10 Jahre RTC und Lokomotion – Eine transalpine Erfolgsgeschichte im Güterverkehr
Wenn sich am 18. September 2011 in Franzensfeste (Fortezza) eine deutsche und eine italienische Mehrsystem-Elektrolok auf demselben Gleis gegenüberstehen, dann ist dies nicht etwa ein Fehler, sondern durchaus so gewollt und das Symbol für eine nunmehr 10 Jahre währende erfolgreiche Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr.
Die gemeinsame Geschichte begann um die Jahrtausendwende mit der zunehmenden Liberalisierung des europäischen Eisenbahnverkehrs. Speditionen, KV Operators, Bauunternehmen und Industriebetriebe begannen, eigene Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) zu gründen und in den Wettbewerb zu den bis dahin de facto monopolistischen früheren Staatsbahnen zu treten. So entschlossen sich im Jahre 2000 die Verantwortlichen der Kombiverkehr KG Frankfurt/M. und der damaligen Bayerischen Trailerzug-Gesellschaft GmbH München, die Lokomotion Projektgesellschaft mbH zu gründen und die Rahmenbedingungen für die private Traktion von Güterzügen untersuchen zu lassen. In Südtirol entstand die Rail Traction Company AG, die mit Unterstützung der STR-Brenner Schienentransport AG (STR gegründet wurde und, die ihrerseits auf Initiative der Brennerautobahn AG ins Leben gerufen wurde. Ziel war es, der Umweltbelastung aus dem Transitverkehr mit der Stärkung des Schienengüterverkehrs auf der Brennerachse entgegenzuwirken. Diesbezüglich erläutert Dr. Ing. Walter Pardatscher, Präsident der RTC: „Zur Finanzierung der STR AG trugen zudem die 5 lokalen Körperschaften (Provinz Bozen, Provinz Trient, Provinz Verona, Land Tirol und Land Bayern) bei.“
Ein Anknüpfungspunkt für eine Kooperation der beiden Gesellschaften war mit dem Brennerverkehr schnell gefunden. Seinerzeit war die Transportqualität und damit die Kundenzufriedenheit insbesondere im Kombinierten Verkehr (KV) via Brenner sehr niedrig und die Spediteure und Verlader drängten auf Abhilfe oder Rückverlagerung der Verkehre auf die Straße.
Für die beiden neu gegründeten EVU galt es nun schnellstmöglich alle administrativen, personellen und technischen Hürden zu nehmen, um einen sicheren und zuverlässigen Eisenbahnbetrieb durchführen zu können. Lizenzen, auch für verschiedene Länder, waren zu beantragen, Personal zu finden und auszubilden, Lokomotiven zu kaufen oder zu mieten, Fahrplantrassen zu bestellen und vieles mehr. Am Abend des 16. Oktober 2001 war es dann soweit: In München Riem und Verona QE setzten sich nahezu gleichzeitig die ersten zwei gemeinsam von Lokomotion und RTC traktionierten Züge in Bewegung.
Auch wenn Anfangsprobleme nicht ausblieben, hatte sich die Gemeinschaftsleistung von RTC und Lokomotion schon nach wenigen Monaten einen guten Ruf in der Transportwelt erworben: So erhielten wir im April 2002 den Auftrag, die Neuwagenverkehre der Volkswagengruppe ab München Nord zum Importlager in Verona zu übernehmen.
Auftraggeberin war damals die DB Cargo, mit deren Nachfolgerin DB Schenker Rail beide Gesellschaften nach wie vor vertrauensvoll zusammenarbeiten und schon verschiedene Zugprodukte neu- und weiterentwickelt haben. Insbesondere im Wagenladungsverkehr ging und geht es dabei darum, Einzelwagen und Wagengruppen zu bündeln, schnell und marktfähig in Ganzzügen über die Alpen zu transportieren und den Kunden zuzustellen.
Armin Riedl, Geschäftsführer der Lokomotion, sagt zur Verkehrsentwicklung und den Zielen der Unternehmen: „Unser Ziel ist es nicht, im intramodalen Preiswettbewerb anderen EVU Verkehre abzujagen. Vielmehr setzen wir darauf, mit neuen Produktenzusätzliche Ladung auf die Schiene zu bringen.“ Dies belegt auch die Statistik. Stagnierten die Sendungszahlen via Brenner Ende der 90er Jahre, so hat sich das Verkehrsaufkommen speziell im KV über die Brennerachse in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt.
Sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen war stets die Devise der zwei verbundenen EVU. So waren wir nicht nur die ersten privaten Traktionäre auf der Brennerachse, sondern im Jahre 2005 die Ersten, die den Brennerpass mit Mehrsystemlokomotiven ohne Lokwechsel passierten und somit ein Nadelöhr der Transportkette überbrückten. Heute führen wir die meisten unserer Züge interoperabel, wobei die Mehrsystemloks in einem gemeinsamen Lokpool disponiert werden. Weitere Forschungs- und Entwicklungsprojekte, sowohl unter Schirmherrschaft der EU (z.B. „BRAVO“ und „CREAM“), als auch in Zusammenarbeit mit anderen EVU, Infrastrukturbetreibern, Fahrzeugherstellern und –vermietern brachten positive Ergebnisse sowohl im Bereich der Fahrzeugtechnik als auch bei betrieblichen und organisatorischen Aspekten des alpenquerenden Güterverkehrs. Jede hier erzielte Verbesserung wirkt sich positiv auf die Marktfähigkeit und Kundenakzeptanz des Eisenbahngüterverkehrs aus und sichert den handelnden Unternehmen zugleich eine wirtschaftlich gesicherte Zukunft.
Wenn die Geschäftsführer Armin Riedl (Lokomotion) und Dr. Harald Schmittner (RTC) am 18. September 2011 in Franzensfeste Bilanz ziehen, können sie auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken. Die Kooperation, vor 10 Jahren mit zwei täglichen Zugpaaren begann, bewegt heute täglich bis zu 12 Zugpaare im KV und 6 Zugpaare im Wagenladungsverkehr, ist außer am Brenner auch auf der Tauernachse täglich aktiv, fuhr im Jahre 2010 8000 Züge und setzte dabei 39,7 Mio € (RTC) bzw. 39,3Mio(Lokomotion) um. Zur gemeinsamen Flotte gehören heute 42 Elektrolokomotiven, die in den vergangenen 10 Jahren ca. 1,8 Mio LKW-Sendungen auf der Schiene über die Alpen transportierten und damit zur Entlastung des sensiblen Ökosystems der Alpen von Feinstaub und CO2 beitrugen. Dr. Harald Schmittner, Geschäftsführer der RTC, meint hierzu: „Gerade wir als Südtiroler Unternehmen sind stolz, mit unserer Tätigkeit nicht nur zur Versorgung der Wirtschaft und Bevölkerung, sondern auch zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts unserer Heimat beizutragen.“
Quelle: Rail Traction Company S.p.A.