Europäische Industrie appelliert an schwedischen Ratsvorsitz

Industriellenvereinigung bei Treffen von BusinessEurope in Stockholm – Arbeitgebervertreter sehen Handlungsbedarf bei Energie, Außenhandel und Fachkräften.

Die Industriellenvereinigung (IV) hat sich bei einem Treffen des europäischen Arbeitgeber-Dachverbandes BusinessEurope in Stockholm für rasche und intelligente Lösungen in der Energiekrise eingesetzt. Zu dem Treffen kamen die Präsidenten der 40 europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbände anlässlich des bevorstehenden Beginns der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft zusammen. Der hochkarätige Austausch unter anderem mit dem für Industriepolitik zuständigen EU-Kommissar Thierry Breton und der schwedischen Ministerin für Europaangelegenheiten, Jessika Roswall, stand insbesondere im Lichte der aktuellen Energiekrise.

Im Rahmen des Treffens verabschiedete der Rat der Verbands-Präsidenten die sogenannte Stockholm-Deklaration mit wichtigen Eckpunkten und Empfehlungen für eine kluge Industriepolitik der kommenden EU-Ratspräsidentschaft. “Die Lage ist sehr ernst und es geht für große Teile der europäischen Industrie eindeutig um das Überleben. Es gibt bereits Anzeichen für eine Verlagerung der Produktion mit allen Konsequenzen wie dem Verlust von Zehntausenden Arbeitsplätzen und einem deutlichen Wohlstandsverlust in Europa”, mahnt IV-Präsident Georg Knill. In der Deklaration weisen die Interessenvertreter auf die Dringlichkeit einer gesamteuropäischen Lösung als „Gamechanger“ in der Energiekrise hin und fordern einmal mehr eine temporäre Entkopplung der Strom- und Gaspreise.

“Wir zählen darauf, dass die schwedische Ratspräsidentschaft alle Möglichkeiten für koordinierte EU-Maßnahmen ausschöpft, um die Energiekosten für Unternehmen und Haushalte wirksam zu senken. Solange wir in Europa fünf bis siebenmal mehr für Gas bezahlen als in den USA ist es für Unternehmen kaum möglich, am Weltmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben. Da die langfristigen Energieverträge oder Hedges vieler Unternehmen in den kommenden Monaten auslaufen werden und die Politik nicht reagiert, wird sich die Situation weiter verschärfen”, sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

Ambitionierte Handelspolitik als Weg aus der Krise.
Darüber hinaus mahnen die BusinessEurope-Verbände den Abbau überzogener regulatorischer Maßnahmen und eine ambitionierte Außenhandelspolitik ein. “Gerade jetzt brauchen Unternehmen regulatorisch ausreichend Spielraum und Luft zu atmen, damit wir die Kraft haben, stark aus diesen Krisen herauszukommen. Schädliche gegensätzliche Gesetzesvorhaben gilt es strikt zu vermeiden”, so Neumayer. Auf die EU-Agenda sollten ausgewogene Ansätze bei Due Diligence (Lieferkettengesetz), der Industrieemissions-Richtlinie oder bei dem geplanten Circular Economy Legislativpaket.

In der Handelspolitik sollte es darüber hinaus um eine Vertiefung nach Innen über eine Weiterentwicklung des Binnenmarktes, aber auch um eine weiterhin ambitionierte Außenhandelsagenda gehen. Die EU verfügt über das weltweit größte Netz an Handelsabkommen (42 Abkommen mit 74 Ländern) und die Warenexporte der EU-Länder über diese Partnerschaften überschritten 2021 zum ersten Mal die Schwelle von einer Billion Euro. Eine offene Handelspolitik ist ein wesentlicher Bestandteil der Attraktivität Europas als Standort für Unternehmen und Investitionen.

Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, dass Handelspartner internationale Regeln einhalten und ein “level playing field” die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen sichert, erinnert Knill: “Wir sind enttäuscht über die protektionistischen Maßnahmen, die die USA mit dem Inflation Reduction Act beschlossen haben. Solche Maßnahmen verstoßen eindeutig gegen WTO-Regeln, da sie die Exporte ausländischer Unternehmen diskriminieren. Sie wirken sich auf Investitionen in der EU aus. Wir drängen auf eine Verhandlungslösung bevor dieses Gesetz Anfang 2023 in Kraft tritt”.

Anstrengungen in Forschung, Innovation und Bildung verstärken.
Schließlich muss Europa auch im Bereich des digitalen Wandels aufholen, nicht zuletzt durch verstärkte Bemühungen in Forschung, Innovation und in der Bildung. Die EU investiert 2,3 % des BIP in Forschung und Entwicklung, verglichen mit 4 % in den USA und 2,44 % in China. Hier brauche es dringend Schritte, damit Europa zu den Innovation Leaders aufrücken kann und das Wachstum auch in Zukunft gesichert ist. Darüber hinaus bremst der akute Fachkräftemangel den Handlungsspielraum europäischer Unternehmen spürbar. BusinessEurope zählt auf die schwedische Ratspräsidentschaft, dass 2023 im “European Year of Skills” auch Maßnahmen zur Aktivierung ungehobener Arbeitsmarkt-Potenziale und die qualifizierte Zuwanderung gesetzt werden.

Rückfragen & Kontakt:
Industriellenvereinigung
Marlena Mayer
Pressesprecherin
+43 (1) 711 35-2315
marlena.mayer@iv.at

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