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Widerstand ist zweckvoll? Vom Gegenwind zum Aufwind.

Veränderungsmanagement, auch Change Management genannt, ist das Schreckgespenst in allen Büro-Kaffeeküchen. Nico Kroker und Martin Beims, Unternehmensgründer der aretas GmbH betrachten die Symptome, Ursachen und Facetten von Widerständen. Ihr Fazit: Wer auf viel Widerstand stößt, befindet sich höchstwahrscheinlich auf dem richtigen Weg zu seinem Ziel.

Bei vielen Mitarbeitern lösen Veränderungen Ängste oder zumindest Bedenken aus – niemand gibt gerne sein erobertes Terrain auf. Aus Perspektive der Change Manager behindern solche Widerstände allerdings den dringend benötigten Wandel. Mehr denn je treibt das digitalisierte Zeitalter Unternehmen und Führungskräfte dazu an, Veränderungsprozesse einzuleiten. Das konkrete Ziel vor Augen, lässt sich leicht vernachlässigen, wer die veränderten Prozesse im Unternehmen tragen muss. Allein die Mitarbeiter machen die Anpassungen erfolgreich. Werden sie bei der Planung nicht berücksichtigt und die Widerstände sowie Ängste nicht ernst genommen, laufen alle Maßnahmen ins Leere. Müssen Widerstände überwunden werden oder dienen sie im Veränderungsprozess vielleicht einer besseren, effizienteren Entwicklung der eingeleiteten Veränderungen? Sind Widerstände vielleicht sogar ein untrügliches Zeichen für eine wirkliche Veränderung im Unternehmen? Ganz nach dem Ausspruch von Alfred Selacher: „Der Mensch wächst am dosierten Widerstand; ohne Widerstand gibt es kein Wachstum.“

Auf Widerstände treffen
Der Begriff des Widerstandes findet seine Wurzeln in der Psychologie, er geht zurück auf die tiefenpsychologischen Theorien von Sigmund Freud. Der Psychologe Kurt Lewin verwendete erstmals den Begriff des Widerstandes im Zusammenhang mit Organisationsveränderungen. Lewin und seine Schüler gingen davon aus, dass Veränderungsvorhaben grundsätzlich Widerstände auslösen, weil durch sie die stabilisierten Gewohnheiten, Strukturen und Prozesse gestört werden. Sie kamen zu dem Schluss, dass das Ausbleiben von Widerstandshandlungen ein Hinweis dafür ist, dass der geplante Veränderungsprozess erfolglos bleibt.

Reibungslose Projekte
Von denen, die einen Veränderungsprozess initiieren, wird der Widerstand als Störung bewertet, da er die geplanten Veränderungsprozesse behindert. Er muss demzufolge am besten beseitigt werden. Ein gravierender Stolperstein bei dieser Herangehensweise ist das Ignorieren möglicher Ursachen, die für diesen Widerstand verantwortlich sind. Es ist nicht selten der Fall, dass Führungskräfte Veränderungsprozesse rasch vorantreiben wollen, ohne sich der eigentlichen Ursache von Widerständen zu widmen. Nur das Ziel vor Augen, wird beraten, gerechnet, geplant und umgesetzt. „Hoffentlich gibt es keinen Widerstand!“ – so lautet der Wunsch des Change Managers, wenn er der Aufgabe gegenübersteht, Veränderungen in einem Unternehmen zu initiieren. Der Traum vom  reibungslosen Projekt wird immer ein Traum bleiben: Ohne Widerstand gibt es keinen Fortschritt.

Der Mensch ist Mensch
Den Menschen im Unternehmen wird bei Veränderungsprozessen oft keine oder nur eine sehr geringe Rolle zugedacht. Ein fataler Fehler, denn sie sind die Motoren der angestrebten Veränderungen. Wer den Augenblick verpasst, betroffene Mitarbeiter in die Gestaltung der geplante Zukunft zu involvieren – mit all ihren Widerständen – wird das Nachsehen haben, da der geplante Erfolg langfristig ausbleibt. Es zählt zu den elementarsten Geboten, sich dem Widerstand zu stellen und seine Existenz zu respektieren und auch zu akzeptieren. Wie der Widerstand seinen Ausdruck findet, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Meist lassen sich charakteristische Anhaltspunkte im täglichen Handeln der Mitarbeiter finden.

Symptom Widerstand

Untrügliche Zeichen für einen inneren Widerstand gegen die laufenden Veränderungsprozesse sind ein hoher Krankenstand, Fehlzeiten oder eine hohe Fluktuationsrate. Die Arbeit wird als zähflüssig empfunden, Entscheidungsprozesse geraten immens ins Stocken. Gerade Mitarbeiter, die sich sonst engagieren, halten sich nun zurück – es herrscht allgemeine Ratlosigkeit. Eine von Widerstand geprägte Atmosphäre wird bestimmt durch ein generell unruhiges Klima, Intrigen- und Gerüchtebildung. Häufig kommt noch ein wahrhaftiger Papierkrieg und interner E-Mail-Verkehr mit sehr langen Verteilern hinzu. Die neuen Zuständigkeiten sind nicht klar verteilt oder nicht richtig kommuniziert.

Widerstände als Wegweiser
Ohne Betrachtung der Ursachen Widerstände zu unterdrücken, verhindert wertvolle Erkenntnisse, die durch das Auftreten dieser Probleme als Trigger für gezielte Ursachenforschung nutzbar wären. Sie sind zentrale Wegweiser zur Optimierung eines Veränderungsprozesses und helfen letztlich dabei, nachhaltige Veränderungserfolge zu erreichen. Eines gilt es stets zu bedenken: Wer sich widersetzt, hat noch Interesse daran, dabei zu sein oder eine wichtige Rolle im Unternehmen einzunehmen. Kann es eine bessere Ausgangsposition geben? Eine solche Lage ist bestens dafür geeignet, Veränderungsprozesse letztlich erfolgreich durchzuführen. Die Beteiligten zeigen durch ihren Widerstand Interesse am Unternehmen und Engagement für ihre Arbeit.

Facettenreich und individuell
Widerstand hat verschiedene Facetten – er muss nicht immer negativ ausgerichtet sein. Sobald sich die betroffenen Mitarbeiter darüber im Klaren sind, dass sich Veränderungen ergeben, nehmen sie dazu Stellung. Sehen diese Akteure die aktuelle Situation als Herausforderung, so wird ihr Handeln auf Erfolg ausgerichtet sein und von positiven Emotionen wie Neugier, Freude, Hoffnung, Sensationssuche und Ähnlichem begleitet. Diese bejahenden Emotionen tragen dazu bei, neue Impulse und Perspektiven zu gewinnen. Johann Wolfgang von Goethe beschrieb feinsinnig die Ambivalenzen, die bei Widerständen auftreten können, indem er verkündete: „Vernünftiges und Unvernünftiges haben gleichen Widerstand zu erleiden“. Wenn Menschen über Widerstände sprechen, dann ist dabei vermehrt die Rede von „müssen“, „wollen“ und „können“. Widerstände treten überall dort auf, wo Widersprüche oder Konflikte zwischen den einzelnen Formen im Selbsterleben auftreten.

Vom Gegenwind zum Aufwind
Gegenbewegungen entstehen aus den eigenen innerlichen Konflikten und den Erwartungen von außen. Dies kann etwa der Widerspruch zwischen den eigenen Wünschen, dem eigenen Wollen und den eigenen Interessen im Hinblick auf die geplanten Anforderungen oder Erwartungen sein. Oder sie ergeben sich aus dem Konflikt zwischen dem eigenen Können und den neuen Erwartungen und Anforderungen. Darüber hinaus treten auch Widersprüche zwischen dem eigenen Wollen und den eigenen Kompetenzen auf. Im Rahmen eines Veränderungsprozesses muss die Möglichkeit geschaffen werden, sich mit den Menschen und deren Widerständen auseinanderzusetzen. Diese Erkenntnis beinhaltet erste Anhaltspunkte für den angemessenen Umgang mit diesen Widerständen, und zwar in einem Stadium, in dem die Basis geschaffen werden kann, um Gegenwind als Aufwind zu nutzen. Wer auf viel Widerstand stößt, befindet sich höchstwahrscheinlich auf dem richtigen Weg zu seinem Ziel.

Mitreißender Sog
In Veränderungsprojekten geht es nicht allein darum, den Beteiligten und Betroffenen fachliche Lösungen und Konzepte zu präsentieren. Es ist wesentlich nachhaltiger, eine Organisation darüber hinaus zu befähigen, mithilfe eigener Ressourcen Lösungswege zu finden und erfolgreich umzusetzen. Das sorgt dafür, dass Veränderungen vorangebracht werden, ohne sie aufwändig mit starren Methoden steuern zu müssen. Statt mühsam zu schieben, erzeugt dies einen Sog, der die Beteiligten mitreißt und zum gewünschten Ziel führt.

Weitere Informationen über die aretas GmbH unter www.aretas.de

 

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