Supply Chains matter! Was zählt, sind die Lieferketten

Der Deutsche Logistik-Kongress 2022 bringt noch bis morgen in Berlin unter dem Motto „Supply Chains matter!“ rund 2.000 Fach- und Führungskräfte aus dem Wirtschaftsbereich Logistik zusammen. Hier diskutieren die Expertinnen und Experten unter anderem, wie die Lieferketten im von Engpässen und Krisen geprägten „new normal“ aufrechterhalten werden können.

Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorstandsvorsitzender der BVL: „So, wie es vor den derzeitigen Störungen in den Lieferketten war, wird es nicht mehr werden. Wenn wir die derzeitigen Krisen bewältigt haben, werden andere in den Vordergrund treten und neue Herausforderungen bringen. Resilientere Lieferketten erfordern in vielen Prozessen radikales Umdenken – nicht zuletzt vom bisherigen Primat der „Kosten“ hin zu den neuen Prioritäten „Verlässlichkeit“ und „Nachhaltigkeit“. Logistik ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und somit auch unserer freien Gesellschaft. Es ist besonders wichtig, sich in Situationen wie dieser unter Freunden auszutauschen – ‚Friendshoring of knowledge‘ sozusagen.“

Während der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland in den Lieferketten inzwischen weitgehend berücksichtigt sind, wendet sich der Blick vieler Produktionsunternehmen mit Sorge auf die Entwicklungen in China. Thomas Heck, Partner und Leiter der China Business Group bei PwC, sieht auch nach dem jüngsten Parteikongress noch keine Entspannung in Bezug auf die Zero Covid-Strategie in China. „Viele Unternehmen streben zwar kein komplettes De-Coupling an, aber es gibt ein erhöhtes Risikobewusstsein in Bezug auf die eigenen Aktivitäten in China“, so der Experte.

Neue Zahlen von Fraunhofer und den Logistikweisen

Pünktlich zum Deutschen Logistik-Kongress hat die Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS wieder ein Update zu den Top 100 der Logistik veröffentlicht. Danach ist die deutsche Logistikwirtschaft 2021 um 5,0 % auf 294 Mrd. Euro gewachsen (nach +2,5 % in 2019 und -1,8 % in 2020). Mit 3,36 Mio. Erwerbstätigen im Wirtschaftsbereich waren über 100.000 Personen mehr mit operativen und administrativen Logistikaufgaben beschäftigt als im Vorjahr.

Ebenfalls zum Kongress liegt auch die Zusammenfassung des Herbst-Gipfels der Logistikweisen vor. Das vom BVL-Marktexperten Prof. Dr. Christian Kille (Hochschule Würzburg-Schweinfurt) initiierte Gremium geht für 2022 von einem nominalen Wachstum von 8,5 % aus, das vor allem auf steigende Kosten und Preise zurückzuführen ist. Die Wirtschaftsleistung würde damit auf 319 Mrd. Euro steigen. Real wird eine Steigerung von lediglich 0,6 % angenommen. Kille erwartet für 2022 eine Beschäftigtenzahl in der Logistik von 3,35 Mio. – etwas weniger als 2021.

Eine Prognose für 2023 können die Logistikweisen aufgrund der volatilen Lage zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeben.

Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der BVL, Mitglied der Logistikweisen und zuletzt lange in der Fraunhofer-Arbeitsgruppe tätig, schätzt die Lage wie folgt ein: „Es sind keine leichten Zeiten. Wir sehen aktuell ein fast ausschließlich inflationsgetriebenes Wachstum, dazu kommt noch der Druck zur Erreichung der Klimaziele. Auf die Volatilität sollten Unternehmen mit flexibleren Partnerschaften, mehr Transparenz und konkreten Maßnahmen zur CO2-Reduktion reagieren. Die strategischen Themen dürfen nicht überlagert werden von den operativen Trends der angespannten Energieversorgung, Ressourcenengpässe, Lieferkettenunterbrechungen und dem Fachkräftemangel.“

Der Parlamentarische Staatsekretär Oliver Luksic, der auch Logistikkoordinator der Bundesregierung ist, würdigte indes die Innovationsgeschwindigkeit des Wirtschaftsbereichs: „Es gibt keine Branche, die sich so schnell anpasst auf veränderte Bedingungen wie die Logistik“, so Luksic am Mittwoch bei seiner Rede im Plenum.

Weiteres Kongressprogramm: Von Geopolitik bis Nico Rosberg

Um die Auswirkungen der geopolitischen Krisen auf die Logistik dreht sich die Podiumsdiskussion „Geopolitik als Gamechanger für Supply Chain Management?“ am Kongressdonnerstag. Wie wird sich die neuerliche Blockbildung in der Welt auf den Handel auswirken? Welche Bedeutung haben unterschiedliche Werteordnungen von Gesellschaften für die Gestaltung des internationalen Handels? Was bedeutet ein Krieg in Europa für das mittelfristige Investitionsklima? Wie verändert die Transformation im Energie-Sektor auch die Logistik? Diese und andere Themen diskutieren die Teilnehmenden des Panels mit Blick auf die Frage, worauf sich die Verantwortlichen des Wirtschaftsbereichs Logistik werden einstellen müssen. Es diskutieren u.a. Burkhard Eling, CEO Dachser Group, Dr. Thomas Hueck, Chef-Volkswirt bei Robert Bosch und Dr. Kirsten Westphal, Executive Director bei der H2Global Stiftung. Der Deutsche Logistik-Kongress endet am Freitag mit einem Schwerpunkt auf Start-ups in der Logistik, E-Commerce und Nachhaltigkeit. Unter anderem wird Nico Rosberg, Greentec-Investor und Formel 1-Weltmeister von 2016, zum Thema digitale Geschäftsmodelle für mehr Nachhaltigkeit bei KMU sprechen.

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