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Aussichtsreiche Exportmärkte auf dem indischen Subkontinent

Bangladesch, Indien und Sri Lanka bieten gute Absatzchancen für die deutsche Maschinenbau-, elektrotechnische und chemische Industrie. Infrastrukturmängel, Bürokratie und Korruption bremsen jedoch die dynamische Entwicklung des Außenhandels mit diesen Ländern.

Beitrag: Arne Mielken.

Der indische Subkontinent hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt – trotz politischer und sozialer Unruhen, politisch und religiös motivierter Terroranschläge sowie immer wieder aufflammenden Kämpfen zwischen Indien und Pakistan. Die Wirtschaft dieser Länder profitiert von kostengetriebenen Produktionsverlagerungen, dem steigenden Lohnniveau in der VR China sowie den Spannungen zwischen den USA und China. Der Mittelstand und die Nachfrage nach Qualitätsprodukten wachsen.

Gigant Indien.
Rund 1,2 Milliarden Menschen leben in Indien. Davon werden je nach Bemessungsgrenze 10 – 30% dem Mittelstand zugerechnet. Dies ist ein riesiger Markt, aber mit großen Herausforderungen. Dazu gehören das komplexe indische Zoll-, Steuer- und Rechtswesen, eine Vielzahl nichttarifärer Handelshemmnisse, einschließlich komplizierter Kennzeichnungspflichten, Patentrechtsprobleme, die ausufernde Bürokratie und die Korruption sowie eine zum größten Teil marode, überlastete Verkehrsinfrastruktur.

Der Zolltarif (Customs Tariff Act 1975) basiert grundsätzlich auf der Brüsseler Nomenklatur (Harmonisiertes System), unterscheidet sich aber in manchen Bereichen. Sowohl die Zentralregierung als auch die Regierungen der Bundesstaaten verfügen über Steuerhoheit und je nach Bundesstaat gibt es unterschiedliche Regelungen und Steuersätze.

Mit Einführung eines landesweiten Umsatzsteuersystems (Goods and Services Tax, GST) im Juli 2017 wurde eine Harmonisierung angestrebt. Diese ist aber aufgrund der Vielzahl der Steuersätze und der komplexen Verfahrensstruktur nur partiell gelungen.

Seit 2007 verhandelt die EU mit Indien über ein Freihandelsabkommen, um den Warenaustausch zu vereinfachen. Bis heute zeichnet sich kein konkretes Ergebnis ab. Seit 2008 gibt es jedoch mehrere Verträge zur wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, technologischen und militärischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien.

Deutschland ist Indiens wichtigster Handelspartner innerhalb der EU und sechstwichtigster Handelspartner im weltweiten Vergleich. Seit Beginn der indischen Reformpolitik und Öffnung der indischen Wirtschaft 1991 hat das bilaterale Handelsvolumen stark zugenommen. 2018 standen deutschen Ausfuhren im Wert von 10,5 Mrd. Euro Einfuhren aus Indien im Wert von etwa 8,5 Mrd. Euro gegenüber. Es besteht eine hohe indische Nachfrage nach deutschen Investitionsgütern (Maschinen, die etwa ein Drittel am Gesamtexport nach Indien ausmachen) sowie Elektrotechnologie, Metallwaren, Chemie, Automobile und Automobilteile. Indien exportiert vor allem Textilien nach Deutschland, gefolgt von chemischen Erzeugnissen, Elektrotechnologie, Metallwaren, Leder und Nahrungsmitteln.

Wachstumsmarkt Bangladesch.
Neben politischen und sozialen Unruhen gefährden vor allem Wetterereignisse Supply Chains von/nach Bangladesch. Die rund 163 Millionen Einwohner leben in einem Gebiet, das von circa 400 Flüssen durchzogen ist und zu dem eines der größten Flussdeltas der Welt gehört. Jährliche Überschwemmungen und Infrastrukturmängel erschweren just-in-time Lieferungen und belasten die Wirtschaft.Diese ist zwar in den letzten Jahren dynamisch mit jeweils über 7 % gewachsen, das Land zählt jedoch mit einem Pro-Kopf-Einkommen von USD 4,176 immer noch zu einem der am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Rund die Hälfte der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Wichtigster Exportzweig ist die Bekleidungsindustrie mit einem sehr niedrigen Lohnniveau. Trotzdem wächst auch in Bangladesch ein gut ausgebildeter Mittelstand mit steigender Kaufkraft heran.

Deutschland ist der zweitgrößte Exportmarkt für Bangladesch nach den USA. Das bilaterale Handelsvolumen steigt kontinuierlich und erreichte 2017 6,08 Milliarden Euro. Dabei exportierte Bangladesch Waren im Wert von rund 5,4 Milliarden Euro nach Deutschland. Der Import belief sich auf magere 0,7 Milliarden Euro. Deutsche Exporte bestehen hauptsächlich aus Maschinen (55 %) sowie chemischen (20 %) und elektrotechnischen Erzeugnissen (9 %). Deutsche Reeder lassen außerdem seit einigen Jahren Schiffe in Bangladesch bauen.

Kleines Sri Lanka.
Nach dem Ende des von 1983 bis 2009 dauernden, blutigen Bürgerkriegs befindet sich Sri Lanka wieder im Aufschwung. Die Terroranschläge im April werden diesen jedoch wieder empfindlich bremsen. Das Land kann mit seiner Lage an der maritimen Seidenstrasse, einer hohen Alphabetisierung (91%) und niedrigen Löhnen punkten. Negativ wirken sich allerdings die sozialistisch geprägte Arbeitsgesetzgebung und unklare bürokratische Entscheidungsabläufe aus. Mit einem pro Kopf Einkommen von 4,065 USD zählt Sri Lanka mit seinen 21 Mio. Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt.

Deutschland ist der zweitwichtigste Investor aus der EU in Sri Lanka. Zahlreiche Unternehmen, vor allem aus der Textilbranche, haben sich hier angesiedelt. Der Handel mit dem Inselstaat bewegt sich allerdings auf niedrigem Niveau. 2018 exportierte Deutschland Waren im Wert von 351 Mio. Euro nach Sri Lanka und importierte im Gegenzug Waren im Wert von 701 Mio. Euro. Deutschland ist damit der drittwichtigste Absatzmarkt für Sri Lanka. Neben Bekleidung werden Gummi- und Kunststoffwaren, Nahrungsmittel und Futtermittel sowie Erzeugnisse der Landwirtschaft und Fischerei exportiert. Die wichtigsten deutschen Ausfuhrgüter nach Sri Lanka sind Fahrzeuge, Maschinen, chemische Erzeugnisse, Datenverarbeitungsgeräte, elektrische und optische Erzeugnisse. Seit den 1950er Jahren wurden diverse Handelsabkommen zwischen Deutschland und Sri Lanka abgeschlossen, welche als Grundlage für die wirtschaftliche Kooperation dienen. Wichtigster Handelspartner und Investor der Inselrepublik ist China.

Schritt für Schritt zum Erfolg.
Der indische Subkontinent bietet deutschen Exporteuren interessante Absatzmöglichkeiten. Die Länder haben in vielen Bereichen Aufholbedarf, u.a. bei der Energie- und medizinischen Versorgung, im Umwelt- und Klimaschutz. Das Marktumfeld ist jedoch schwierig. Dazu tragen eine ausgeprägte Bürokratie, Korruption und komplexe regulative Hürden bei. Es gibt keine Freihandelsabkommen mit der EU.

Auf dem indischen Subkontinent herrscht zudem ein anderes Qualitätsverständnis. Im B2C-Bereich begnügt sich der Kunde gerne mit mehr Schein als Sein. Gleichzeitig erwartet er im B2B-Bereich, dass der Lieferant rund um die Uhr erreichbar ist. Es ist daher empfehlenswert, einen lokalen Partner zu engagieren. Facharbeiter sind Mangelware, da ein entsprechendes Ausbildungssystem fehlt. Eine Wartung oder Reparatur vor Ort ist so oft eine große Herausforderung.

Verschiedene Software-Häuser bieten IT-Lösungen an, die die Abwicklung von Exporten in die Region wirkungsvoll unterstützen. Sie helfen bei der Suche nach der richtigen Zolltarifnummer und Exportkontroll-Güterlistennummer. Sie informieren, welche Vorschriften tagesaktuell bei der Ausfuhr respektive Einfuhr in Bangladesch, Indien oder Sri Lanka zu beachten sind, welche Dokumente (Handelsrechnung, Ursprungszeugnisse, Konnossemente, Inspektionszertifikate, Packlisten, Zollerklärung) notwendig sind und welche Handelsabkommen ggfs. genutzt werden können. Sie dokumentieren Behördenkontakte und lassen sich in CRM-, ERP- und Logistik-Systeme integrieren.

Fazit:
Ein wachsender Mittelstand mit steigenden, verfügbaren Einkommen, eine zunehmende Industrialisierung, mehr Umweltbewusstsein sowie geplante Infrastrukturinvestitionen in Indien, Sri Lanka und Bangladesch bieten deutschen Unternehmen interessante Absatzchancen. Für den Erfolg in diesen Märkten braucht es ein pro-aktives Vorgehen, um eine rechtskonforme, kosteneffiziente Lieferfähigkeit zu gewährleisten. Reaktives Risikomanagement reicht nicht aus. Durch Digitalisierung und Prozessautomatisierung können die Außenhandelsrisiken und der administrative Aufwand bei Exporten erheblich verringert werden. (AM)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 3/2019

 

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