BMVIT-Entscheidung gefährdet Luftfracht und Exportwirtschaft

Die Vergabe der „Unabhängigen Validierung“ zur Terrorismusbekämpfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie an ein Unternehmen eines Mitbewerbers sorgt für Erstaunen und Verärgerung bei den Spediteuren. Damit wird ein Monopol geschaffen, das die Sicherheit der Kundendaten gefährdet und eine Verzerrung der Wettbewerbsverhältnisse schafft. Der Zentralverband Spedition & Logistik als Interessensvertretung fordert daher die Zulassung von 6 bis 7 branchenunabhängigen Validierern und das Ausscheiden der bestehenden Validierungsstelle.

Dass eine unabhängige Validierungsstelle geschaffen wird, die Versender von Luftfracht entsprechend den Bestimmungen für die Sicherheit der Zivilluftfahrt („Security“), die der EU-Verordnung 185/2010 entsprechen, zertifiziert, war die gute Nachricht. Schließlich wurde damit eine alte Forderung der Luftfrachtspediteure erfüllt. Diese hatten sich vor allem aufgrund des wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses stets dagegen ausgesprochen, an ihren eigenen Kunden den Status „Bekannte Versender“ zu vergeben, oder eben nicht.

Über „Reglementierte Beauftragte“ und „Bekannte Versender“
Zum Hintergrund: Durch den Beschluss des Nationalen Sicherheitsprogrammes für die Zivilluftfahrt müssen Versender von Luftfracht entsprechend zertifiziert sein. Für die Spediteure selbst, die in einer geschäftlichen Beziehung zu Luftfahrtunternehmen stehen, ist dafür schon bisher das BMVIT als unabhängige Stelle zuständig. Sie vergibt an Luftfrachtspediteure entsprechend den Bestimmungen den Status als sogenannter „Reglementierter Beauftragter“. Damit verbunden sind Auflagen betreffend Handling und Kontrolle der Luftfracht.

Zudem mussten bis dato diese reglementierten Beauftragten bestimmen, welche ihrer Kunden „sicher“ sind und welche nicht. Nur ersteren war dafür der Status als „Bekannter Versender“ zu gewähren, bei zweiteren mussten Sendungen zu 100 Prozent physisch überprüft werden. Eine unbefriedigende Situation für die Spediteure als Auftragnehmer wie Harald Bollmann, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik erläutert: „Durch diese Überprüfung kann sich für den Auftraggeber die Luftfracht um bis zu 400 Prozent verteuern. Da eine solche Kostenerhöhung einem Kunden schwer vermittelbar ist, hat nahezu jeder Auftraggeber den Status ‚Bekannter Versender’ erhalten.“ Zusätzlich muss der Spediteur als „Reglementierter Beauftragter“ für seinen Auftragnehmer eine unbeschränkte Haftung übernehmen.

Problemlösung schafft neue Probleme
Die Schaffung einer unabhängigen Stelle, die auch Auftraggeber von Luftfracht direkt validiert, sollte Abhilfe schaffen und die Aufgaben der Spediteure dahingehend beschränken, dass diese nur mehr zu überprüfen hätten, dass ihr Kunde auch ein „Bekannter Versender“ ist.

Im Zuge der Auftragsvergabe für die Schaffung dieser unabhängigen Stelle wurde nun die Sequrity Sicherheitstechnisches Zentrum GmbH als einziges Unternehmen damit beauftragt, diese „Unabhängige Validierung“ durchzuführen. Bei dieser Firma handelt es sich um eine Tochter der Augustin Quehenberger Gruppe, die selbst als Anbieter von Transport- und Logistikdienstleistungen auftritt und damit in direkter Konkurrenz zu den Spediteuren steht, deren Kunden sie künftig validieren soll. Bollmann ist entsprechend fassungslos: „Durch die Vergabe an nur einen Anbieter wurde nicht nur ein Monopol geschaffen, was die Validierung betrifft, es wurde noch dazu ein einzelner Mitbewerber dafür ausgewählt, der damit einen exklusiven Zugang zu Luftfrachtkunden und allen Daten erhält.“

Entgegen der Forderung der WKO, mehrere Firmen mit der Zertifizierung zu beauftragen, wurde durch die Vergabe an nur eine Firma ein Monopol geschaffen. Das kann weder im Sinne des Nationalen Sicherheitsprogramms sein noch im Sinne der Auftraggeber. Andreas Demmer, Geschäftsführer des Zentralverbands Spedition & Logistik: „Wer überprüft dann, wie objektiv und den Auflagen entsprechend ein Alleinanbieter das wirklich macht. Es gibt keine Kontrolle durch den Markt und keine Vergleichsmöglichkeit.“

Wettbewerbsverzerrung und Gefährdung des Exportstandorts
Durch die Vergabe an einen Mitbewerber wird die Wettbewerbsverzerrung zusätzlich verstärkt. So gab Augustin Quehenberger erst kürzlich bekannt, bald wieder Luft- und Seefrachtgeschäfte anbieten zu wollen, nachdem man vor der Ausschreibung den Status des „Reglementierten Beauftragten“ zurückgelegt hatte, um zu dokumentieren, dass man nicht im Luftfrachtgeschäft tätig sei. Bollmann: „Das schafft im wahrsten Sinne des Wortes eine schiefe Optik. Wenn die eine Tochter exklusiv prüfen soll, ob ich alle Sicherheitsauflagen erfülle und die andere mir im gleichen Atemzug ein Angebot für die Speditionsdienstleistung unterbreitet. Von fairem Wettbewerb kann da keine Rede mehr sein.“

Zu Recht fürchten die Spediteure auch um den Schutz ihrer Kunden. Demmer: „Wie will denn das BMVIT sicherstellen, dass Kundendaten und Informationen über die Geschäftsbeziehung nicht intern weitergegeben werden.“

In diesem Zusammenhang scheint es auch fraglich, ob das Unternehmen Sequrity überhaupt in der Lage ist, den geschätzten Bedarf von 3.000 zu validierenden – und laufend zu prüfenden bzw. schulenden – Luftfrachtauftraggebern zu bewältigen. Laut Firmenbuch beschäftigt Sequrity lediglich vier Mitarbeiter. Bollmann: „Wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, den Auftrag zu erfüllen, hat das auch schwerwiegende Folgen für die heimische Exportwirtschaft. Damit wäre der Luftfrachtstandort Österreich von einem Tag auf den anderen erledigt.“

Der Zentralverband Spedition & Logistik fordert daher, die „Unabhängige Validierung“ neu an 6 bis 7 wirklich unabhängige Einrichtungen – mit entsprechend organisatorischem und personellem Hintergrund und Vorkehrungen für allseitige Interessenswahrung – im Sinne eines fairen Wettbewerbs zu vergeben. Bollmann: „Nur damit ist sichergestellt, dass kein wettbewerbsverzerrendes Monopol geschaffen wird und die Bestimmungen für die Sicherheit der Zivilluftfahrt wirklich erfüllt werden.“

Quelle: Melzer PR Group

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar