Europäischer Markt für Straßengüterverkehr erholt sich
Der Report analysiert den Straßengüterverkehrsmarkt von 2019 bis Anfang 2024. Dabei konnte ein kontinuierlicher Aufschwung und eine Erholung der Branche festgestellt werden.
Die digitale Transportmanagement-Plattform Alpega stellt die Ergebnisse eines Berichts in Zusammenarbeit mit BCG (Boston Consulting Group) vor. Der Bericht, basierend auf Daten aus der Alpega Frachtenbörse, analysiert den europäischen Straßengüterverkehrsmarkt von 2019 bis Anfang 2024 und konnte einen kontinuierlichen Aufschwung und eine Erholung der Branche feststellen. Trotz anhaltender Herausforderungen, wie steigender Betriebskosten, Fahrermangel und Insolvenzen kleinerer Unternehmen, profitierte die Branche von der langsamen Verbesserung dieser makroökonomischen Faktoren. Doch die Erholung des Marktes bringt auch einige unvermeidliche Hürden und Rückschläge mit sich, die sich innerhalb Europas unterschiedlich stark auswirken.
Regionale Unterschiede in ganz Europa
In Bezug auf Angebot und Nachfrage stellte der Bericht signifikante regionale Unterschiede fest. Westeuropa, angetrieben von Deutschland und den Niederlanden, konnte ein starkes Wachstum verzeichnen. Auch Großbritannien und die nordischen Länder erlebten ein starkes Wachstum sowohl auf nationalen als auch internationalen Strecken. Anders sieht es in Süd-, Mittel- und Osteuropa aus. Südeuropa hatte mit den zunehmenden Sorgen über Fahrermangel, steigende Sozial- und Arbeitskosten und einen stark fragmentierten Transportsektor zu kämpfen. Ost- und Mitteleuropa sah sich mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie hohen Betriebskosten und Konkurrenz, z.B. durch Spediteure aus der Ukraine, kombiniert mit strengeren EU-Vorschriften, konfrontiert.
Spot-Raten: Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage
Die Spot-Frachtnachfrage stieg im zweiten Quartal 2024 sowohl auf nationalen als auch auf internationalen Strecken an. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Spotnachfrage um 48% im zweiten Quartal und um 27% im dritten Quartal 2024 für internationale Routen. Auslöser für diesen Anstieg waren das steigende BIP und erhöhte Konsumvolumen in ganz Europa. Anders als die Nachfrage blieb das Spot-Angebot in den ersten neun Monaten des Jahres relativ stabil. Dieses Ungleichgewicht sorgte für einen Anstieg der Spot-Raten. Das Load-to-Consultation (LtC)-Verhältnis lag bei inländischen und internationalen Routen im zweiten Quartal 2024 bei 0,2 bzw. 0,3. Die prozentuale Änderung im Vergleich zum Vorjahr beträgt +42% bzw. +30% für das zweite Quartal 2024. Die Analysten von BCG gehen basierend auf dieser Datengrundlage davon aus, dass die Spot-Raten auch in Zukunft hoch bleiben werden, obwohl die Volatilität der Kraftstoffpreise die zukünftigen Aussichten für die Raten beeinflussen könnte.
Weitere Faktoren, die die Spot-Raten beeinflussten, waren:
Verlader erhöhen ihren Vertragsanteil
Als direkte Konsequenz der erhöhten Spot-Preise wurden mehr Verlader dazu veranlasst, ihren Anteil an Vertragsarbeit zu erhöhen, um Kapazitäten zu sichern und Unterbrechungen innerhalb der Lieferkette zu vermeiden. Auswirkungen von Störungen im Roten Meer Die Störungen in der Seefracht im Roten Meer führten zu einem Anstieg des Straßengüterverkehrs in einigen wichtigen europäischen Hafenregionen. Weitere Konsequenzen waren Hafenstaus und längere Wartezeiten.
Strukturelle Herausforderungen digital bewältigen
Der Transport und Export von Agrarprodukten, etwa zwischen Spanien und Westeuropa, sorgte in der ersten Jahreshälfte für große saisonale Ungleichgewichte. Die saisonalen Schwankungen sorgen trotz eines ausgeglicheneren Frachtaufkommens für Ineffizienzen. Dieses Routenungleichgewicht stellt ein strukturelles Problem für europäische Unternehmen dar, das von Frachtunternehmen bei der Planung ihrer Netzwerke und Preisstrategien berücksichtigt werden muss. Für Frachtunternehmen ist es wichtig, diese Routenungleichgewichte im Markt zu erkennen und sogar zu antizipieren, um sich bietende Chancen zu nutzen, Störungen zu vermeiden und operative Exzellenz zu erreichen. Basierend auf der Analyse der Marktdynamik gibt BCG folgende Einschätzungen und Handlungsempfehlungen, damit europäische Frachtunternehmen ihre finanzielle und operative Leistung verbessern können:
Optimierung des Routennetzes
Frachtunternehmen sollten mittels digitaler Tools genaue Daten erheben und sichern, um datengesteuerte Handlungen ableiten zu können und so die Auslastung ihres Routennetzes zu verbessern, Leerfahrten zu reduzieren und Angebot und Nachfrage besser auszugleichen.
Dynamische Preisgestaltung
Die Implementierung von dynamischen Preisgestaltungsmechanismen ermöglicht es Unternehmen, auf Nachfrageschwankungen entlang bestimmter Routen zu reagieren.
Durch M&A wachsen und sich differenzieren
Anstatt einfach auf eine Verbesserung der Marktbedingungen zu warten, sollen Unternehmen proaktive Schritte unternehmen, um von der Erholung zu profitieren. Dazu gehört neben der Digitalisierung und der Optimierung des Routennetzes auch das Wachstum durch strategische Übernahmen und Fusionen (M&A).
Konsolidierung
Der Markt erlebte, insbesondere in Westeuropa, eine gewisse Konsolidierung. M&A ist ein Weg für Unternehmen, an dieser Konsolidierung teilzunehmen und ihre Position auf dem Markt zu stärken. Durch M&A können Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erlangen, indem sie ihre Kapazitäten erweitern, ihre Dienstleistungen diversifizieren und sich in strategisch wichtigen Märkten positionieren.
Wachstum und Differenzierung
M&A kann Unternehmen helfen, ihr Kerngeschäft zu skalieren, in attraktive Branchen (wie Automobil oder Gesundheitswesen) zu expandieren oder in Korridore mit höherem Margenpotenzial einzusteigen. Durch M&A können Unternehmen ihre Marktpräsenz erhöhen und sich breiter aufstellen.
Günstigere Bedingungen
Der Rückgang der Zinssätze über den analysierten Zeitraum macht M&A attraktiver, da Kapital leichter verfügbar und erschwinglicher ist. Diese vergünstigen Bedingungen erleichtern es, Akquisitionen zu finanzieren und so Wachstum von Unternehmen voranzutreiben. Um in diesem Umfeld wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Unternehmen flexibel sein, um sich an verändernde Marktbedingungen anpassen zu können und neue digitale Werkzeuge und Lösungen nutzen, die auf genauen und aktuellen Daten basieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die europäische Transportbranche auf einem Erholungskurs befindet, der voraussichtlich auch 2025 anhalten wird. (RED)
Quelle: LOGISTIK express Journal Transport & Logistik LE-1/2025