Interne Präsentation: Amazon ist schon lang ein Problem für die Post

Scheinbar waren die Probleme der Paketsparte bei der Deutschen Post DHL schon länger bekannt. Eine interne Präsentation soll schon seit Mitte Mai vor Ertragseinbrüchen gewarnt haben. Zudem wird Amazon für das Paketgeschäft der Deutschen Post immer mehr zum Problem. Erst vor Kurzem gründete der Konzern vier regionale Transportgesellschaften.

Wie steht es um das Paketgeschäft der Deutschen Post DHL? Am 8. Juni gab Vorstandschef Frank Appel bekannt, dass man im Segment Post – eCommerce – Parcel Division (PeP) erheblich weniger Gewinn erwartet. Das erwartete Konzernergebnis wurde von rund 4,15 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden Euro reduziert, ein Minus von 23 Prozent. Um Schlimmeres zu verhindern, wurde ein 500 Millionen Euro teures Sanierungsprogramm für die PeP-Sparte angekündigt. Die Meldung wirkte sich entsprechend negativ auf den Aktienwert aus.

Prognose: Bis 2022 wird Amazon die Zustellung von 154 Millionen Paketen wohl selbst übernehmen.
Dabei sollen die Probleme in der Paket-Sparte beim Vorstand schon länger bekannt gewesen sein, so das Handelsblatt. In einer internen Präsentation warnte der damalige Chef der Sparte, Jürgen Gerdes, der mittlerweile den Konzern verlassen hat, vor den Ertragseinbrüchen.

Schuld an der aktuellen Situation soll nach Recherchen des Handelsblattes vor allem Amazon sein. „Anders als es Konzernchef Appel bislang darstellte, nagt das US-Internetkaufhaus mit angeschlossenem Logistikbetrieb gleich von zwei Seiten am Gewinn der Bonner“, heißt es dort. Dass Amazon der Deutschen Post DHL zu schaffen macht, ist dabei kein Geheimnis, doch wie hoch das Ausmaß ist, war bisher nicht bekannt. In der internen Präsentation werden erstmals genaue Zahlen genannt. Laut wallstreet-online wird Amazon im Jahre 2022 die Zustellung von 154 Millionen Paketen wohl selbst übernehmen. Damit würden der Post nur noch 360 Millionen Paketsendungen bleiben. Amazon soll 17,6 Prozent des DHL Paketvolumens ausmachen.

Amazon nimmt seine Logistik selbst in die Hand.
Dass Amazon seine Logistik selbst in die Hand nimmt, ist auch schon seit einiger Zeit bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass Amazon in „ganz Deutschland ein eigenes Zustell-System aufziehen“ will, was laut wallstreet-online dazu führen würde, dass von der Post 2020 eingeplante Gewinne in Höhe von voraussichtlich 115 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern fehlen würden. Dass Amazon sich in der Logistik selbstständiger machen will, zeigen auch die Entwicklungen aus den letzten Jahren. Bereits seit Oktober 2015 hat Amazon damit begonnen, Pakete in Eigenregie im Münchner Großraum auszuliefern. Im März 2018 folgte Bonn.

Die Deutsche Post ist dabei nicht das einzige Opfer von Amazons Logistik-Bestrebungen. In den USA hat Amazon Mitte Februar angekündigt, einen eigenen Lieferdienst starten zu wollen und diesen auch für externe Unternehmen verfügbar zu machen. Die Aktie von UPS sackte nach Bekanntwerden zwischenzeitlich um acht Prozent ab, für FedEx ging es um sieben Prozent nach unten. In Deutschland hat Amazon in den letzten Monaten zudem weitere Transportgesellschaften gegründet. Bei northdata ist nachzulesen, dass die neuen Gesellschaften vor allem „logistische Dienstleistungen, insbesondere Transport, Umschlag und Lagerung“ als Gegenstand haben.

Preisanpassungen? Hermes soll 15 Prozent günstiger sein.
Amazon ist aber nicht die einzige Baustelle, die die DHL hat. Was die Paketpreise angeht, soll die DHL 15 Prozent über denen des Konkurrenten Hermes liegen. Und dennoch heißt es immer wieder, dass man beim Bonner Konzern überlege, die Preise anzupassen. So weit ist es zwar noch nicht, doch wie die OnlinehändlerNews schreiben, will bzw. muss die DHL die Einnahmen und Gewinne pro Paket erhöhen. Zu diesem Zwecke plant das Unternehmen, bestehende Verträge mit Großkunden zu überprüfen, um eventuell auch unrechtmäßig vergebene Rabatte zu finden und entsprechende Änderungen vorzunehmen. Zudem überlege man, Zuschläge für steigende Treibstoffpreise oder grundsätzlich höhere Transportkosten anzulegen.

Das Thema Preise und Großkunden ist zudem auch ein äußerst sensibles. Im Vorstandsbericht wird der Ertrag eines Paketes, das von Amazon Marketplace Händlern selbst versendet wird, mit 34,5 Cent angegeben. Der Gewinn bei Paketen, die direkt von Amazon versendet werden, liegt hingegen bei gerade einem rund 21 Cent. Die erhebliche Differenz bei den Gewinnbeträgen liegt vor allem im unterschiedlichen Paket-Preisniveau. Der Preisdruck in der KEP-Branche ist hoch. Die Konkurrenz, allen voran Hermes, soll im ersten Quartal 2017 mehr Neuaufträge als die Brief- und Paketsparte der Post erhalten haben. Und eben unter anderem auch von Amazon. Denn während das Paketvolumen von Amazon in Q1 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent stieg, nahmen die Aufträge des US-Riesen an DHL nur um 17 Prozent zu. Nach Recherchen des Handelsblattes bleibt die PeP-Sparte der Post damit weit hinter den Erwartungen zurück. Eigentlich wollte man im ersten Quartal 2017 die Vorjahresmenge von Amazon um 27 Prozent auf 87,2 Millionen steigern. Am Ende reichte es jedoch nur zu 80,1 Millionen.

Die Deutsche Post DHL hat sich bisher nicht zu der internen Präsentation geäußert. Gegenüber dem Handelsblatt ließ ein Post-Sprecher verlauten, dass man sich „weder zu internen Besprechungen noch zu Verhandlungen mit Partnern“ äußern würde. Es bleiben also weiterhin einige Fragezeichen, wenn es um das Paket-Geschäft der Deutschen Post DHL geht. Sicherlich kann man aber davon ausgehen, dass in den kommenden Wochen und Monaten noch einige Details ans Licht kommen werden.

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