Deutscher Fiskus als Vorbild für Österreich?

Der deutsche Bundesfinanzminister Olaf Scholz darf sich über eine Versechsfachung der Umsatzsteuereinnahmen von chinesischen Onlinehändlern freuen. Das entspricht Mehreinnahmen von 146 Millionen Euro für die Bundesrepublik. Deutschland zeigt vor, wie Fairplay im Onlinehandel funktioniert.

Beitrag: Gerald Kühberger.

Der deutsche Fiskus hat 2019 deutlich mehr Steuern aus dem Onlinehandel von Produkten asiatischer Unternehmen kassiert. Im Gesamtjahr verzeichnete das bundesweit zuständige Finanzamt Berlin-Neukölln bei den Umsatzsteuereinnahmen von Onlinehändlern aus der Volksrepublik China sowie aus Hongkong, Macao und Taiwan einen Anstieg von 34 Millionen Euro (im Jahr 2017) auf rund 200 Millionen Euro. Das liegt daran, dass Händler, die auf Internetplattformen Produkte in Deutschland verkaufen, seit Jänner 2019 zwingend eine deutsche Steuernummer brauchen.

Der deutsche Gesetzgeber hat im Vorjahr die sogenannte Marktplatzhaftung eingeführt. Hintergrund: Da es in der Praxis oft unmöglich ist, steuersäumige Händler, die sich am anderen Ende der Welt befinden, zur Verantwortung zu ziehen, hat sich die Bundesrepublik für einen einfacheren Weg entschieden. Marktplätze wie Amazon müssen in bestimmten Fällen gegenüber den betreffenden Händlern Konsequenzen ergreifen, wenn sie nicht selbst für deren illegales Handeln aufkommen wollen – dafür können sie nämlich haftbar gemacht werden.

Damit haftet der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung eines Unternehmers, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist. Diesem Risiko können sich die Betreiber der Marktplätze aber entziehen, wenn sie von ihren Plattform-Händlern eine entsprechende Bescheinigung einfordern, welche die Registrierung des Händlers bei seinem zuständigen Finanzamt nachweist. So wird für mehr Steuerehrlichkeit gesorgt.

Deutschland als Vorbild für internationale Steuerfairness im Onlinehandel.
Wie ist die Situation in Österreich? Mit 1.1.2020 ist auch hierzulande zumindest eine Aufzeichnungsverpflichtung für Steuerangaben in Kraft getreten, sofern Produkte von Onlinehändlern über Plattformen wie Amazon oder Ebay in Österreich vertrieben werden. Darüber hinaus werden Online-Handelsplattformen ab 1.1.2021 – also quasi mit zwei Jahren Verspätung – in der gesamten EU stärker in die Pflicht genommen: die Betreiber der Marktplätze haften dann analog zu Deutschland auch für die Erbringung der Steuern auf Einfuhren.

Die Paketflut aus China beschert dem deutschen Fiskus zumindest eine Steuereinnahmenflut, da die Marktplätze entsprechend reguliert werden. Die Versechsfachung der Umsatzsteuereinnahmen bei chinesischen Onlinehändlern seit 2017 zeigt, welche positiven Effekte eine Plattformhaftung von Marktplätzen auch für Österreich haben könnte. Daher sollte auch Österreich die Plattformhaftung analog zu Deutschland schon vor dem 1.1.2021 beschließen.
Jeder Tag zählt!

6000% Wachstum.
Zahl registrierter chinesischer Händler von 450 auf 29000 gestiegen. In der Bundesrepublik ist die Zahl der registrierten chinesischen Unternehmen allein im Vorjahr von rund 450 auf fast 29.000 angestiegen, ein Plus von mehr als 6000 Prozent. Aktuell gehen pro Woche ungefähr 300 Anträge auf Erteilung einer Steuernummer ein. Der Handelsverband erwartet durch die Einführung der Plattformhaftung in Österreich mittelfristig Mehreinnahmen von rund 150 Millionen Euro. Damit könnte die vom Handel seit Jahren geforderte Abschaffung der Mietvertragsgebühr – ein Relikt aus Maria Theresias Zeiten – locker gegen-finanziert werden. Die Mietvertragsgebühr wird im Ausland oftmals als politisches Körberlgeld wahrgenommen. Kein Wunder, immerhin ist es ein europaweites Unikum, Geld von Privaten zu verlangen, obwohl der Staat hier keinerlei Gegenleistung erbringt.
(GK)

 

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