Terminal Wien Süd öffnete seine Pforten

In den neuen ÖBB-Terminal im Süden Wiens kommt Leben. Beim IntermodalGeschäft suchen Wiener Hafen und ÖBB den Schulterschluss. Kartellgericht hat noch das letzte Wort.

Wien hat einen neuen Güterterminal: Im Süden der Bundeshauptstadt ging Anfang Dezember 2016 der neue Terminal Wien Süd in Betrieb, der als neue CargoDrehscheibe für den Großraum Wien gilt und gleichzeitig den bisherigen innerstädtischen Terminalstandort Wien Nordwestbahnhof bald gänzlich ersetzt. Die ÖBB Infrastruktur AG hat für 246 Mio. Euro in Inzersdorf das neue Güterverteilzentrum auf der grünen Wiese hochgezogen. Errichtet wurde die Anlage genauer gesagt in den Bundesländern Wien (10. und 23. Bezirk) und in Niederösterreich (Gemeinden Vösendorf und Hennersdorf). So glanzvoll die Eröffnung mit zahlreichen Gästen Kritiker haben Bedenken, ob für beide Standorte ausreichend Volumen vorhanden sein wird, um sie wirtschaftlich auszulasten. Die Lö- sung wäre eine gemeinsame Vermarktung beider Standorte, was denn künftig auch passieren soll. Noch vor Ende des vergangenen Jahres haben der Wiener Hafen als Betreiber des Wiencont-Terminals und ÖBB-Infrastruktur AG die Gründung einer neuen gemeinsamen Firma angekündigt mit dem Ziel, künftig das Intermodal-Handling auf beiden Standorten abzuwickeln und zu vermarkten. Doch zuvor hat noch die Wettbewerbsbehörde ein Wörtchen mitzureden. Sie hat bis Ende 2016 geprüft, ob durch die Verschmelzung des Betriebs von beiden Standorten nicht Wettbewerbsnachteile für andere österreichische Intermodal-Standorte entstehen könnten. Der Wiencont-Terminal gilt derzeit als größter „Hochseehafen“ Österreichs, weil umgeben von einem der größten Güterverkehrszentren Österreich, sprich den verschiedenen Dienstleistungsbetrieben der Wiener Hafen-Gruppe. So rollen beispielsweise vom Wiencont-Terminal in Freudenau wöchentlich bis zu 100 Containerganzzüge allein nach Hamburg. Dieser ist für die österreichische Exportwirtschaft der wichtigste Containerexporthafen mit einem Containeraufkommen pro Jahr von beinahe 300.000 TEU bei einem österreichischen ContainerGesamtmarktvolumen von rund 500.000 TEU.

Kartellgericht muss entscheiden
Die Gründung einer neuen Terminalbetreibergesellschaft dürfte aber nicht so glatt über die Bühne gehen wie sich das die Initiatoren vorstellen. Sie wird sich bis Mitte 2017 hinauszögern. Der Grund dafür: Die Bundeswettbewerbsbehörde befürchtet durch die Gründung der Betreibergesellschaft für beide Intermodal-Terminals negative Auswirkungen auf andere Mitbewerber in Österreich und eine marktbeherrschende Stellung. Die Behörde hat daher kein grünes Licht gegeben, sondern noch vor Jahresende 2016 das Kartellgericht angerufen, das in einem gerichtlichen Verfahren prüfen soll, ob die Befürchtungen der Behörde berechtigt sind und das geplante Gemeinschaftsunternehmen gegründet werden darf oder nicht. Das Kartellgericht hat fünf Monate Zeit in der Sache zu entscheiden, was bedeutet, dass nicht vor Mai oder Juni dieses Jahres mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Doch unabhängig davon ist in Wien Süd schon mal Betriebsamkeit angesagt. Der Terminal liegt an der Schnittstelle zwischen dem hochrangigen Straßen- und Bahnnetz von Wien, an der Schnellstraße S1 und der Bahnverbindung „Pottendorfer Linie“, die den Anschluss zum ÖBB-Schienennetz sicherstellen. An diesem Standort werden alle ÖBB-CargoAktivitäten für den Großraum Wien abgewickelt. Gleichzeitig wird der bisherige Güterterminal Wien Nordwestbahnhof geschlossen, weil dieser Bahnhof inmitten der Stadt liegt und nicht mehr „anrainerkompatibel“ ist, wie es im Jargon der Wiener Stadtverwaltung heißt.

Terminal mit High-Tech-Ausstattung Güterverkehr heißt im neuen Terminal: Abfertigung konventioneller Wagenladungsverkehre, Intermodal-Umschlag sowie verschiedene Dienstleistungen im Bereich Kontraktlogistik. Dafür entsteht gerade eine spezielle Lagerhalle, die 2018 eröffnet wird. Ab diesem Zeitpunkt werden dann auch alle Kontraktdienstleistungen der ÖBB nach Wien Süd übersiedeln und im Nordwestbahnhof geht definitiv das Licht aus. Für den Stückgutverkehr gibt es im neuen Terminal eine Umschlagshalle mit Ladegleisen samt Laderampen, straßenseitig gibt es Ladehöfe und Lkw-Rampen. Das Verkehrsvolumen im Intermodalverkehr wird wegen seiner hohen Marktdynamik weiter zunehmen, erwartet man bei den ÖBB. Daher nimmt der Kombi-Verkehr am neuen Standort auch eine sehr dominante Rolle ein. Der neue Terminal, auf dem 400 neue Arbeitsplätze entstehen, soll den innerstädtischen Bereich von Wien entlasten und „eignet sich bestens für die City-Logistik“, verlautet seitens der ÖBB. Die Anlage entsteht abseits von Siedlungsgebieten und daher ergibt sich weder für die beiden Bezirke noch für die beiden Kommunen eine Belastung der Umwelt. Welche weiteren Ausbauschritte gesetzt werden, darauf wollen sich die ÖBB derzeit nicht festlegen, weil die Anlage mit dem Bedarf im Großraum Wien expandieren soll und daher noch ausreichend entwickelbare Flächen vorhanden sind.

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