Aktuelle Entwicklungen in der Exportkontrolle

Forderungen nach Exportbeschränkungen und schärferen Exportkontrollen für Waffen, Drohnen und Überwachungstechnologie, aber auch für medizinische Ausrüstung, stellen hohe Anforderungen an das Compliance-Management.

Beitrag: Arne Mielken.

Covid-19 hat zu massiven Verwerfungen im internationalen Handel, aber auch zu neuen Exportkontrollbestimmungen geführt. Nach dem Motto, jeder ist sich selbst der Nächste, haben mehr als 50 Länder seit Beginn der Krise den Export von medizinischen Gütern beschränkt. Wegen neuer Exportbeschränkungen respektive Zertifizierungsvorschriften in China konnten noch im April bestimmte Gesichtsmasken, Test Kits und andere medizinische Geräte, die zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie dringend benötigt wurden, nicht in die USA verschifft werden.

Deutschland und Frankreich hatten im März sogar zeitweise Ausfuhrbeschränkungen für andere EU-Staaten und die EFTA verfügt. Die EU-Kommission hat dies scharf verurteilt, aber den Export essenzieller medizinischer Ausrüstung in Drittstaaten (exkl. EFTA) mit der Durchführungsverordnung (EU) 2020/402 in den jeweiligen Mitgliedsstaaten genehmigungspflichtig gemacht. Diese VO wurde am 26. April durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/568 ersetzt, welche für 30 Tage gilt. Sie verlangt die Vorlage einer Genehmigung für die Ausfuhr bestimmter persönlicher medizinischer Schutzausrüstung nur noch in Länder ausserhalb Europas.

Die EU, Grossbritannien, die Schweiz, Brasilien, der Iran und die Cayman-Inseln haben ausserdem angesichts der Corona-Epidemie ihre Zölle im Medizinbereich gesenkt. Ebenso die USA und China, die diese zuvor wegen ihres Handelskonflikts erhöht hatten. Aber 52 Mitgliedstatten der WTO (Welthandelsorganisation) erheben immer noch Zölle auf medizinische Tests. Eigentlich unverständlich.

Die Zollbehörden in der EU und vielen anderen Ländern versuchen zudem Wirtschaftsbeteiligte, die in Folge der COVID-19 Pandemie unverschuldet in Schwierigkeiten geraten sind, bestmöglich zu unterstützen. Zollkodex, Delegated (DA) und Implemented Acts (IA) bieten dazu einige Möglichkeiten. So wurde die Verzollung von Waren aus dem Internethandel mit einem Wert von unter 150 Euro vereinfacht. Alle Wirtschaftsbeteiligten werden zu einer digitalen Verzollung mit digitaler Unterschrift ermutigt. Der Zoll hat ausserdem während der Krise länger Zeit für die Bearbeitung von Anfragen bekommen.

US-China-Technologiekrieg.
Das Hauptaugenmerk der Bevölkerung und Politik liegt bei Exportkontrollen jedoch auf Rüstungsgütern, Dual-Use-Waren und Zukunftstechnologien. Hier herrscht nicht nur Uneinigkeit innerhalb der EU, sondern auch zwischen den USA und den EU-Staaten. Bereits seit Monaten üben die USA massiv Druck auf europäische Regierungen aus, um den Export von Zukunftstechnologien nach China zu verhindern. U.a. erregte der Export von Maschinen zur Herstellung besonders schneller Halbleiter aus den Niederlanden in die VR China das Missfallen der US-Regierung. Gleichzeitig droht diese mit Sanktionen, sollte der chinesische Telekommunikationsanbieter Huawei am Ausbau des europäischen 5G-Netzwerkes beteiligt werden.

Während die USA im Rahmen ihres Handelskriegs mit China die Exportkontrollen verschärft haben, sind Politiker in zahlreichen EU-Ländern eher skeptisch gegenüber diesem Instrument eingestellt, u.a. weil die Gemeinschaft nicht zur Marionette im Technologie- und Handelskrieg zwischen China und den USA werden möchte. Dennoch können europäische Firmen die Massnahmen der USA wegen der exterritorialen Wirkung ihrer Handels- und Sanktionsgesetze nicht ignorieren.
Unternehmen, die US-Waren kaufen und weitervertreiben, in ihre Produkte einbauen oder US-Technologien und Blaupausen verwenden, unterliegen dem US Reexport-Kontrollrecht. Es ist dringend notwendig, dass Europa eine eigene, gemeinsame Position zur Weitergabe sensibler Technologien an China entwickelt.

Made in China.
Auch China hat die Exportkontrollgesetze für Rüstungs- und Dual-Use-Güter seit 2017 verschärft. Dies betrifft österreichische Firmen, die aus China importieren oder deren chinesische Tochtergesellschaften solche Güter exportieren. Sie sollten auf jeden Fall prüfen, ob das Güterportfolio von einer chinesischen Güterkontrollliste erfasst ist. Problematisch ist hier, dass diese Liste allein durch die zuständigen Behörden der VR China erstellt wird, derzeit nur in chinesischer Fassung existiert und auf Zolltarifnummern aufbaut. Das ist ein entscheidender Unterschied zur bekannten EU-Dual Use-Güterliste, die weltweit von 42 Ländern umgesetzt wurde und ausschließlich auf technische Kriterien abstellt.

Österreichische Firmen sollten für alle chinesischen Güter, die in China ausfuhrgenehmigungspflichtig sind und für die sie eine Endverbleibserklärung abgegeben haben, prüfen, ob eine Re-Exportkontrollgenehmigungspflicht besteht. Selbst wenn sie ein derartig „infiziertes“ Gut innerhalb Österreichs verbringen, sollten sie den Empfänger von der Rechtsnatur des Guts in Kenntnis setzen.

Dual-Use-Güter.
Seit mehreren Jahren sollen die EU-Regeln zu den sogenannten Dual-Use-Technologien reformiert werden. Die Verhandlungen auf bilateraler, aber auch auf multilateraler Ebene, wie im Rahmen des Wassenaar Abkommens (für Exportkontrollen von konventionellen Waffen und doppelverwendungsfähigen Gütern und Technologien), kommen jedoch nicht vom Fleck. Zahlreiche Industrie- und Interessenverbände in Europa wiederum beanstanden, dass bereits bestehende Exportkontrollregeln in den EU-Mitgliedstaaten nicht gleichmässig um- und durchgesetzt werden. Es fehle an einem einheitlichen respektive vergleichbaren Kontrollniveau in der EU. Dieses Problem müsse erst behoben werden, bevor neue Gesetze eingeführt würden.

2016 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Neufassung der Dual-Use-Verordnung veröffentlicht (Verordnungsvorschlag 2016/0295). Im Januar 2018 stimmte das EU-Parlament diesem Vorschlag zu. Die Council Working Party on Dual-Use Goods erarbeitete daraufhin einen entsprechenden Gesetzesvorschlag, dem der Rat der Europäischen Union aber immer noch nicht zugestimmt hat.

Der VO-Entwurf zielt auf eine schärfere Kontrolle von Exporten von Überwachungssoftware und –technik (z.B. Staatstrojaner, Funkzellenauswertung, Ermittlungssoftware, „vorhersagende Analyse“, „Deep packet inspection“, „Monitoring Centres“, Tracing-Apps, Spähprogramme für das Auslesen von Mobiltelefonen) sowie von technischen Unterstützungen und -Dienstleistungen, die zur „internen Repression im Zielland“ genutzt werden könnten.

Rüstungsexporte.
Immer wenn das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) die Jahreszahlen für Rüstungsexporte bekannt gibt, kocht die Diskussion über schärfere Exportkontrollen für Rüstungsgüter wieder hoch. Ein besonderer Stein des Anstosses sind illegale Re-Exporte in Länder, die Militärembargos unterliegen, z. B. Libyen, Jemen, Syrien. Militärgüterembargos gelten aufgrund von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, Entscheidungen der OSZE bzw. Beschlüssen der EU.

Neben diesen Sanktionen gegen Staaten gibt es auch Militärgüterembargos zur Bekämpfung des Terrorismus, die sich gegen die in den „Terrorismus-Verordnungen“ 881/2002, 753/2011, 2580/2001 genannten Personen und Organisationen richten. Gemäss Art 4 Abs 2 Dual Use-Verordnung („catch all- Klausel“) besteht zudem eine Meldepflicht an das BMDW (mit allenfalls anschliessender Bewilligungspflicht) für Dual-Use-Güter, die nicht in der Militärgüterliste gelistet sind, aber die ganz oder teilweise in einem Waffenembargoland für eine militärische Endverwendung bestimmt sein könnten.

Compliance Herausforderungen.
Die bereits bestehenden Exportkontrollgesetze zwingen Exporteure zu vielen Einzelprüfungen mit sensiblen politischen Bewertungen. Die Situation könnte jedoch noch schwieriger werden. Die USA drängen die EU zu einer restriktiveren Haltung bei Hochtechnologie- und Dual-Use-Güter-Exporten.

Diverse Oppositionsparteien fordern weniger Exporte von Cyber-Überwachungstechnologie und Rüstungsgütern. Dies alles im Rahmen eines Compliance-Management-Systems in Unternehmen umzusetzen, ist eine Herausforderung.

Verschiedene Software-Häuser bieten innovative, modular aufgebaute, skalierbare IT-Lösungen an, die eine kosteneffiziente, ganzheitliche Planung und Ausführung von Exportkontrollen ermöglichen. Sie bieten einen echten Mehrwert, dadurch dass sie den grenzüberschreitenden Warenfluss beschleunigen, die Lieferbereitschaft verbessern, die Transparenz entlang der gesamten Supply-Chain und die Compliance erhöhen.

On-Demand-Konzepte ermöglichen eine schnelle Produktivität bei geringen Implementierungskosten. Serviceorientierte Architekturen, die Geschäftsprozesse in kleinere, einfach zu modifizierende Funktionen aufteilen, machen es möglich, auch unternehmensspezifische Regeln im System abzubilden und jederzeit zu verändern. Für Unternehmen mit großen Geschäftsvolumen und komplexen internationalen Herstellungsprozessen ist eine nahtlose Integration in ERP-, CRM- und Logistik-Systeme empfehlenswert.  (AM)

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2020

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