Globale Mindeststeuer & Country-by-Country Reporting: HV traut Einigung auf EU-Ebene nur bedingt. Worten müssen Taten folgen.

Der Handelsverband begrüßt die gestrige Einigung der EU-Staaten und des Europaparlaments auf die Regeln des Public Country-by-Country-Reportings. Konkret sollen Großkonzerne mit einem Jahresumsatz von zumindest 750 Millionen Euro künftig öffentlich publizieren müssen, welche Gewinne sie in den EU-Staaten machen und wie viele Steuern sie dafür bezahlen. Die Regelung umfasst auch jene Steueroasen, die auf der Schwarzen Liste der EU stehen, u.a. Barbados, Macau, Palau, Panama, Samoa und die Vereinigten Arabischen Emirate. Hintergrund: Viele multinationale Konzerne nutzen Tochterfirmen und komplizierte Firmengeflechte, um Gewinne in Länder mit möglichst niedrigen Steuersätzen zu verschieben und so Steuern zu vermeiden. Das geschieht nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit.

„Die bestehenden Steuerschlupflöcher kosten uns in Europa mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr. Allein der weltgrößte Onlinehändler Amazon hat in den letzten 10 Jahren Steuergutschriften in Höhe von 13,4 Milliarden Dollar geltend gemacht. Es ist wohl das größte Versäumnis der Politik, hier jahrzehntelang keine Regelung auf den Boden gebracht zu haben. Im Ergebnis haben sich andere Regionen der Welt ein Vorsprung im Bereich der Digitalisierung erarbeitet, der kaum aufzuholen ist. Das Mindeste ist die faire Besteuerung aller Marktteilnehmer. Seit Jahren finanzieren wir mit unseren Steuergeldern die globale Expansionspolitik von Amazon & Co zulasten der heimischen Wirtschaft und deren Arbeitsplätze. Seit Jahren pochen wir auf einen New Digital Deal. Die Einigung auf das Public Country-by-Country Reporting ist nur der erste zarte Schritt, viele weitere müssen zeitnah folgen. Und zwar ohne jahrelange Übergangsfristen“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

Old Economy wird mit 23% besteuert, New Economy zahlt nur 9%
Die immer stärkere Marktkonzentration im Onlinehandel durch digitale Giganten ohne Betriebsstätte in Österreich ist die Bilanz einer jahrelangen regulatorischen Fehlentwicklung. Niemand versteht, warum die größten Digitalkonzerne im Schnitt nur 9 Prozent an Gewinnsteuern zahlen, während jedes europäische Unternehmen der Old Economy mit durchschnittlich 23 Prozent besteuert wird. Die Einnahmen fehlen dem heimischen Sozialsystem und damit der Bevölkerung. Daher müssen die jahrelangen Ankündigungen jetzt ein Ende haben. Wenn man von EPU, KMU und mittelständischen Betrieben als Rückgrat der Volkswirtschaft spricht, dann müssen sich die Handlungen auch danach richten.

„Der Fokus der Politik muss darauf liegen, Regulierungen zu finden, die Chancengleichheit für alle Betriebe sicherstellen. Alle EU-Bürger sollten etwa die Möglichkeit haben einzusehen, wie viele Steuern die größten Konzerne der Welt in Europa zahlen und wer seine Profite in Steueroasen verschiebt. Jeder weitere Tag, der vergeht, ohne hier etwas zu ändern, führt dazu, dass Arbeitsplätze in Europa abgebaut und in andere Regionen verlagert werden. Corona verschärft das Ungleichgewicht, daher ist die Europäische Union dringend gefordert, für mehr Transparenz zu sorgen und die Steuerschlupflöcher der multinationalen Online-Giganten zu stopfen“, so Will.

Nächster Schritt: Globale Mindeststeuer fixieren & Steuerschlupflöcher schließen.
Online-Giganten dürfen sich Jahr für Jahr über Rekordgewinne freuen, die jedoch gegen „null“ optimiert werden, damit keine Steuerleistungen anfallen. Die Unternehmensmanager haben den Weg der Steueroptimierung auch aus Haftungsgründen zu gehen, daher ist die Politik gefordert, die unfairen Spielregeln zu ändern.

„Eine globale Mindeststeuer von zumindest 15 Prozent ist alternativlos. ‚Bewegung‘ auf OECD-Ebene allein reicht nach all den Jahren nicht. Das Problem ist, dass es bisher nur Worte waren, es fehlen die Taten. Es fehlen Regelungen. Die Uhr tickt und die Menschen verlieren langsam die Geduld, genauso wie die benachteiligte, krisengebeutelte Wirtschaft. Das Argument, dass Ansiedlungen oder Exportleistung unter fairen Steuerregelungen leiden würden, greift im Blick auf die gesamte Volkswirtschaft zu kurz und verbaut unseren Kindern die Zukunft. Es braucht noch heuer eine Einigung auf fairere Steuerregeln“, so Handelssprecher Rainer Will abschließend.

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