Des einen Leid, des anderen Freud: Corona als Digitalisierungs-Push
Mit der Verkündung des zweiten harten Lockdowns Mitte November bis voraussichtlich 6. Dezember 2020 wurden gleichzeitig weitere Unternehmer in den Ruin getrieben. Der Onlinehandel hingegen freut sich kurz vor Weihnachten über noch stärkere Zuwächse. Einer der Gewinner: die UNITO-Gruppe mit ihren bekannten Shops OTTO, Universal, Quelle, LASCANA und mehr.
Redaktion: Angelika Gabor.
Schon beim e-Commerce Logistik Tag im September zeigte sich Mag. Harald Gutschi, Sprecher der Geschäftsführung der UNITO-Gruppe, sehr zufrieden über die Umsatzentwicklung. Denn nach einem kurzen Einbruch der Bestellungen zu Beginn der Pandemie sind die Umsätze schier explodiert: „Zuerst waren es Kühlschränke, Schreibtische und Laptops sowie Jogginghosen, danach waren Swimmingpools und Fahrräder ausverkauft. Während des Lockdowns hatten wir teilweise kurzfristig Wachstumsraten von 100 Prozent im Vergleich zu 2019.“
Insgesamt erwirtschaftete die Gruppe im Zeitraum vom 1. März bis 31. August 2020 einen Gesamtumsatz von 201,5 Millionen Euro, ein Plus von 12,8 Prozent. Noch deutlicher der Zugewinn im reinen Warengeschäft: 18 Prozent mehr Umsatz – im Vergleich zu einem Marktwachstum von 7 Prozent laut „E-Commerce-Studie Österreich 2020“der KMU Forschung Austria.
Sieht man sich die Segmente genauer an, muss sich das Umsatzwachstum von 41 Prozent bei den „Stay at home“-Artikeln (Haushaltswaren, Möbel, Heimtextilien) nur jenem von 54 Prozent im Baumarkt-Segment geschlagen geben. Denn wer zu Hause bleiben muss, möchte es zumindest schön und bequem haben. Die Gruppe erntet nun die Früchte davon, sich schon in den letzten Jahren vom Kataloghändler zum Onlinespezialisten gewandelt zu haben. „Etwa alle 100 Jahre gibt es so Einmal-Effekte wie eben jetzt diese Pandemie, die zu einem Umbruch, einer Beschleunigung der gesellschaftlichen Entwicklung führt. Dieser „digitale Arschtritt“ hat uns in der Entwicklung um etwa fünf Jahre nach vorne katapultiert. Die Verlagerung in den Onlinehandel wäre unweigerlich gekommen, aber schrittweise. Die jetzige Änderung ist aus meiner Sicht irreversibel.“ Schließlich würden die Kunden zunehmend die Bequemlichkeit und zeitliche Unabhängigkeit des eCommerce zu schätzen wissen – und zwar alte, wie auch neue.
Die Zuwächse hat das Unternehmen nämlich nicht nur treuen Stammkunden zu verdanken, sondern auch beinahe 400.000 Neukunden, die während des Lockdowns erstmals bei einem der UNITO-Onlineshops bestellt haben. „Besonders erfreulich für uns ist, dass es sich um hochwertige neue Kunden mit gutem Nachfolgeverhalten handelt, es bleibt also nicht bei Einmalbestellungen“, zeigt sich Gutschi begeistert. Gleichzeitig ist die Retourenquote stark gesunken, liegt je nach Produktgruppe zwischen 7 und 10 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Gründe hierfür sind neben Struktureffekten (weniger Textilien) bessere Produktbeschreibungen und vor allem eine selektivere Bestellung durch die Kunden. Es zeigt sich, dass viele Menschen durch diese erzwungene Pause im stationären Handel auf den Geschmack gekommen sind und etwaige Berührungsängste verloren haben. „Zu Beginn der Krise spürten wie die Dankbarkeit der Kunden für die Versorgungsfunktion während des Lockdowns, doch sehr schnell kristallisierte sich dann ein sehr hohes Anspruchsdenken heraus. Lieferzeiten von mehreren Wochen sind inakzeptabel“, so Gutschi.
Logistik als Lebensader.
Der beste Onlineshop ist nur so gut wie seine Logistik, denn schließlich müssen die Waren auch zum Kunden gebracht werden – und das möglichst schnell und unkompliziert. Die Zuverlässigkeit und damit der Erfolg eines Unternehmens sind untrennbar mit der Zustellung verknüpft. In Österreich setzt UNITO auf die Post und Gebrüder Weiss als Partner bei der Zustellung. Die Logistikstandorte sind dezentral organisierte 24h-Läger. Bei den Zustellungsvarianten fordert Gutschi mehr Mut und Kreativität: „Der Kunde möchte seinen Laptop so schnell wie möglich. Also warum verlange ich nicht 15 Euro extra für Same-Day-Delivery, statt nur gratis Abholung zu bieten? Das Abendessen wird ja auch für zwei Euro extra geliefert. Der Warenrohertrag ist in den letzten Jahren stetig gesunken, da kommen neue Erlösströme genau recht.“ Wichtig sei die Zufriedenheit der Kunden, denn dann würden sie auch öfter kaufen.
Aufschwung durch US-Wahlergebnis.
Die USA sind nach Deutschland der zweitgrößte Exportmarkt für Österreichs Unternehmen, unzählige Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von einem uneingeschränkten Handel mit den USA ab. Handelskonflikte wirken sich negativ auf die Unternehmen und die Beschäftigten und somit natürlich auch unmittelbar auf deren Kaufkraft aus. „Die Welt atmet auf“, fasst Gutschi das Wahlergebnis treffend zusammen. Der unmittelbare Aufschwung an den Börsen war ein deutliches Signal. „Es ist wichtig, dass der amerikanische Präsident als Führer der freien Welt zu seinem Wort steht und verlässlich ist. Biden wird den Freihandel forcieren und es wird wieder ein kultivierterer, zivilisierterer Umgangston herrschen – wenngleich auch er ein durchaus harter Verhandlungspartner sein kann“, meint Gutschi und fügt an: „hätte Trump die Coronakrise besser gemanagt, hätte er vermutlich wieder gewonnen.“ Doch im Coronajahr 2020 ist eben alles anders.
Aktuell blickt Handelsexperte optimistisch in die Zukunft: „Ich erwarte für 2021 eine spektakuläre Wiederauferstehung der Wirtschaft. Nach diesem gewollten Runterfahren werden die marktwirksamen Kräfte wieder greifen. Jammern ist keine unternehmerische Tätigkeit, das kommende Jahr wird super.“ (AG)
Die UNITO-Gruppe ist eine Tochter der Baur-Gruppe und Teil der Otto Group. Marken: Universal, OTTO, Quelle, Lascana, OKO (Österreich) Ackermann, Quelle, Lascana (Schweiz) sowie Quelle (Deutschland). 51.800 Mitarbeiter weltweit mit über 100 Unternehmen.
Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 6/2020