LNG betriebenes Schiff im Hamburger Hafen

Erstmals konnte der Hamburger Hafen am 19. Juni 2012 ein LNG betriebenes Schiff am Anleger der Überseebrücke begrüßen. Die KV BARENTSHAV gehört zur Flotte der Norwegischen Küstenwache und wird unter anderem für Fischereikontrollen, Seenothilfe, Polizeiaufsicht und Umweltkontrollen innerhalb der Norwegischen Seegrenze eingesetzt. Die Besonderheit des Schiffes ist sein umweltfreundlich betriebener Motor: Anstelle von Dieseltreibstoff wird die KV BARENTSHAV unter Normalbedingungen durch Flüssigerdgas (LNG: liquefied natural gas)  angetrieben. Anlass des dreitägigen Besuchs ist die Fachkonferenz „LNG – the Norwegian Experience“, die von der Deutsch-Norwegischen Handelskammer gemeinsam mit Innovation Norway und der Klassifikationsgesellschaft DNV Germany in Hamburg veranstaltet wurde. 
 
Der Antrieb der KV BARENTSHAV erfolgt über einen Propeller, der entweder mechanisch über das Haupttriebwerk oder Gas-elektrisch durch einen Elektro-Motor betrieben wird. Dafür stehen zwei Maschinenräume und Tanks bereit: Einer für den Diesel- und einer für den Gasbetrieb mit LNG. Die vier mit Gas betriebenen Maschinen, die Strom für den Elektro-Motor produzieren, starten und stoppen automatisch je nach Strombedarf. Der Dieselmotor kommt nur zum Einsatz bei Schlepp-Arbeiten und besonderen Fahrten unter Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 20 Knoten.  Die 93,0 Meter lange und 16,6 Meter breite KV BARENTSHAV bietet eine Tragfähigkeit von 4.000 Bruttoregistertonnen (BRT) und ist mit einer Zuglast von 100 Tonnen in der Lage, einen 150.000 Tonnen Tanker im Sturm zu halten. 
 
Vor dem Hintergrund die Schifffahrt umweltfreundlicher zu gestalten, spielt LNG eine wichtige Rolle, da Erdgasantriebe den Ausstoß von Stickoxiden im Vergleich zum Diesel um knapp 90 Prozent und den von Kohlendioxid um bis zu 20 Prozent verringern. Schwefeldioxid- und Feinstaubemissionen entfallen beim LNG-Betrieb nahezu komplett, zudem verringert sich der Verschleiß der Motoren und senkt damit die Betriebskosten. Im Zuge der ab 2015 geltenden Regelungen zu eingeschränkten Grenzwertvorschriften für Schwefelemissionen in SECA-Gebieten (Sulphur Emission Control Area), wozu auch die Nord- und Ostsee zählen, sucht die Schifffahrtsbranche verstärkt nach alternativen Treibstoffen. 
 
In Hamburg hat man die Wichtigkeit des ökonomisch und ökologisch sinnvollen alternativen Brennstoffes erkannt. Die Hamburg Port Authority und die Linde Group wollen den Einsatz von LNG fördern und erstellen zurzeit eine Machbarkeitsstudie zum wirtschaftlichen Einsatz von LNG im Hamburger Hafen. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse könnten dann konkrete Infrastrukturprojekte, wie beispielsweise eine LNG-Bunkeranlage, im Hamburger Hafen begonnen werden. „Der Hamburger Hafen soll eine Spitzenposition hinsichtlich Umweltfreundlichkeit und Effizienz einnehmen. Antriebe mit verflüssigtem Erdgas werden zukünftig eine Rolle spielen. Nun müssen wir in weltweiter Zusammenarbeit die Standards und Grundlagen für die notwendige Infrastruktur schaffen. Der Hamburger Hafen spielt eine enorm wichtige Rolle als Feederhafen für die Ostsee, daher arbeiten wir an den Voraussetzungen, um die notwendige LNG-Infrastruktur in Hamburg zu schaffen. Wir prüfen auch zukünftig Neubauten für unsere eigene Flotte mit LNG-Technik auszurüsten“, so HPA-Geschäftsführer Jens Meier.
 
Lernen will der Hamburger Hafen dabei unter anderem von Norwegen, das als Pionier  im Bau und Betrieb von LNG-betrieben Schiffen agiert. Seit mehr als zehn Jahren gibt es in Norwegen gasbetriebene Fähren und die nötige Infrastruktur zum Betanken derartiger Schiffe. Auch entsprechende Vorschriften zur Verwendung von LNG wurden für die Region festgelegt. 14 norwegische Terminals sind für die Vorhaltung von LNG als Schiffstreibstoff ausgelegt, vier davon werden bereits als Bunkerstation genutzt. Die Deutsch-Norwegische Handelskammer setzt sich dafür ein, die bilateralen Handelsbeziehungen und Investitionen zwischen Deutschland und Norwegen zu fördern. „Die Zukunft der Schifffahrt ist grün. Norwegen ist auf diesem Gebiet weltweit führend. Deutschland darf den Anschluss nicht verpassen und kann viel von Norwegen lernen. Wir verstehen es als unsere Aufgabe, hier zwischen beiden Ländern zu vermitteln und Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen“, betont Kathrin Luze-Hercz, stellvertretende Geschäftsführerin der Deutsch-Norwegischen Handelskammer. 
 
Bei der Umstellung auf LNG-Betrieb besteht für Reedereien neben dem Neubau von LNG-Schiffen auch die Möglichkeit der Umrüstung der bestehenden Flotten. „Eine Analyse hat ergeben, dass zwischen 10 und 15 Prozent der bis 2020 gelieferten Neubauten die Fähigkeit haben wird, LNG als Brennstoff zu nutzen. Das sind etwa 1.000 Schiffe“, erklärt Lars Sørum, Director Technology & Services, Maritime Oil & Gas der DNV Europe & North Africa. „Eine Gas-betriebene Maschine rentiert sich, wenn das Schiff etwa 30 Prozent seiner Zeit in dem Emissionskontrollgebiet verbringt“, ergänzt er. Dazu bedarf es einer weltweit sicheren Versorgungsinfrastruktur mit LNG, z.B. durch den Aufbau von Bebunkerungsanlagen in den Häfen. Jedoch fehlen für die Verwendung und Lagerung von LNG in der Schifffahrt bisher allgemein verbindliche internationale Vorschriften und Zulassungen. Aus diesem Grund engagiert sich DNV innerhalb der Normierungsorganisation ISO, um international anerkannte Regeln zur LNG-Bebunkerung zu erarbeiten und die Entwicklung der notwendigen Infrastruktur in Deutschland voranzutreiben. „Im Jahre 2020 wird sich, vorangetrieben durch die Einführung einer globalen Grenze für den Schwefelanteil in Treibstoffen, die Zahl der LNG-betriebenen Schiffe signifikant erhöhen. Diese Untersuchung unterstreicht die Notwendigkeit für LNG Bunkerstationen“, so Sørum. 

Quelle: Hafen Hamburg
 

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