Wir müssen lernen, jemanden einen Todesstoss zu versetzen


Nur wer Machtspiele durchschaut und für seine Interessen kämpfen kann, wird am Jobmarkt überleben 

Wer keine Kampftechniken beherrscht, wird im Job das Nachsehen haben, sagt Coach Christine Bauer-Jelinek und gründete kurzerhand  ein Institut für Macht-Kompetenz. Egal, ob Gerangel mit dem Mitbewerb oder Kampf um Aufträge, Jobs, Budgets: Ohne Ellenbogentechnik, Machtspiele und geschicktes Taktieren fällt das Überleben schwer. Gut beraten ist, wer seine Waffenkammer auf Vordermann bringt und den löblichen Vorsatz  „Wir sitzen alle in einem Boot“ über Bord wirft, rät Wirtschaftscoach Christine Bauer-Jelinek.

WirtschaftsBlatt: Frau Jelinek, ohne Machtspiele am Arbeitsplatz geht es nicht mehr?
Christine Bauer-Jelinek: Viele leben noch in ihrem alten Wertesystem und glauben, dass eine gute Qualifikation und hohe Sozialkompetenz Garantien für Erfolg und Karriere wären. Sie übersehen dabei, dass der Konkurrenzkampf wesentlich härter geworden ist – unter Firmen wie unter Mitarbeitern. In Zeiten wie diesen bewähren sich jene, die Machtspiele durchschauen und für ihre Interessen kämpfen können.

WirtschaftsBlatt: Welche Überlebenschancen haben Mitarbeiter, die es ohne Ellenbogentechnik versuchen? 
Christine Bauer-Jelinek: Das sind Gutmenschen, Idealisten, Phantasten, Sozialromantiker, Weltverbesserer… Die Chancen auf wirtschaftliche Höhenflüge stehen für sie zur Zeit schlecht.

WirtschaftsBlatt: Wer wird sich künftig in der Arbeitswelt leichter tun?
Christine Bauer-Jelinek: Im Beruf ist der Einsatz der friedlichen Formen der Macht angebracht wie Selbstpräsentation, Eigenmarketing, Stellen von Forderungen und eine ausgefeilte Verhandlungstechnik. Nicht unwesentlich ist auch die Fähigkeit, einen geordneten Rückzug zu gestalten. Wenn die friedlichen Formen der Macht nicht ausreichen, dann bleibt nur noch der Kampf. Anderenfalls führt der Konflikt unweigerlich in die Selbstschädigung.

WirtschaftsBlatt: Wie gut sind denn die Leute auf diesen Kampf vorbereitet?
Christine Bauer-Jelinek: Viele versuchen es mit der Win-Win-Situation, doch das funktioniert selten. Bestenfalls gibt es einen Kompromiss oder man verliert. Wir müssen lernen, jemandem einen Todesstoss zu versetzen. Wenn ich die Tore nicht schiesse, macht es der andere.

WirtschaftsBlatt: Das hört sich alles nach einem sehr brutalen Gemetzel an…
Christine Bauer-Jelinek: Das Gemetzel gibt es jetzt schon! 90 Prozent der Verhandlungen sind verdeckte Kämpfe. In den Werkzeugkoffer eines jeden gehören gute Argumente und Verhandlungsangebote. Ausserdem muss ich Angebote annehmen können. In das Waffenrepertoire gehört alles wie Drohen, Tricksen, Angriffe auf persönlicher Ebene, Dinge in Aussicht stellen… Ein kultivierter Umgang mit Macht ist dann gegeben, wenn Werkzeugkoffer und Waffenkammer gut bestückt sind.

WirtschaftsBlatt: Dinge, die man ab Herbst in Ihrem Institut für Macht-Kompetenz lernen kann?
Christine Bauer-Jelinek: Mein Ziel ist es sicher nicht, Schlägertypen auszubilden. Mir geht es um einen kultivierten Umgang mit Macht. Wer Machtkompetenz hat, erreicht Ziele schneller – und mit weniger Schaden.

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