Auslandjob: Falle oder Sprungbrett?


62 Prozent lehnen längere Jobaufenthalte im Ausland ab

Exotische Lebensläufe mit vielen Praktika und Jobaufenthalten im Ausland können Personalchefs beeindrucken – müssen aber nicht, wie Manager aus Erfahrung berichten.

Studienaufenthalte in den USA und Frankreich, Praktika in Hongkong, Sydney, London und Paris, vier Fremdsprachen fliessend, 28 Jahre jung … Alexandra Oberrauch bringt eigentlich alles mit, was die Herzen von Personalchefs höher schlagen lässt – und dennoch wurden ihr die Traumjobs nicht auf dem Silbertablett präsentiert. „Viele hatten Angst, dass mir eine nationale Tätigkeit nicht reicht und ich bald weiterziehe“, resümiert die Südtirolerin, die derzeit am Doktortitel bastelt. „Für mich war es eine tolle Erfahrung, ob es beruflich etwas bringt, da bin ich mir nicht so sicher“, sagt Oberrauch, die derzeit als Projektmanagerin bei Symfony Consulting in Wien werkt.

Exoten nicht gefragt

Die WU-Absolventin befindet sich in guter Gesellschaft, wie eine Podiumsdiskussion zum Thema „Internationale Karriere – Traum oder Albtraum“ in der vergangenen Woche zeigte. Auch Olimpia Panfil, internationale Konsulentin für strategisches Marketing, brachte ihr von vielen internationalen Stationen geprägter Lebenslauf nicht nur Vorteile. „Mein Lebenslauf war vielen Entscheidungs-trägern zu bunt.“ Die langweilt sich bei uns nur und geht wieder, so die Aussagen der Personalentscheider.

Eine EU-Studie bestätigt: Für 62 Prozent der österreichischen Arbeitssuchenden sind längere berufliche Auslandsaufenthalte nicht denkbar. Sabine M. Fischer, auslandserprobte Chefin von Symfony Consulting, hat eine Erklärung parat: „Von vielen wird das Risiko einer internationalen Karriere grösser eingeschätzt als die Chancen.“

Sind also die Stubenhocker auf der sicheren Seite? „Nein“, findet Jörg Pribil, Chef von Nokia Österreich. „Meine Auslandsaufenthalte waren Mittel zum Zweck, um die Führungsebene zu erreichen, die ich mir vorgestellt habe. Jobs im Ausland anzunehmen stand auf meiner Checkliste ganz oben. Ich habe das auch immer angesprochen.“

Fest steht: Wer nicht aufzeigt, wird laut Pribil gern übersehen. „Erst vergangene Woche habe ich einer Managerin einen Auslandsjob angeboten. Sie war begeistert und als ich gefragt habe, warum sie nicht schon vorher angeklopft hat, meinte sie: Sie macht eh einen guten Job, also hätte ich es ihr schon irgendwann angeboten …“

Falle Rückfahrtticket

Die Kommunikation sollte freilich auch privat funktionieren, wie der Nokia-Chef bestätigt. „Schatz, ich habe eine Überraschung. Wir gehen nach Jakarta – übermorgen“ – das funktioniert nicht. Ein Klassiker sei auch, dass der mitgereiste Ehepartner frustriert feststellt, dass drei Wochen Tennis spielen lustig ist, es aber dann mühsam wird – das wird gern übersehen.

Pribil hat vor zwei Jahren sein Rückfahrtticket aus Singapur gelöst – erfolgreich. Doch gerade das Retour-Ticket ist das grösste Risiko einer Auslandsentsendung. Olimpia Panfil sagt: „Das war schwieriger, als ich es mir vorgestellt habe. Vier Jahre sind die Grenze, sonst wird es problematisch.“ Jörg Pribil kennt die Gründe für diese Probleme: „Es ist ein Risiko, weil man ja nicht weiss, wie und in welcher Funktion man zurückkommt.“

Pribil hatte auch immer einen Plan B parat: „Wenn nicht in dem Unternehmen, dann in einem anderen. Notfalls macht man einen Side-step – auch davor darf man nicht zurückscheuen.“

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