Gesundheitsgefährdend: Handelsverband bekräftigt Warnung der AGES vor Fernost-Plattformen
Alarmierende Ergebnisse bei Produkttests importierter Billigprodukte. Haupt-Gefahrenquellen: Kinderspielzeug und Nahrungsergänzungsmittel.
Lichterketten, die bei Inbetriebnahme nicht nur leuchten, sondern zu brennen beginnen. Nahrungsergänzungsmittel, die Quecksilber enthalten. Babyspielzeug, das beim Verschlucken von Einzelteilen zu Darmperforationen führen kann: Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung des Ökosozialen Forums wurden gestern Abend in Wien alarmierende Beispiele dafür präsentiert, welches Gefahrenpotenzial in Produkten von Billig-Onlineplattformen lauert.
Das Bundesamt für Verbrauchergesundheit (BAVG) ist in Zusammenarbeit mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) auch für die Kontrolle der Online-Angebote in den Bereichen Spielzeug, Kosmetik und Nahrungsergänzungsmitteln zuständig. Beängstigendes Ergebnis: Die Beanstandungsquote wegen Sicherheits- bzw. Kennzeichnungsmängeln lag bei den heuer bei Billig-Onlineplattformen gekaufen Spielwaren bei über 80 %. Und bei Nahrungsergänzungsmitteln wurden teilweise verbotene bzw. nicht zugelassene Inhaltsstoffe wie Quecksilber oder Lithium gefunden.
100 % Beanstandungsquote bei Schaukeln, Rutschen & Co.
Untersucht werden in der AGES jährlich ca. 500 Spielzeugproben, üblicherweise liegt die Beanstandungsquote bei ca. 4 %. Bei der aktuellen Schwerpunktaktion zu Aktivitätsspielzeug wie Schaukeln, Rutschen oder Klettertürmen aus dem Internet mussten jedoch sogar 100 % der Produkte wegen Verstößen gegen die Sicherheitsanforderungen der EU-Spielzeugverordnung aus dem Verkehr gezogen werden. „Die Sicherheit unserer Kinder hat oberste Priorität. Achten Sie beim Kauf von Spielzeug auf Qualität. Vorsicht bei Billig- und Billigst-Angeboten“, betont Daniela Schachner, Spielzeug-Expertin der AGES. Ähnliche Beispiele brachte sie für Baby-Spielzeug, das verschluckbare Kleinteile enthält oder für gefährliche Geschossspielzeuge.
„Wer billig bei Fernost-Plattformen kauft, riskiert seine Gesundheit. Uns sind unzählige Fälle von Produkten bekannt, die außereuropäische Online-Plattformen nach Österreich versenden, die hierzulande aber aus gutem Grund nie in Verkehr gebracht werden dürften“, ergänzt Rainer Will, Geschäftsführer des freien, überparteilichen Handelsverbandes, und stellt klar: „Ohne CE-Kennzeichnung dürfen Spielwaren oder Elektrogeräte nicht in der EU verkauft werden. Fehlt diese, sollten die Alarmglocken läuten. Leider sind aber auch gefälschte CE-Kennzeichnungen nicht unüblich.“
Lange Liste an Problemen
„Billig-Plattformen verschaffen sich einen unfairen Wettbewerbsvorteil, indem sie sich nicht an unsere Gesetze halten“, kritisiert Handelssprecher Will. „Nicht nur werden unsere strengen Sicherheitsnormen viel zu oft ignoriert, die Plattformen verstoßen auch gegen viele andere Regeln, die für unsere in Österreich ansässigen Händler aus guten Gründen gelten.“
So hat der Handelsverband im September eine Beschwerde bei der Bundeswettbewerbsbehörde wegen wahrgenommener Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb gegen Temu eingebracht. Sonderverkäufe, die nie ablaufen, Preisreduktionen, die keine sind, limitierte Angebote, die in unbegrenzter Stückzahl verkauft werden – zahlreiche Beispiele für derartige Praktiken wurden in der Beschwerde glasklar dokumentiert.
Damit ist die Liste an problematischen Praktiken längst nicht zu Ende: Durch gezielte Falschdeklarierung der Pakete entgehen dem österreichischen Staat dringend benötigte Zoll- und Steuereinnahmen in Millionenhöhe. Auch die Nicht-Einhaltung der Verpackungsentpflichtung (also der vorgeschriebenen Kostenbeteiligung an der Entsorgung der Kartonagen) ist zu kritisieren, ebenso die Missachtung zahlreicher weiterer Umweltgesetze.
Milliarden-Verlust für heimische Wirtschaft
Trotz all dieser unfairen Praktiken lässt sich der Kaufkraftabfluss aus Österreich in Richtung Fernost-Plattformen bereits mit weit mehr als 1 Mrd. Euro beziffern. Laut dem ersten, in dieser Woche veröffentlichten Transparenzbericht von Temu, der aufgrund der Einstufung als VLOP gemäß Digital Service Act ab sofort erforderlich ist, hat alleine dieser Fernost-Anbieter in Österreich bereits 1,7 Mio. monatliche Nutzer. Die Folge daraus ist der Verlust tausender Arbeitsplätze in Österreich. „Diese dramatischen Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, dass die Politik auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene raschestmöglich dafür sorgt, wieder einen fairen Wettbewerb herzustellen“, bekräftigt Handelsverband-Chef Rainer Will.
Immerhin ist laut dem jüngsten Consumer Check des Handelsverbands zumindest unterm Christbaum nicht mit allzu vielen gesundheitsgefährdenden Produkten zu rechnen: Nur für 6 % der heimischen Konsument:innen kommt es in Frage, Weihnachtsgeschenke bei Fernost-Plattformen wie Temu, Shein, Alibaba & Co. zu kaufen. „Heimische Qualität zählt, zumindest im Weihnachtsgeschäft. Kaum jemand möchte seinen Liebsten ein gesundheitsgefährdendes Schrottprodukt von dubiosen Fernost-Plattformen unter den Christbaum legen“, schließt Will.
Kontakt:
Handelsverband Österreich
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