Gründerboom bereitet Sorgen
Helmut Brem ist pragmatisiert. Als ihn seine Frau – wie jeden Tag – vor seinem Arbeitsplatz beim Wiener AMS absetzt und er – wie jeden Tag – jammert, wie sehr ihm die Arbeit auf die Nerven geht, schneidet sie ihm das Wort ab: „Entweder du hörst auf zu sudern oder du kündigst.“ Gesagt, getan: Brem geht sofort zu seinem Chef und kündigt den Job auf Lebenszeit. Heute ist er Chef seiner eigenen Werbeagentur Park Communications. Den täglichen Unmut, seinen Arbeitsplatz aufzusuchen, kennen viele. Das bestätigen Studien über den steigenden Anteil jener, die innerlich bereits gekündigt haben. Doch für den zweiten Teil der Brem-Geschichte – die tatsächliche Kündigung und das Aufgeben eines sicheren Jobs – fehlt den meisten einfach der Mut. Unerfüllte Vorstellung Auslöser für eine Kehrtwende während der Karriere gibt es viele: Häufig ist es eine generelle Unzufriedenheit, eine Häufung von Fehlern oder Mobbing am Arbeitsplatz. Oder es taucht im Zuge des Lebensweges ein Thema auf, etwa eine zusätzliche Ausbildung oder ein Hobby, das jemanden so sehr fasziniert, dass er seinen Job dafür aufgeben möchte. Genau das war es bei Gert Humer, der eigentlich einen „tollen Job bei IBM“ hatte. Doch bereits während des Studiums hat Humer angefangen, hobbymässig Wein zu keltern. „Das Thema wurde immer spannender.“ Irgendwann entschied er sich, ganz ins Weingeschäft einzusteigen. Gerade die Aufbauphase war schwierig. Die Familie hat bei dieser Entscheidung jedenfalls eine grosse Rolle für Humer (Weinbau Humer) gespielt: „Ich war so im Arbeitstrott, dass ich nicht mehr sicher war, ob meine Beziehung das aushält.“ Häufig Burnout Eine ähnliche Situation hat Helga Kerschbaum erlebt. Sie war ab 1980 Richterin in Wien, unter anderem am Bezirksgericht Innere Stadt. 1991 wurde sie wegen einer Krankheit dazu gezwungen, in den zeitlichen Ruhestand zu gehen. „Wäre ich nicht krank geworden, hätte ich weiter gearbeitet.“ Heute hält Kerschbaum Vorträge und ist Buchautorin. Wolfgang Luif hatte eine ganz andere Motivation für seinen Umstieg. Er ist allerdings seinem alten Job als Trainer bei SAP zum Teil treu geblieben; seit sechs Jahren arbeitet er aber nur mehr jeweils die Hälfte des Jahres. Die andere Jahreshälfte lebt er in Thailand, wo er aidskranken Kindern das Leben erleichtert. „Mir geht es darum, den Kindern Magic Moments zu bereiten.“ Mit Hilfsprojekten, die er aus eigener Tasche finanziert, ermöglicht er Armen und Kranken einige Glücksmomente. Finanzielle Bedenken |