Nachhaltige Verpackungslösungen

Konsumenten fordern von Händlern nachhaltige alternative Verpackungslösungen, Händler wollen dem Rechnung tragen. Immer im Blick: die Wirtschaftlichkeit. Dabei gibt es durchaus bereits etliche, für Retailer praktikable, Lösungen. Ein kleiner Überblick über derzeitige Ansätze.

Beitrag: Dunja Koelwel.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind Themen, an denen auch Onlinehändler Zalando nicht vorbei kommt: Anhand eines Piloten experimentiert das Unternehmen seit Herbst 2019 mit alternativen Verpackungsmethoden. Seit September erhielten rund 10.000 zufällig ausgewählte Testpersonen in Finnland, Norwegen, Schweden sowie Dänemark ihre Ware von Zalando nicht mehr im Pappkarton, sondern in einer bunten Kunststofftasche des Dienstleisters RePack.

Kunden müssen die Tasche an Zalando zurücksenden, sobald sie ihre Bestellung erhalten haben – selbst, wenn sie alle Artikel behalten wollen. Nach einiger Zeit wurde der Pilot sogar auf 40.000 Sendungen erweitert. Noch stehen die ersten Erkenntnisse aus dieser Pilotphase aus, aber eines wird schon jetzt deutlich: Die Diskussion und das Vermeiden von Verpackungsmüll wird auch für Onlinehändler eines der wichtigen Themen der kommenden Jahre, mit dem sich Unternehmen frühzeitig beschäftigen sollten.

Verpackungsweltmeister – unrühmlicher Titel.
Und das ist auch dringend geboten, denn laut dem Statistischen Amt der EU wirft jeder Deutsche pro Jahr rund 220 Kilo an Verpackung weg. Wir sind hier unrühmliche Europameister, obwohl die Bereitschaft zur Veränderung gegeben ist. Eine Befragung im Auftrag des Beratungshauses PWC ergab, dass der großen Mehrheit der deutschen Verbraucher die Nachhaltigkeit von Verpackungen wichtig ist und den Einsatz von recyclebarem Material begrüßen. Ein vielversprechender Ansatz, um Verpackungen im Handel nachhaltiger zu gestalten, ist das Konzept der Kreislaufwirtschaft. Der Kern besteht darin, die eingesetzten Rohstoffe länger und häufiger zu nutzen. Die sogenannte „Circular Economy“ ermöglicht es, den Lebenszyklus durch Wiederverwertung, Wiederverwendung, Demontage oder Wiederaufbereitung eines Produktes zu verlängern. Erfolgreiche Beispiele in verschiedenen Verpackungsbereichen gibt es bereits.

Zwei Dekaden Erfahrung: Mehrweg-Versandsystemen.
Als Versandhändler verkauft die memo AG ihr Sortiment, bestehend aus Bürobedarf und –möbeln, Werbeartikeln sowie Alltagsprodukten, über drei Onlineshops sowie Kataloge und Werbemedien. In allen anderen Geschäftsbereichen, berücksichtigt memo seit Gründung die Kriterien der Nachhaltigkeit. Lothar Hartmann, Leitung Nachhaltigkeitsmanagement bei memo, erzählt von den Anfängen: „Bereits im Jahr 1998 war memo Pilotpartner bei der Einführung der „Postbox“, einem Mehrweg-Versandsystem der Deutschen Post. Als dieses System Ende 2008 eingestellt wurde, entwickelte memo auf dieser Basis das Mehrweg-Versandsystem „memo Box“. Mittlerweile ist die „memo Box“ seit über zehn Jahren im Einsatz und setzt im Branchenvergleich ökologische Maßstäbe – etwa 25 Prozent der Paketsendungen werden damit versendet.

Die Kunden von memo finden diesen Einsatz gut: „Mittlerweile versenden wir etwa 25 Prozent unserer Paketsendungen mit der „memo Box“. Das Feedback der Kunden dazu ist seit Beginn an positiv. Und natürlich stehen auch unsere Mitarbeiter voll hinter dem Mehrweg-Versandsystem“, so Lothar Hartmann.

Alternative Optionen bei Verpackungen.
Wie Kreislaufwirtschaft in einem Unternehmen in der Praxis funktioniert, beweist auch Reinhard Schneider, Öko-Pionier, Inhaber und Geschäftsführer der Werner & Mertz-Gruppe. Das Mainzer Familienunternehmen in vierter Generation und Hersteller der Marke Frosch setzt sich gemeinsam mit seinen Partnern in der Recyclat-Initiative für einen echten Kreislauf des Verpackungsmülls ein, in welchen auch Kunststoff-Verpackungen aus dem Gelben Sack eingebunden werden. Statt eines Downcyclings des Plastiks zu minderwertigen Materialien oder gar dessen Verbrennung, können durch den Einsatz modernster Sortiertechnik hochwertige Recyclate ohne den Einsatz von Rohöl hergestellt werden. Ein weiteres Beispiel ist auch Tetra Pak, das auf Zuckerrohr bei der Herstellung biobasierter Verpackungen setzt. Tetra Rex Kartons für gekühlte Milchprodukte bestehen ausschließlich aus zuckerrohrbasiertem Kunststoff und Karton.

Noch in der experimentellen Phase sind auch Wasserflaschen, die in Zukunft aus biologisch abbaubarem Material sein könnten: So hat beispielsweise ein isländischer Produktdesign-Student eine Flasche entworfen, die – solange sie gefüllt ist – ihre Form behält. Danach beginnt der Abbauprozess. Das zugrunde liegende Material ist Agar, einer aus Algen gewonnen Substanz. Zu derzeit ebenfalls getesteten Verpackungsoptionen gehört eine strapazierbare Folie aus in Milch enthaltenen Casein-Proteinen, die luftundurchlässiger und haltbarer als Plastik ist – und essbar. Sie könnte beispielsweise bei Pizza Kartons oder Cornflakes zum Einsatz kommen.

Back to the roots – Füllmaterial.
Füllmaterial hat nur eine Aufgabe: Pakete füllen und Leerräume beseitigen. Nachwachsende Rohstoffe werden auch hier immer gefragter und zeigen Konsumenten, dass man als Händler die Themen Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit ernst nimmt. Das wohl hier verbreitetste Material ist Holzwolle. Das Material ist nicht nur dekorativ, sondern umhüllt auch empfindliche Artikel bestens. Ein weiterer Vorteil: Sie ist leicht und 100 Prozent biologisch abbaubar. Aber auch nachhaltig hergestellte Verpackungs-Chips, die Flocken, erfreuen sich zunehmender Akzeptanz. Aus Maisstärke hergestellt sind sie eine umweltfreundliche Variante zu Verpackungs-Chips aus Polystyrol. Ganz natürlich geht es auch beim Startup Landpack zu, das für den Kühlversand Stroh statt Styropor nutzt, denn Stroh hat ebenso gute isolierende Eigenschaften wie Styropor. Der Handel greift diese Optionen bereits auf, etwa Alnatura oder Feinkost Käfer.

Avery Dennison geht noch einen Schritt weiter: Das Unternehmen hat zuletzt eine biobasierte PE-Folie vorgestellt, die aus Zuckerrohr-Ethanol hergestellt wird. Damit lässt sich dann eine weiße oder transparente Variante für den Etikettendruck herstellen.

Alles im Lot? Anregungen und Kritikpunkte.
Die Verbraucher fordern es, Hersteller und Händler könnten es – ist damit also der Weg frei zu künftig mehr nachhaltigen Lösungen rund um das Thema Verpackung? Lothar Hartmann von memo spricht offen über die Schwierigkeiten: „Die größte Herausforderung bei der Implementierung des Mehrweg-Versandsystems war die organisatorische und technische Integration in die Unternehmensprozesse. Für einen erfolgreichen Betrieb ist es beispielsweise unabdingbar, die Abwicklung über das ERP-System zu steuern und entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Darüber hinaus entstehen Mehrkosten, zum Beispiel für die Retourenabwicklung, die wir nicht an unsere Kunden weitergeben.“

Auch die stetige Weiterentwicklung des Systems erzeugt Mehraufwand. So besteht die „memo Box“ seit Herbst 2016 aus Recyclingkunststoff aus Haushaltsabfällen. „Durch diese Maßnahme konnten wir die Treibhausgasemissionen bei der Herstellung der Box um bis zu 30 Prozent verringern. Gleichzeitig sind jedoch auch die Herstellungs-kosten für die Box gestiegen“, so Hartmann. Er rät daher Händlern: „Es lohnt sich auf jeden Fall, über ein Mehrweg-Versandsystem nachzudenken. Allerdings kann ein derartiges System in der Regel nicht eins zu eins auf jedes andere Unternehmen übertragen werden. Neben dem bereits erwähnten finanziellen Aufwand ist die technische und organisatorische Anbindung an bestehende Logistiksysteme nicht zu unterschätzen.“  (DK)

(AM)

E-Magazin Archiv: LOGISTIK express Journal 1/2020  https://epaper.logistik-express.com/

 

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