Lehrlinge aus Österreich sind Weltspitze
Zurufe von Aussen sind auf dieser 38. Berufsweltmeisterschaft Helsinki 2005 (Worldskills) unerwünscht. Die fast 700 Teilnehmer aus 40 Nationen, die in den vergangenen Tagen in 34 offiziellen und fünf Demonstrationsberufen um Gold, Silber, Bronze oder um ein Diplom kämpften, sollten ungestört an ihren Projekten arbeiten. Die Besucher, die zu Zehntausenden in die sechs Hallen und das Aussengelände der Helsinki Messe strömen, halten sich auch daran. Dicht gedrängt stehen Erwachsene und Junge, Eltern, Lehrer, Schüler und Fachleute an den Banden der abgezirkelten Berufsbereiche und staunen über die Fertigkeiten der Lehrlinge aus aller Welt. Manche Berufe, wie Koch, Restaurantbedienung oder Schweisser, sind teils aus Hygiene-, teils aus Sicherheitsgründen noch stärker abgeschottet – mit höheren Glaswänden und der Aufschrift, nicht zu stören bzw. nicht mit den Wettbewerbsteilnehmern zu sprechen. Sie müssen sich ein bisschen wie Tiere im Zoo fühlen hinter ihrem Glasverbau. Trotzdem ist kaum Unsicherheit zu merken. Die 21-jährige Villacher Köchin Patricia Kaspar schabt beispielsweise übergenau an einem Lammripperl und ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Sie ist eine von insgesamt 26 österreichischen Lehrlingen, die die nationalen Bewerbe in ihren Berufszweigen gewonnen haben und nach Helsinki zu den Worldskills reisen durften. Begleitet von einem Experten, der mit den Experten anderer Nationen die Bewertung vornimmt. Unser Kfz-Mechaniker Markus Kogelmann stammt aus Gmünd in Niederösterreich und arbeitet im Raiff- eisen Lagerhaus Gmünd-Vitis. Zwischen den einzelnen Handgriffen gibt’s doch einige Fragen vom WirtschaftsBlatt, die Kogelmann ohne aufzublicken kurz beantwortet. Der 22-Jährige lässt sich nicht ablenken. Während er seinen Motor fertig stellt, macht neben ihm sein koreanischer Kollege vor einem halbfertigen Motor momentan einen etwas ratlosen Eindruck. Die rasch zugeworfenen Glückwünsche freuen Kogelmann, die Silbermedaille hat er aber ausschliesslich seinem Können zu verdanken. Moralische Unterstützung ist notwendig. Das will Gerhard Liebenauer, Hafnermeister und Fliesenlegermeister aus Zwettl in Niederösterreich, seinem Lehrling, dem 22-jährigen Matthias Dastl aus Gutenbrunn, durch seine Präsenz zeigen. „Der Matthias ist ein guter Mann“, sagt Liebenauer, „sonst wär‘ er nicht hier.“ Dastl hat die Aufgabe, ein Badezimmer mit einem Santa-Claus-Motiv samt Rentier zu verfliesen. Er erledigt die Aufgabe mit Bravour und gewinnt die Bronzemedaille. Unschlagbar sind die Österreicher in den Traditionsberufen Maler, Maurer und Res-taurantservice. Hannes Mairhofer aus Neukirchen am Walde in Oberösterreich studiert ganz ruhig seinen Plan und macht sich dann an die Errichtung eines komplizierten Maueraufbaus – mit Wienerberger-Ziegeln. Neben ihm müht sich ein zartes japanisches Mädchen mit einer Scheibtruhe voll Mörtel ab. Die Goldenen Die Zuschauer kommentieren als „Experten“, wie sie mauern würden. Mairhofer gewinnt jedenfalls mit seiner Art die Goldmedaille, ebenso wie der Steirer Marian Schweiger. Der Kinnbärtchenträger malt sich professionell an die Weltspitze. Diese Spitze erklimmt auch Stefan Köb im Bereich Restaurantservice. Ausserordentlich gut schlagen sich die Österreicher auch in den modernen Berufen eines Mechatronikers oder Polymechanikers. Betreut von Hermann Studnitzka, dem Leiter der Didaktik beim Automatisierer Festo, offizieller Experte bei der Berufs-WM, erreichen die Voestalpine-Stahl-Lehrlinge Michael Haunschmied und Markus Koglgruber unter 26 Teams den achten Rang – und ein Diplom. Als Mechatroniker sind aber die Japaner unschlagbar, Studnitzka ist von ihrer ungeheuren Präzision beeindruckt. Mit Instrumenten vollgespickt, die sie je nach Bedarf zücken, wirken sie selbst wie die Automaten, die sie herstellen sollen. Begeistert ist auch Experte Klaus Holzer vom Beschlägehersteller Blum von seinem Schützling, dem 21-jährigen Alexander Flatz. Der ist Polymechaniker. Der neue Beruf fasst Werkzeugmacher, Maschinenschlosser und Feinmechaniker zusammen. Flatz schleift, fräst, misst an seiner Maschine – und erreicht damit Platz fünf und ein Diplom. |