EXCHAiNGE 2018

Digitale Transformation: Tools sind längst da – aber was macht der Supply Chain Manager daraus?

Redaktion: Sabine Ursel

Big Data, Blockchain, Nachhaltiges Wirtschaften, Kultur und Mindsets – kritische Erfolgsfaktoren, die es in den Unternehmen holistisch anzupacken gilt. Supply Chain Manager und Operations-Verantwortliche stehen vor der Herausforderung, diverse interne und externe Schnittstellen zu harmonisieren und ihre Fachabteilungen im Unternehmenskontext zugleich unter dem Aspekt „New Work & Digital Business“ neu auszurichten. Die „EXCHAiNGE – The Supply Chainers’ Community“ begleitet die Aktivitäten der Akteure, stößt Diskussionen an und liefert beispielhafte Lösungsansätze.

Mix aus Konferenzen, Tech-Talks, Start-up-Pitches.
Vom 20. bis 21. November 2018 kommen rund 200 Experten unter dem Motto „New Work & Digital Business“ in Frankfurt zusammen. Die sechste jährliche Auflage des Supply-Chain-Gipfels bietet einen Zusatznutzen: Die EXCHAiNGE findet erstmals unter dem Dach der Fachmesse HYPERMOTION (20.-22.11.2018) in Frankfurt statt. Das bedeutet die Einbettung in ein Gesamtkonzept mit den Schwerpunkten Transformation, Verkehr, Mobilität und Logistik. Die EXCHAiNGE verknüpft Trends mit den strategischen Kernfunktionen der Supply Chain. Die HYPERMOTION bietet als Messe den erweiterten Rahmen. Hier werden intelligente Systeme und Anbieterlösungen für Mobilität, Verkehr, Logistik und digitale Infrastruktur erlebbar gemacht. „Besucher bzw. Teilnehmer profitieren von diesem Mix aus Konferenzen, Tech-Talks und Start-up-Pitches“, sagt Dr. Petra Seebauer, Initiatorin und Impulsgeberin der Konferenz EXCHAiNGE, Geschäftsführerin bei der EUROEXPO Messe- und Kongress-GmbH.

Werkzeuge intelligent steuern.
Die Konferenz ist als offenes Diskussionsforum angelegt. Gefragt wird unter anderem: Wo werden entlang der Supply Chain richtungsweisende Innovationen „gemacht“ und was ist adaptierbar – auch für kleine Unternehmen? Welche Rolle werden branchenfremde Akteure in Zukunft spielen? Um neue Geschäftsmodelle erfolgreich zu etablieren, sind disruptive Denkweisen und Mut zu ungewöhnlichen Kollaborationen gefordert. Künstliche Intelligenz, Big Data und Blockchain sind Werkzeuge, die es intelligent zu steuern gilt. Die Umsetzung einer strategischen Maßnahme obliegt freilich auch weiterhin dem „humanen Management“. Und das muss auch in Sachen Nachhaltigkeit stimmige Argumente ins Feld führen können. Wie gehen Supply Manager also mit dem Spannungsfeld „Schnelligkeit vs. Nachhaltigkeit“ entlang der Lieferkette um?

B2B und B2C: Was Innovationen behindert Prof. Dr. Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesvereinigung Logistik e.V., Bremen, meint: „Logistiker liefern Innovationen für eine urbane Logistik. Diese werden in den Städten häufig noch nicht ausreichend mitgedacht.“ Im Spiel um Organisation und Ausgestaltung seien mutige Schritte gefordert. Markus Ziegler, Geschäftsbereichsleiter, Geschäftsbereich pakadoo, LGI Logistics Group International GmbH, verweist auf ein Paradoxon: „Einerseits liegt nachhaltiger Konsum im Trend, andererseits bedeutet dies doch längst nicht, dass tatsächlich auch bewusster konsumiert wird. Ganz im Gegenteil. Insbesondere der Onlinehandel legt von Jahr zu Jahr zu, die Umsatzzahlen steigen und mit ihnen das Sendungsvolumen.“ Ansätze zum Durchbrechen des Kreislaufs seien durchaus schon vorhanden, etwa in Berlin, wo sich mehrere KEP-Unternehmen zusammengeschlossen haben, um den Ansatz der kombinierten Zustellung aus Mikrodepots und Lastenrädern zu erproben.

Ziegler: „Die Zielgerade ist allerdings noch lange nicht in Sicht. Für einen Endspurt legen sich die KEP-Dienstleister selbst Steine in den Weg, indem die Mehrheit ihrer Angebote auf die jeweiligen Anbieter beschränkt ist. Anstatt auf die eigene Vormachtstellung beharren zu wollen, sollten alle den Schulterschluss üben und gemeinsam in dieselbe Richtung gehen.“ Bund, Länder und Kommunen seien gefragt, Lösungen für die offensichtlichen Probleme zu suchen und mehr mit der Logistikbranche zu kooperieren. Erst dann lasse sich auch die Paketzustellung bis zum Ende der letzten Meile nachhaltig gestalten, meint Ziegler.

Mehr Transparenz in der Supply Chain.
Dr. Ulrich Franke, Geschäftsführer, Institute for Supply Chain Security GmbH, mahnt mehr ernsthafte Maßnahmen in Sachen Transparenz an. Bei vielen Unternehmen sei bereits die Sichtbarkeit bis zum Tier1-Supplier nicht gegeben – „geschweige denn darüber hinaus“. Das gelte aber auch Downstream bis hin zum finalen Kunden. Franke: „Die Supply Chain muss möglichst resilient organisiert werden. Basierend auf einer Supply-Chain-Risikoanalyse sind präventive und reaktive Supply-Chain-Maßnahmen umzusetzen, so dass die Wertschöpfung hin zum Kunden möglichst widerstandsfähig ist.“

Manager müssten sich in die Lage versetzen, möglichst in Echtzeit den Status kritischer Pfade entlang der Supply Chains überwachen zu können, um dann bei Störungen zeitnah und handlungssicher einzugreifen. „Die technischen Möglichkeiten, um Netzwerkpartner digital zu vernetzen, sind längst vorhanden“, erklärt Franke. Aus KI und Blockchain-Technologie ließen sich viele intelligente Lösungen für die Logistik und das Supply Chain Management entwickeln. „Wir stehen am Anfang einer sehr spannenden Zeit, so wie damals, als das Internet begann, unsere Arbeiten und unser Leben total zu verändern.“

Und wie geht es dem Menschen?
Wer über digitale Transformation spricht, muss auch den Komplex Kultur und Mindsets berücksichtigen. Trotz unterstützender IT-Tools tun sich viele Unternehmen schwer, die menschliche Komponente nachhaltig und glaubwürdig zu integrieren. Kopf und Herz sind oftmals Antagonisten, die Fortschritte hemmen. Auch hier gilt es, die Faktoren Geschwindigkeit und eine im Denken und Handeln verankerte Nachhaltigkeit zu transportieren. „Kulturwandel beginnt mit einem klaren Verständnis darüber, was Kultur überhaupt ist. Je tiefer das gemeinsam getragene Bild über Einflussfaktoren und Wirkungsmechanismen ist, desto wirksamer sind Maßnahmen zur Optimierung“, sagt Bettina Bohlmann, Geschäftsführerin der 3p procurement branding GmbH.

Die Wirtschaftspsychologin rät dringend zum Abbau ineffektiver Kommunikationsschleifen. Mitarbeiter, auch Führungskräfte, seien vielfach damit beschäftigt, sich bzw. ihre Errungenschaften und Kompetenzfelder auch in Meetings abzusichern. Das behindere abteilungsübergreifende Projekte. Meetings sollten Lösungsfindung zum Ziel haben. Bohlmann: „Wichtig ist, mehr Transparenz zu schaffen. Mitarbeiter müssen sehen, wer gerade woran arbeitet und welche Ziele und Ergebnisse angestrebt werden. Nur so kann aus Fragmenten ein Bild entstehen.“ Ziel sei schließlich: „Machtworte und Dirigieren helfen nicht weiter, wenn es um die Synchronisation der Mitarbeiter bzw. von Teams auf gemeinsame Ziele geht.

Leadership bedeutet, persönlich ansprechbar zu werden – für einige Führungskräfte ein bislang nicht im Fokus stehendes Vorgehen –, Konsequenzen gemeinsam vorzudenken und Verkündetes bzw. Versprochenes zu begründen und einzuhalten“, so Bohlmann. Feedback gehöre unbedingt dazu. Bettina Bohlmann begleitet die EXCHAiNGE bereits im dritten Jahr auch konzeptionell. Die Plattform lebt vom interaktiven Austausch auf Augenhöhe mit Impulsgebern aus verschiedenen Disziplinen. „Reibung ist bei unserem Community-Treffen nicht nur erlaubt, sondern explizit erwünscht“, betont die EXCHAiNGE-Verantwortliche Petra Seebauer. (SU)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 4/2018

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