Challenges 2023: Abhängigkeiten verringern

Die Covid-Krise ist größtenteils überwunden, der Krieg in der Ukraine leider noch nicht. Doch unabhängig davon stellen Klimaschutzgesetze, Arbeitskräftemangel, Inflation und das Lieferkettengesetz die Logistikbranche vor spannende Herausforderungen. Logistik express hat sich bei Interessensvertretern umgehört, worauf wir uns gefasst machen müssen und wie es weitergeht.

Redaktion: Angelika Gabor.

Schwächelnde Weltwirtschaft und gebrochene Versprechen. Mag. Oliver Wagner, Geschäftsführer des Zentralverbands Spedition und Logistik, sieht multiple Herausforderungen auf die Branche zukommen. Der letzte Quartalsausblick für 2023 war nicht sehr vielversprechend – die hohe Inflation und ein Schwächeln der globalen Wirtschaft setzen der Branche zu – auch wenn Jänner und Februar rückblickend gesehen nicht ganz so schlimm ausgefallen sind wie prognostiziert.

„Die Auftragslage ist herausfordernd, aber nicht ganz so finster wie angenommen. Es gibt kaum Wachstum, gerade der e-Commerce-Bereich ist wieder eingebrochen. Es kommt zu einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau und darauf folgt eine – zugegeben nötige – Strukturkonsolidierung im KEP-Bereich. Die Logistik ist naturgemäß sehr energieintensiv, darum haben die stark gestiegenen Energiekosten auch massive Auswirkungen auf die Gesamtkosten.“

Enttäuschend ist für Wagner die Leistung der aktuellen Regierung: „Im Regierungsprogramm gab es einige wichtige Punkte, etwa hinsichtlich des Logistikstandortes Österreich. Aber in den vergangenen drei Jahren wurde so gut wie kein Versprechen eingelöst. So lässt die angekündigte FFG-Förderung für den Ankauf emissionsfreier Nutzfahrzeuge (ENIN, Anm.) weiterhin auf sich warten, wurde bereits mehrfach verschoben. Wir werden sehen, ob der neue Starttermin März 2023 eingehalten wird.“

Chance für e-Fuel

Für Wagner führt kein Weg an e-Fuels vorbei, wenn die Dekarbonisierung der Straße gelingen soll: „Alleine in Österreich sind 100.000e LKW (im Jahr 2022 waren 553.000 LKW in Österreich zugelassen, Anm.) unterwegs. Um hier eine Transformation der Technologie zu erreichen, sind Investitionen im Milliardenbereich nötig, und es darf keine Insellösung sein. Abgesehen vom KEP-Bereich, wo schon sehr viel in Richtung Elektromobilität geschieht, hinken wir jedoch bei den Maßnahmen hinterher. Deutschland und Westeuropa sind schon viel weiter, so können wir die Klimaziele nicht schaffen.“ Wasserstoff ein perfekter Energiespeicher, aber seine Erzeugung ist aufwändig. Wagner: „Im Sommer produziert Österreich viel mehr Strom, als verbraucht wird. In diesen Spitzenzeiten könnte man bereits die Umwandlung in Wasserstoff und auch e-Fuels vornehmen, dann wäre der schlechte Umwandlungsfaktor sekundär. Aber wie man es auch dreht und wendet, die Gretchenfrage am Ende wird sein: haben wir überhaupt genug Energie?“ Diese Frage ist durchaus berechtigt, sieht man sich die Berechnungen zum Gesamtenergiebedarf des BMK an. Der Energieverbrauch des Verkehrs in Österreich lag im Jahr 2019 bei 410,187 Petajoule, der Gesamtbedarf bei 1.139,130 Petajoule.

Das „Szenario erneuerbare Energie“ geht für das Jahr 2030 von einem Verbrauch von 434 bzw. 1.213 Petajoule (WEM-Szenario, „with existing measures“ bis Mai 2016) oder sogar nur 299 bzw. 937 Petajoule (WAM-plus-Szenario, „with additional measures“) aus. Und das, obwohl von einem starken Ausbau der Elektromobilität ausgegangen wird. Ob das realistisch ist? Wir werden es sehen. Sollten die Berechnungen jedoch falsch sein, droht uns dank Energiemangelwirtschaft eine Zuteilung von Strom, wie sie aktuell beispielsweise in Afrika üblich ist. Was das dann für die Industrie und Attraktivität als Unternehmensstandort bedeutet, kann sich wohl jeder selbst ausmalen.

Schiene statt Straße?

„Die Logistik nutzt jenen Transportweg, der am besten und effizientesten funktioniert. Am Beispiel Hafen Koper sieht man beispielsweise, dass die Kapazitäten für die Verlagerung auf die Schiene einfach nicht ausreichen. Hinzu kommt ein anderes Problem: man kann nicht gleichzeitig mehr Personen und mehr Güter befördern, das geht sich nicht aus. Eine sinnvolle Verlagerung von Transporten auf die Schiene ist erst bei Strecken über 300 km sinnvoll. Darum werden auch in Zukunft 60 bis 70 Prozent des Güterverkehrs weiterhin auf der Straße stattfinden. Sie muss also dekarbonisiert werden, und dazu müssen von Seiten der Politik endlich die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Aktuell gibt es nur Zielevorgaben, aber keine entsprechenden Maßnahmen, wie diese zu erreichen sind“, fasst Wagner zusammen. Demnächst soll der nächste Masterplan Güterverkehr präsentiert werden – man wird sehen, wohin die Reise geht. (AG)

Quelle: LOGISTIK express Journal 1/2023

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