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Challenges 2023: Sichere Lieferwege und Förderungen

Die Covid-Krise ist größtenteils überwunden, der Krieg in der Ukraine leider noch nicht. Doch unabhängig davon stellen Klimaschutzgesetze, Arbeitskräftemangel, Inflation und das Lieferkettengesetz die Logistikbranche vor spannende Herausforderungen. Logistik express hat sich bei Interessensvertretern umgehört, worauf wir uns gefasst machen müssen und wie es weitergeht.

Redaktion: Angelika Gabor.

Dkfm. Heinz Pechek, Geschäftsführender Vorstand des BMÖ – Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, sieht eine leichte Erholung bei der Stabilität der Lieferketten, wenn auch mit einem kleinen Haken: „Die Preissteigerungen sind im Moment gigantisch, aber leider sind keine Alternativprodukte verfügbar. Insbesondere bei Computerkomponenten und Elektronik sind schlichtweg keine Lieferanten in Europa vorhanden. Möchte man diesen Umstand ändern, dann sind einige möglicherweise auch unangenehme Maßnahmen nötig; der Aufbau eines neuen Standortes dauert ein paar Jahre, die Bürokratie für Firmengründungen ist noch immer viel zu umfangreich. Man könnte die entsprechenden Gesetze erleichtern und auch die Auflagen lockern, dann gezielt fördern. Zuerst sollten die Industrie und die WKO erheben, welche Produktionsunternehmen gebraucht werden – und dann müssen wir überlegen, wie man diese zur Betriebsansiedlung motivieren könnte. Denn eine Produktionsstätte muss sich marktwirtschaftlich rechnen. Betrachtet man die weltweite Entwicklung, scheint es ergänzend dazu sinnvoll, in Süd- und Lateinamerika oder auch im sicheren Skandinavien zu investieren.“

Eine Grundvoraussetzung für jeden Produktionsbetrieb ist ein sicherer Zugang zu Rohmaterialien. Doch hier wird es problematisch, wie man am Beispiel seltener Erden gut erkennt: auch wenn es weltweit Vorkommen gibt, werden sie hauptsächlich in China abgebaut, wo die Umweltauflagen und Proteste gegen die zugegebenermaßen nicht sehr attraktiven Minen überschaubar sind. Zudem – oder vielleicht gerade deswegen – verfügt aktuell nur China über das notwendige Know-how, um die Seltenerden zu trennen und zu hochreinen Elementen anzureichern. Auch wenn erst kürzlich Per Geijer (Schweden) mit dem größten bekannten Vorkommen seltener Erden in Europa in den Schlagzeilen war – ein Abbau dort ist realistisch erst in frühestens 10 Jahren möglich. Auch die bekannten Vorkommen in Deutschland (Storkwitz in Nordsachsen), Portugal, Griechenland, Norwegen, Schweden, Finnland, Grönland und der Türkei werden vermutlich nicht so bald angezapft werden. „Immerhin scheint der Gipfelpunkt der Preiserhöhungen überschritten zu sein. Man kann jedoch beobachten, dass nur jene Unternehmen sich Kredite leisten, für die es sich wirklich auszahlt“, so Pechek. Das bedeutet aber auch, dass Investitionen zurückgefahren werden – ein zweischneidiges Schwert, wenn dadurch wichtige Projekte wie beispielsweise die Digitalisierung auf der Strecke bleiben. „Auch im Bereich der Fortbildungen sehen wir, dass die Bereitschaft der Unternehmen zur Mitarbeiterqualifikation noch nicht wieder so groß ist wie vor der Pandemie“, ergänzt Pechek.

Dabei ist angesichts weniger frei verfügbarer Arbeitskraft die interne Qualifikation umso wichtiger. „Wir sehen wenig Spielraum für hochqualifizierte Arbeitskräfte. Das liegt zum einen an der längeren Ausbildung, zum anderen an geänderten Prioritäten: potentielle Mitarbeiter suchen nach dem für sie perfekten Job, auch wenn es länger dauert“, weiß Pechek. Zudem ist die Bereitschaft, Vollzeit zu arbeiten, deutlich zurückgegangen, eine gute Work-life-Balance hat den monetären Anreizen, einen Job anzunehmen, inzwischen wohl den Rang als oberstes Entscheidungskriterium abgelaufen. (AG)

Quelle: LOGISTIK express Journal 1/2023

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