Pilotprojekt: Blockchain macht Palettentausch effizienter

Blockchain bedeutet mehr als nur die Anwendung einer Technologie – Blockchain heißt auch: kultureller Wandel. So ein wesentliches Fazit des bundesweit größten unternehmensübergreifenden Blockchain-Pilotprojekts.

Stellvertretend für die insgesamt 36 Projekt-Teilnehmer präsentierten Dr. Oetker, Lekkerland, Nagel-Group, PwC, SAP und GS1 Germany der Öffentlichkeit am Donnerstag die wichtigsten Erkenntnisse aus der nun abgeschlossenen Initiative. Seit März erarbeiteten die Teilnehmer aus Handel, Industrie, Logistik, Wissenschaft, Gründer-Szene und Verbänden unter dem Dach von GS1 Germany eine Blockchain-basierte Lösung für den offenen Palettentauschprozess. Im Oktober führten sie einen Praxistest im realen Tagesgeschäft durch.

Neben der grundsätzlichen Erprobung von Blockchain stand insbesondere eine Frage im Fokus: Kann die Technologie die Zettelwirtschaft im Palettentausch digitalisieren? „Die Antwort lautet zunächst einmal ja“, sagt Christian Grotowsky, Managing Director der Lekkerland IT-Tochter Lekkerland information systems. „Der Palettenschein lässt sich mit Blockchain digitalisieren und in einer App abbilden. Der Tauschprozess wird an mehreren Stellen effizienter. Sowohl an den Laderampen als auch in der Belegabwicklung ist der Effekt spürbar geworden.“ Ein weiterer Nachweis für den qualitativen Nutzen der Technologie: Die meisten Mitarbeiter, die den Palettentauschprozess mit Blockchain in ihrem realen Tagesgeschäft getestet haben, würden die mobile Anwendung gern weiterhin nutzen, statt Palettenscheine händisch auf Papier auszufüllen und abzuheften.

Realer Test für belastbare Erkenntnisse

„Uns war es wichtig, den Test so realitätsnah wie möglich umzusetzen, um belastbare Erkenntnisse über Blockchain zu gewinnen“, sagt Dr. Simon Papies, Hauptabteilungsleiter Logistik bei Dr. Oetker. 17 Unternehmen haben daher im Oktober nach monatelanger Planung und Vorbereitung an bundesweit 20 Lagerstandorten innerhalb von zwei Wochen rund 600 Palettentauschvorgänge mit Blockchain realisiert. Dafür wurden auch 13 Knoten bei unterschiedlichen Projekt-Teilnehmern installiert. „Wir haben als Logistikunternehmen den Test mit unserem echten Supply-Chain-Partner Dr. Oetker durchgeführt – mit echten Paletten, echten LKW und echten Daten“, erklärt Tobias Siekmann, Head of Corporate Loading Equipment Management bei der Nagel-Group.

Torsten Zube, Leiter Blockchain bei SAP, betont in diesem Zusammenhang: „Das Projekt hat gezeigt, dass die Anforderungen aller Teilnehmer des Palettentauschprozesses mit der MultiChain-Technologie umgesetzt werden können.“ Auch das Zusammenwirken verschiedener Cloud-Infrastrukturen stellte laut Zube kein Problem im Verlauf dar. Sein Fazit: „Blockchain-Projekte lassen sich rein technisch unkompliziert umsetzen, solange Interoperabilität gewährleistet werden kann. Offenheit ist daher nicht nur in der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Unternehmen, sondern auch technologisch ein absoluter Erfolgsfaktor.“

Mehrwert auf politisch-organisatorischer Ebene.
Doch was ist nun der wirkliche Mehrwert von Blockchain? Denn, so ein weiteres Fazit aus dem Test: Der Palettentausch ließe sich auf technischer Ebene auch ohne Blockchain und stattdessen mit einer anderen Lösung digitalisieren und umsetzen. „Der große Mehrwert von Blockchain lag in unserem Projekt auf politisch-organisatorischer Ebene verborgen“, sagt Eric Stettiner, Director und Experte für Enterprise Architecture bei PwC Deutschland. „Die zugrundeliegende Distributed Ledger-Technologie besitzt den Vorteil, dass Unternehmen ihre Daten in dezentrale Transaktionsdatenbanken geben und sie nicht einer einzigen zentralen Instanz anvertrauen müssen. Das hilft, Vorbehalte ab- und Vertrauen aufzubauen.“

Vertrauen kommt vor Blockchain.
Vertrauen ist ein wichtiges Stichwort, das im Zusammenhang mit Digitalisierung und Blockchain oftmals noch unterschätzt wird, weiß Regina Haas-Hamannt, Head of Innovation bei GS1 Germany. „Wir haben im Projekt am eigenen Leib erfahren, dass Vertrauen nicht automatisch durch Blockchain entsteht. Im Gegenteil – erst einmal herrscht Misstrauen gegenüber solch einer neuen, digitalen Technologie: Betriebsräte bangen um Arbeitsplätze, Manager um Datenhoheit, Anwender vertrauen Papier mehr als einer digitalen Anwendung. Maßnahmen wie Mitarbeiterschulungen sind daher unabdingbar.“ Und auch der Mut zur Transparenz wächst erst mit dem Vertrauen in die Technologie und in die Netzwerkpartner. Im Projekt entschieden sich die Teilnehmer letztlich für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit – und damit für Transparenz über die gesamte Tauschhistorie zweier Geschäftspartner. „Für viele Unternehmen ein großer Schritt, denn selbst bei weniger heiklen Daten wie Palettenkontoständen existieren Befindlichkeiten hinsichtlich Datenschutz, Privacy oder wettbewerbsrelevanter Informationen“, so Haas-Hamannt.

Wettbewerber rücken zusammen.
Alles in allem haben die Teilnehmer auf allen Ebenen dazu gelernt – über Blockchain, ihre eigenen unternehmensinternen Prozesse, ihre Supply Chain-Partner und neue Formen der Kollaboration. „Im Rahmen des Projekts ist ein echtes Partnernetzwerk entstanden, das sogar Wettbewerber einander nähergebracht hat“, so Haas-Hamannt. Einige Projekt-Teilnehmer werden die Initiative darum im kommenden Jahr zusammen mit GS1 Germany fortführen und weitere Themenfelder rund um Blockchain beleuchten und erproben.

Quelle: GS1, Bild: GS1 Germany / Reinhard Rosendahl

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