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Trend zur Selbständigkeit: Chancen und Risiken in der Logistikbranche

Es ist kein Geheimnis, dass die Logistikbranche in den vergangenen Jahren großen Veränderungen unterliegt. Diese stehen aber längst nicht nur mit der Digitalisierung im Zusammenhang, sondern es lassen sich auch weitere zukunftsweisende Trends beobachten.

Diese betreffen die Lieferketten, die Nachhaltigkeit, aber auch die Selbständigkeit. Denn in der Branche lässt sich ein Trend zur Selbständigkeit beobachten, der durch die Politik aktiv gefördert wird. Die Logistik 4.0 bietet dafür hervorragende Startvoraussetzungen. Dennoch ist der Weg in die Selbständigkeit als Spediteur, mit einem Logistikunternehmen oder als Solo-Selbständiger alles andere als einfach. Es gilt, verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen, grundlegende Kenntnisse sowie Fähigkeiten rund um das Unternehmertum zu besitzen und zu verstehen, wie die Branche funktioniert.

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Es gibt viele „selbständige“ Wege in die Branche.
Die Veränderungen und Diversifizierung in der Logistikbranche bringen optimale Voraussetzungen für eine Gründung. Die Selbständigkeit ist beispielsweise als Solo-Selbständiger oder mit Mitarbeitern möglich. Sie kann als Spediteur, IT-Spezialist für die Logistik oder in allen verwandten Tätigkeitsbereichen durchgeführt werden. Es gibt klassische Geschäftsmodelle wie das spezialisierte Transportunternehmen oder innovative Geschäftsideen wie der Kurierdienst mittels Drohne. An Ideen mangelt es der Branche jedenfalls nicht. Genau diese vielfältigen Möglichkeiten machen die Selbständigkeit als Arbeitsmodell in der Logistik derzeit immer beliebter. Sie bringt aber nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Denn die Konkurrenz ist dementsprechend groß und nur, wer ein tragfähiges Geschäftsmodell mit klaren Zielsetzungen, USPs und Finanzverhältnissen hat, kann sich nachhaltig am Markt etablieren und somit langfristig gegen die Konkurrenz durchsetzen.

 

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Die Chancen der Selbständigkeit (auch) in der Logistik.
Eine Gründung will somit wohlüberlegt sein und schrittweise angegangen werden. Es gilt dabei zu prüfen, welches Kapital und welche Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Empfehlenswert ist außerdem, sich langsam an die Selbständigkeit heranzutasten. Glücklicherweise bietet die Logistikbranche dafür in vielen Bereichen hervorragende Möglichkeiten. So ist es beispielsweise möglich, den Fuhrpark und die Mitarbeiteranzahl schrittweise zu erhöhen und damit auch die Investitionen. Ebenso gibt es immer mehr Arbeitsmodelle als Freiberufler, bei denen nur kleine Anschaffungen notwendig sind, beispielsweise ein Laptop, um durchstarten zu können.

Eine zunehmend beliebte Option ist die Selbständigkeit als Fahrer in einem Transportunternehmen. Diese Sonderform ermöglicht, die Vorteiler beider „Welten“ zu nutzen, sprich die Freiheit und Eigenverantwortung der Selbständigkeit, aber auch die Planbarkeit eines Angestelltenverhältnisses. Als drittgrößter Wirtschaftsbereich in Deutschland bietet die Logistikbranche somit zahlreiche Chancen, um sich selbständig zu machen. Wer richtig an die Sache herangeht, genießt hervorragende Zukunftsaussichten und überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten.

Diese Risiken müssen einkalkuliert werden.
Allerdings bedeutet die Selbständigkeit stets auch ein Risiko. Dazu gehört das übliche unternehmerische Risiko, welches unabhängig von der Branche besteht. Scheitert der Gründer, kann das eine hohe Verschuldung bis hin zu einer Privatinsolvenz bedeuten. Wer schwerwiegende Fehler wie eine Insolvenzverschleppung begangen hat, muss sich unter Umständen sogar vor Gericht verantworten. Für Solo-Selbständige ohne oder nur mit kleinen Anfangsinvestitionen sind diese Risiken überschaubar. Allerdings warten auf sie andere Gefahren in der Logistikbranche: Wer sich für die Arbeit als selbständiger Fahrer entscheidet, kann in die sogenannte Scheinselbständigkeit rutschen. Das hat zwar für den Auftraggeber schwerwiegendere Folgen als für den Auftragnehmer, kann aber das Ende dessen Selbständigkeit bedeuten.

Weiterhin bedeutet das selbständige Arbeiten häufig mehr Stress, da viele zusätzliche Tätigkeiten wie die Buchhaltung selbst übernommen werden müssen – neben der eigentlichen, bezahlten Arbeit. Dadurch können sich die Arbeitszeiten und der Zeitdruck, die in der Logistik häufig schon im Angestelltenverhältnis zum Problem werden, weiter verschlimmern. Auch die Bezahlung ist nicht immer ausreichend, um sämtliche Nebenkosten zu decken, denn Selbständige müssen grundlegend anders kalkulieren und brauchen für dasselbe Netto ein höheres Brutto. Nicht in jedem Fall lohnt sich die Gründung daher aus persönlicher oder finanzieller Sicht. Es gilt, das Pro und Contra im Einzelfall abzuwägen.

Finanzielle und steuerliche Konsequenzen.
Gewisse Investitionen sind fast immer zu Beginn einer Selbständigkeit notwendig. Während – wie bereits erwähnt – für einen IT-Dienstleister in der Logistik eventuell ein Laptop oder ähnliche kleinere Anschaffungen ausreichen, kann der Kapitalbedarf bei der Gründung größerer Unternehmen wie einer Spedition mit einem eigenen Fuhrpark im sechsstelligen Bereich oder darüber liegen. In der Regel benötigt der Gründer daher neben dem Eigen- auch Fremdkapital. Die Geldgeber fordern jedoch einen überzeugenden Businessplan, um in das Unternehmen zu investieren. Diesen zu erstellen, ist deshalb der erste sinnvolle Schritt auf dem Weg in die Selbständigkeit – auch, um sich selbst einen Leitfaden an die Hand zu geben. Es gibt jedoch Möglichkeiten, um die laufenden Kosten zu minimieren, beispielsweise das Leasing anstelle des Kaufs von Fahrzeugen.

In jedem Fall ist es wichtig, solche Optionen abzuwägen und mit dem Steuerberater zu besprechen. Denn Selbständige und Unternehmer genießen deutlich mehr Steuervorteile als Arbeitnehmer. Sie können also höhere Beträge als Betriebsausgaben absetzen, auch über die Werbungskosten und verschiedenen Arten der Sonderausgaben hinaus, und dadurch ihre Steuerlast mindern. Ein auf die Logistikbranche spezialisierter Steuerberater ist daher ein wichtiger Helfer, nicht nur zu Beginn, sondern während der gesamten Selbständigkeit. Dieser kann außerdem bezüglich Fördermöglichkeiten in der Gründungsphase oder in wirtschaftlich schwierigen Zeiten beraten. Wer sich für die Selbständigkeit entscheidet, benötigt demnach eine ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit, auch ohne Geldgeber, und einen kompetenten Steuerberater an der Seite. Vor allem aber bedarf es lukrativer Aufträge, um sich am Markt etablieren und halten zu können. Ansonsten kommen selbst steuerliche Vorteile oder gute Startvoraussetzungen nicht zum Tragen.

Diese Voraussetzungen sollten Gründer erfüllen.
Die Unternehmerpersönlichkeit sei daher der erfolgsbestimmende Faktor, wird immer wieder behauptet. Diese Aussage hat durchaus einen wahren Kern – auch in der Logistikbranche. Denn der Gründer muss einige Voraussetzungen erfüllen, um für die Selbständigkeit geeignet zu sein. Dazu gehört die fachliche Eignung. Es empfiehlt sich somit nicht, als Laie in der Logistik durchstarten zu wollen, sondern vorher Erfahrungen mit der Branche zu sammeln und Kontakte zu knüpfen. Diese können in der Selbständigkeit viele Türen öffnen. Ebenfalls ist es sinnvoll, sich das notwendige Knowhow zur Branche und dem Unternehmertum im Allgemeinen anzueignen, sei es durch Bücher, Weiterbildungen, Seminare & Co. Weiterhin bedarf es einer persönlichen Eignung, sprich der Selbständige muss gewisse Talente und Charakterzüge mitbringen. Dazu gehört Organisationstalent, um Prozesse zu kreieren und zu optimieren. Aber auch Zuverlässigkeit wird in der Branche großgeschrieben. Zuletzt bedarf es, je nach Art des Startups, einer ausreichenden finanziellen Leistungsfähigkeit und eventuell eines Fuhrparks oder weiterer Betriebsmittel.

Nicht jeder darf sich selbständig machen.
Eine branchenspezifische Hürde kann lauern, wenn es sich um eine Spedition handeln soll. Denn diese darf nur mit einer Genehmigung gegründet werden. Sie lautet auf dem Namen „Güterkraftverkehrserlaubnis“ und wird bei der städtischen Genehmigungsbehörde beantragt. Wer bereits selbständig war, aber Insolvenz anmelden musste, hat weitere Hürden zu überwinden. In welcher Branche diese vorherige Selbständigkeit bestand, ist dafür irrelevant. Zwar ist es möglich, anschließend erneut ein Unternehmen zu gründen, allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen und mit speziellen Bescheinigungen, die dem Finanzamt, der Krankenkasse und der Berufsgenossenschaft vorgelegt werden müssen. Weiterhin verlangt die Zulassungsbehörde in diesem Fall das polizeiliche Führungszeugnis des Gründers sowie die entsprechenden Auszüge aus dem Verkehrs- und Gewerbezentralregister.

Versicherungen sind für Selbständige essentiell.
Die letzten bürokratischen Hürden sind die Versicherungen, die im Rahmen einer Gründung notwendig werden. Zusätzlich zur persönlichen Absicherung, ist bei Gründern eine Versicherung unternehmerischer Risiken notwendig. Dazu gehören ausreichende Versicherungen für sämtliche Fahrzeuge und eine Betriebshaftpflichtversicherung. In der Logistikbranche empfiehlt sich außerdem, je nach Arbeitsmodell, eine Transportgutversicherung. In persönlicher Hinsicht muss sich der Selbständige selbst krankenversichern. Er kann sich außerdem freiwillig renten- und arbeitslosenversichern. Der Arbeitgeberanteil entfällt, sodass er die vollen Beträge aus der eigenen Tasche bezahlen muss. Auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung wird für jeden Selbständigen empfohlen, gehört aber ebenfalls zu den teureren Policen. Dementsprechend hoch kann die finanzielle Belastung durch Versicherungsbeiträge in der Selbständigkeit sein. Auch diese müssen einkalkuliert und durch lukrative Aufträge gedeckt werden.

Die Logistikbranche bietet somit zwar exzellente Chancen für eine Gründung, jedoch nicht frei von Risiken. Schlussendlich muss jeder selbst überprüfen, ob er die Voraussetzungen erfüllt, und somit im Einzelfall das richtige Arbeitsmodell finden. Dabei gilt es auch, die zukünftigen Entwicklungen zu berücksichtigen, damit der Businessplan trotz der aktuellen Veränderungen in der Branche tragfähig bleibt.

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