umstrittene und bislang in vielen Ländern nicht zugelassene genmanipulierte Pflanzen und Lebensmittel oder auch mit Wachstumsbeschleunigern erzeugtes Fleisch so lange angebaut und konsumiert werden, bis ihre Schädlichkeit nachgewiesen ist. Zudem drohen Regelungen wie zum Beispiel jene zur Lebensmittelkennzeichnung oder zur Kosmetik durch die so genannte regulatorische Kooperation ausgehöhlt zu werden. Letztlich geht aus den Papieren auch hervor, dass die Industrielobby privilegierten Zugang zu den Verhandlungen und wichtigen Entscheidungen hatte, während die Öffentlichkeit und die Zivilgesellschaft kaum Zugang zu den Verhandlungen hatte.

„Was bislang aus diesen Geheimverhandlungen an die Öffentlichkeit drang, klang wie ein Albtraum. Jetzt wissen wir, daraus könnte sehr bald Realität werden“, so Egit, „TTIP rüttelt genauso wie CETA an den Fundamenten des europäischen Umwelt- und Verbraucherschutzes. Das Abkommen bedroht Rechte und Gesetze, die über Jahrzehnte mühsam erkämpft wurden. Dieser Vertrag darf nicht in Kraft treten, die österreichische Bundesregierung muss einen Regierungsbeschluss gegen beide Handelspakte verabschieden.“

Weiterführende Informationen zu den TTIP-Dokumenten: 
Das Material wurde NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung von Greenpeace Niederlande zur Verfügung gestellt. Die Organisation verfügt nach eigenen Angaben über Originale der Verhandlungsdokumente, aus Gründen des Quellenschutzes hat man davon Abschriften gefertigt. Über die Quelle des Materials schweigt Greenpeace. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung erhielten es mehrere Tage vor der Veröffentlichung und konnten es auf seine Authentizität überprüfen.
Die Dokumente werden morgen Montag 11.00 Uhr von Greenpeace Niederlande im Internet veröffentlicht.

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