Sommerhitze und regenarmer Herbst – Trockenheit bremst Schifffahrt in Bayern aus

Donauwasser für Nordbayern

13/07/2011 Michael Fraas Neuer Wirtschaftsreferent  Foto:Christine Dierenbach)
Michael Fraas, Neuer Wirtschaftsreferent

Der Sommer 2015 sorgte mit extremer Hitze und minimalem Niederschlag für die größte Trockenheit in Nordbayern seit 40 Jahren. Durchschnittlich fällt dort ein Drittel weniger Regen als im Süden. Zum Ausgleich dieses Mangels, wurde auch im Sommer 2015 Donauwasser aus dem wasserreicheren Süden über die seit 1993 bestehende Donau-Main-Überleitung Richtung Norden gepumpt, um Rednitz, Regnitz und Main zu versorgen. Jährlich werden durchschnittlich 150 Mio. Kubikmeter aus dem wasserreicheren Donauraum nach Nordbayern übergeleitet. Hochgerechnet flossen so in den letzten 20 Jahren über 2,4 Mrd. Kubikmeter Wasser nach Nordbayern – etwa so viel wie das Volumen des Chiemsees. Die Wasserüberleitung erfolgt über zwei unabhängige Wege. Durch die Kanalüber­leitung wird Wasser aus Altmühl und Donau über den Main-Donau-Kanal in die Talsperre Rothsee gepumpt. Von dort aus wird es in die nordbayerischen Flüsse abgegeben. Ist der Abfluss in der Donau für eine Entnahme zu gering, hilft die Brombachüberleitung aus. Hochwasser in der Altmühl wird in den Altmühlsee geleitet. Von dort fließt es durch den Kleinen Brombachsee in den Großen Brombach­see und wird zwischengespeichert. Bei Bedarf können so weitere 25 Mio. Kubikmeter pro Jahr nach Nordbayern abgegeben werden.

Seit dem 8. Mai 2015 wurde ununterbrochen Wasser aus dem mittelfränkischen Rothsee in die unter­halb liegenden Flüsse zum Main geleitet – im Juli 13 Kubikmeter pro Sekunde, das sind 30 Tanklast­züge voll Wasser pro Minute. Diese Wassermengen sind eine Lebensversiche­rung für die Flüsse. Die Überleitung stützt auch die Grundwasservorkommen in Nordbayern und er­möglicht der Landwirtschaft die Bewässerung. Während der Trockenperiode machte das übergeleitete Wasser rund 80 bis 90 Prozent des Abflusses der Rednitz südlich von Nürnberg aus. Anfang August betrug der Durchfluss auf der Donau bei Kelheim weniger als 140 Kubikmeter je Sekunde, so dass kein Wasser mehr aus der Donau nach Norden gepumpt wurde. Führt die Donau zu wenig Wasser, dienen Roth- und Brom­bachsee als Reservoir. Deren Kapazität kann einen Zeitraum von etwa zwei Monaten überbrücken. Mit Gesamtkosten von 460 Mio. Euro ist das Donau-Main-Überleitungssystem Bayerns größtes wasserbauliches Projekt.

Nach der extremen Sommerhitze sorgt der äußerst trockene Herbst mit ausbleibendem Regen dafür, dass sich Frankens Flüsse und Bäche in dünne Rinnsale verwandeln und der Grundwasserspiegel sinkt. Daher ist es weiter nötig, über das Überleitungssystem von Main-Donau-Kanal, Rothsee und Brombachsee, große Wassermengen von der Donau ins Maingebiet abzugeben. Nach der Trocken­periode im Sommer fielen in Nordbayern auch im Herbst kaum größere Niederschläge. Gemessen an den Niederschlägen erlebt die Region das trockenste Jahr seit 1946. Die schwierige Situation ist auch am stetig sinkenden Grundwasserspiegel ablesbar. Derzeit sind zum Glück nur die oberen Grund­wasserstockwerke betroffen, nicht jedoch die Trinkwasserversorgung. Ober­flächennahe Quellen bereiten dagegen zunehmend Probleme. Diese sind immer weniger ergiebig, einige liefern derzeit fast gar kein Wasser mehr. Die Ursache dafür sind nicht nur der trockene Sommer und der regenarme Herbst: Es fehlen die feuchten Winter – in den vergangenen Jahren gab es in der Region zu wenig Regen und Schnee.

Entspannt ist die Lage nur an den Mainzuflüssen Regnitz und Rednitz. Diese führen „Normalwasser“ nur dank des über den Main-Donau-Kanals nach Franken geleiteten Donauwassers. Dass noch im November so viel Wasser übergeleitet werden muss ist sehr ungewöhnlich. Seit Anfang 2015 haben die Hochleistungspumpen in den Schleusen des Kanals 150 Mio Kubikmeter ins trockene Franken geleitet – so viel wie sonst im ganzen Jahr.

Trockenheit bremst Schifffahrt in Bayern aus
Die monatelange Hitze und Trockenheit bremste in Bayern die Güter- und Personenschifffahrt erheb­lich. Im nicht ausgebauten Donauabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen lag der Wasserstand zeitweise gerade noch bei 1,55 Meter, im restlichen Donaubereich unter 1,70 Meter. Auf der Donau kamen die Warenströme ins Stocken, weil die verfügbare Ab­ladetiefe bei Niedrigwasserstand geringer ist, als manches Schiff schon im Leerzustand benötigt. Moderne Güterschiffe brauchen mindestens eine Tiefe von 2,50 Meter plus Sicherheitsabstand zum Boden. Besonders die Strecke zwischen Straubing und Vilshofen konnte über drei Monate nicht mehr mit voller Ladung befahren werden. Dies hatte erhebliche wirt­schaftliche Ausfälle zur Folge: Schifffahrtssperren verursachen Fixkosten von etwa 2.000 Euro pro Tag. Nicht nur in Regensburg und Passau mussten Güterschiffe einen Teil ihrer Ladung an Land zwischenlagern oder auf andere Schiffe verteilen, um leichter zu werden. Binnen­schiffe mit einer Teilbeladung von einem Fünftel Auslastung kämen zwar noch durch, andererseits könnte man den Transport auch per LKW durchführen. Im letzteren Fall ist der Transport sogar güns­tiger. Problemlos passierbar war die Donau nur unterhalb von Kelheim bis Straubing sowie zwischen Vilshofen und der Landesgrenze. Dort sorgen Staustufen, dass der Wasserstand ein bestimmtes Niveau nicht unterschreitet.

Nicht beeinträchtigt war die Schifffahrt auf dem Main. Hier konnten die Schiffe ungehindert fahren, da der Wasserspiegel von den Behörden auf konstantem Niveau gehalten wird. Für den Betrieb der Kanalschleusen wird Wasser aus der Donau entnommen. Die Schleusen sind sehr sparsam gebaut, so dass zwei Drittel des für den Schleusenvorgang benötigten Wassers aufgefangen und wieder ver­wendet wird. In Aschaffenburg, Bamberg und Nürnberg machte sich zudem der niedrige Wasserstand des Rheins bemerkbar. Die Binnenschiffer nahmen in Richtung Rhein und Nordseehäfen weniger Ladung auf als sonst oder kamen mit weniger Ladung vom Rhein an, um ihren Tiefgang dem Wasser­stand anzupassen.

Das Niedrigwasser betraf auch die Flusskreuzfahrtschiffe, die oft von Rotterdam bis Wien oder Buda­pest unterwegs sind. In Passau, Straubing oder Regensburg war daher für die meisten Flusskreuz­fahrtschiffe Endstation. Dort mussten dann die Fahrgäste auf Busse umsteigen und konnten vielfach erst bei Bamberg oder Würzburg wieder an Bord eines Schwesterschiffes gehen und die Fahrt fort­setzen. Abgesehen von personellen und organisatorischen Mehrkosten bedeutete dies einen immen­sen logistischen Aufwand. Hatte die Reederei am geeigneten Umsteigeort kein freies Schiff zur Ver­fügung, war für die Passagiere die Reise vorzeitig zu Ende. Zahlreiche Flusskreuzfahrten wurden gleich komplett gestrichen. 2014 befuhren rund 1.200 Flusskreuzfahrtschiffe den Main-Donau-Kanal – rund 40 Prozent mehr als 2013. Ob die niedrigen Wasserstände die Erfolgsbilanz ins Wanken bringen, bleibt abzuwarten. Im Nürnberger Hafen, wo die meisten Flusskreuzfahrtschiffe anlegen, gab es bereits einen Rückgang bei den Anlegevorgängen. „Wir hatten etwa ein Drittel weniger Anlandungen als in den Sommermonaten üblich“, so Dr. Michael Fraas (Vorsitzender des DWSV und Wirtschafts­referent der Stadt Nürnberg). „Auf den Tourismus in der Stadt hatte dies jedoch keine Auswirkungen, da die Gäste dann mit den Bussen nach Nürnberg gebracht wurden.“

Havarien – Hohes Unfallrisiko auf der Donau
Kapitäne, die den Niedrigwasserstand unterschätzen, gehen ein großes Risiko ein. Dies dokumentiert auch die Havarie eines rumänischen Frachters bei Niederalteich. Der Frachter war auf Grund gelaufen und blockierte fast eine Woche die Fahrrinne. Die Unfallstelle war für den Schiffsverkehr komplett gesperrt. 40 Tonnen Stahlteile mussten größtenteils abgeladen werden, um das festgefahrene Güter­schiff wieder frei zu bekommen. Zeitweise warteten über 30 Fracht- und Passagierschiffe wegen des extremen Niedrigwassers und der Schifffahrtssperre in den Häfen Straubing und Deggendorf auf ihre Weiterfahrt. Erst nachdem die Sicherheit der Fahrrinne geprüft und an einigen Stellen ausgebaggert wurde, konnte die Schifffahrt zumindest teilweise wieder frei gegeben werden. Leere Güterschiffe sowie leere Fahrgastschiffe mit geringem Tiefgang konnten den nicht ausgebauten Donauabschnitt dann wieder befahren. Die für die Schifffahrt nutzbare Fahrrinnenbreite nahe der Isarmündung betrug im August etwa 20 Meter.

Ab dem 30.8 war die Donau bei Parkstetten in Niederbayern erneut wegen einer Havarie gesperrt. Ein mit 8.410 Tonnen Steinkohle beladener Frachter mit Ziel Linz war talwärts fahrend auf eine Untiefe gelaufen. Das Schiff drehte sich um 180 Grad, lag am äußersten Rand der Fahrrinne und zeigte nun mit dem Bug bergwärts. Die Untiefe, nur 80 Zentimeter unter dem Wasserspiegel, hatte sich völlig unerwartet gebildet. Das Bugstrahlruder wurde durch den aufgewirbelten Kies blockiert und musste vor Ort repariert werden. Weil der Wasserstand nochmals gefallen war, konnte das havarierte Schiff trotz Reparatur erst weiterfahren nachdem der Donau-Pegel um etwa 50 cm gestiegen war. Die Schifffahrt war zwischen Schleuse und Hafen Straubing gesperrt. Die Donau musste an der Unfall­stelle ausgebaggert werden, bevor die Schifffahrt fortgesetzt werden konnte.

Die Anzahl der Havarien auf der Donau ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen wie die Unfallstatistikdaten der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) belegen. Im Zeitraum 2010 bis 2014 stieg die Anzahl der Unfälle auf der Donau zwischen Kelheim und Passau von 44 (2010) auf 61 (2014) deutlich an. Dies entspricht einer Steigerung von ca. 40%.

Besonders unfallträchtig ist der Donauabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen mit seinen ins­gesamt 46 Engstellen. Diese reduzieren nicht nur die Transportkapazität, sie stellen auch ein enormes Risiko für die Schifffahrt dar. Nirgends sonst im deutschen Wasserstraßennetz ereignen sich so viele Havarien wie zwischen der Isarmündung und Vilshofen. Im Jahresschnitt ereigneten sich hier seit dem Jahr 2000 über 30 Unfälle pro Jahr – deutlich mehr als auf den Abschnitten flussauf- bzw. -abwärts. Für die sichere Begegnung eines Koppelverbandes mit einem Schubverband muss die Fahrrinne auf geraden Strecken mindestens 80 Meter breit sein. Dieses Maß ist fast auf der gesamten Strecke zwischen Straubing und Vilshofen nicht gegeben. Der Abschnitt zwischen Isarmündung und Vilshofen ist sogar zu 60 Prozent nur einspurig befahrbar. Dies reduziert die Leistungsfähigkeit der Wasser­straße in diesem Bereich, da durchschnittlich nur ein Schiff pro Stunde und Richtung diesen Engpass durchfahren kann.

Neben wirtschaftlichen Einbußen geht von den Havarien ein enormes Risiko für Mensch und Umwelt aus, da auslaufendes Öl oder andere Stoffe in die Donau gelangen können. Das größte Unfallrisiko besteht an der Mühlhamer Schleife. Die langgezogene Kurve ist gerade breit genug für ein Schiff, deshalb müssen die Bergfahrer die Talfahrer passieren lassen. Nicht nur die Fahrt durch die Schleife verlangt den Kapitänen alles ab. Es kommt auch vor, dass die in der Strömung wartenden Frachter Richtung Ufer driften. Ein hohes Risiko für die Talfahrer stellen die Kurveneigenschaften der Mühl­hamer Schleife dar. Nach der langgezogenen Linkskurve müssen sich die Schiffe schnell auf einen Knick in die andere Richtung einstellen. Diese abrupte Richtungsänderung ist für ein driftendes Binnenschiff ein schwieriges Manöver. Häufig kommt es zu Kollisionen mit dem Ufer oder mit dem Gegenverkehr.

Die seit Jahren steigenden Unfallzahlen auf der Donau – besonders zwischen Straubing und Vilshofen – belegen, dass beim Donauausbau in diesem Abschnitt unverändert Handlungsbedarf besteht. Beim Ausbau nach Variante C 2.80 wäre die komplette Mühlhamer Schleife schifffahrtsfrei, die Gefahren­stelle würde komplett entfallen. Im Schleusenkanal durch die Mühlhamer Schleife könnten die Schiffe sicher passieren. 98 Prozent des fließenden Wassers würden in der komplett schifffahrtsfreien Schleife bleiben. Die Schleife wird weiter von der Donau durchströmt. Durch eine Stützschwelle würde das Wasser aufgestaut, dadurch erhöhen sich Fahrrinnentiefe und –breite. Die Binnenschiffe könnten sich begegnen und die Engstellen sowie das Risiko von Havarien wären beseitigt. Beim Ausbau nach Variante A bleiben Fahrrinnenbreite und vorhandene Engstellen unverändert. „Die Gefahrenstelle Mühlhamer Schleife mit ihren schwierigen nautischen Verhältnissen könnte nur durch erhebliche Ein­griffe in den Flusslauf entschärft werden. Die Donau ist speziell an der Mühlhamer Schleife sehr schwer navigierbar und erhöht das Unfallrisiko. Ein Verzicht auf den Donauausbau nach Variante C 2.80 wäre vergleichbar, mit einem Verzicht auf den Winterdienst auf den Autobahnen“, so Dr. Michael Fraas (Vorsitzender DWSV).

Weitere Informationen erhaten Sie unter www.schifffahrtsverein.de.

 

 

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