BVL-Interpretation EU Weißbuch „Verkehr 2050“, Oktober 2011

In ihrem Weißbuch „Verkehr 2050“ stellt die Europäische Kommission einen Fahrplan zur Entwicklung eines einheitlichen Verkehrsraums in Europa vor. Eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur soll Ressourcen schonen, CO2-Emmissionen reduzieren, dabei die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und höchste Mobilität sicherstellen. Die BVL Österreich begrüßt die erstrebenswerten Visionen und Ziele, jedoch müssen praktikable Vorschläge und Anleitungen für eine wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung und Finanzierung noch entwickelt werden. 

DI Roman Stiftner, Präsident der BVL Österreich

Manfred Blamauer, Vorstand BVL Österreich,  Mitautor Grünbuch der nachhaltigen Logistik

„Das Weißbuch Verkehr 2050 formuliert Ziele und Ansätze. Es ist eine Hülle, die erst mit Leben erfüllt werden muss! Um eine nachhaltig, zukunftsorientierte Infrastruktur speziell im mitteleuropäischen Raum sicherstellen zu können, bedarf es der Ergänzung und Erarbeitung von konkreten Maßnahmen zur Umsetzung und Finanzierbarkeit“, betont DI Roman Stiftner, Präsident der BVL Österreich.

Nachhaltige Verkehrspolitik für Europa
Das Weißbuch Verkehr 2050 der Europäischen Kommission ist ein sehr breit zusammengestellter Katalog von Visionen, Zielen und Ansätzen für Maßnahmen, um den Verkehr in Europa nachhaltig zu gestalten. Allein die Rahmenbedingungen sind denkbar ungünstig: Bis 2050 wird es zu einer Verknappung des Rohöls und zu einer Verdoppelung des Rohölpreises kommen. Gleichzeitig wird erwartet, dass der Verkehr bis 2030 um 30 und bis 2050 um  80 Prozent zunehmen wird. Enorme Engpässe in der Verkehrsinfrastruktur sind die Folge.

Die im Weißbuch fest gehaltenen Ziele orientieren sich am Zwei-Grad-Klimaziel wie es beim G8-Gipfel 1990 anerkannt wurde. Um dieses Ziel zu erreichen, soll:

  • der Treibhausgas-Ausstoß gegenüber 1990 bis 2050 für den Verkehr in einer Bandbreite 54 bis 67 Prozent gesenkt werden.
  • bis 2050 die Gesamtreduktion der Treibhausgasemissionen in den Industrieländern  85 Prozent betragen.
  • die Sicherheit bei allen Verkehrsträgern erhöht und Unfalltote auf Autobahnen gänzlich vermieden werden.

Fahrplan Verkehr 2050
Die ehrgeizigen Ziele sehen eine CO2-freie City-Logistik in größeren städtischen Zentren bis 2030 vor. Straßengüterverkehr, der über 300 km hinausgeht, ist in einem Ausmaß von 30 Prozent bis 2030 und 50 Prozent bis 2050 auf Schiene oder Schiff zu verlagern.
Für eine effiziente und umweltfreundliche Gestaltung des Güterverkehrs fallen erhebliche Investitionen in eine geeignete, europaweite Infrastruktur an. Als Beispiele zu nennen wären:
 

  • die Vollendung eines europäisches Hochgeschwindigkeitsnetzes,
  • die Nutzung eines voll funktionsfähigen TEN-V-Kernnetzes bis 2030 mit zugehörigen Informationsdiensten und
  • die Verwendung eines europäischen, multimodalen Verkehrsinformations- und Managementsystems, das gleichzeitig auch als Mautsystem eingesetzt werden kann.
     

Die davon abgeleiteten zehn Überziele, 120 Maßnahmen und Initiativen der EU-Kommission werden im Weißbuch nicht besonders detailliert beschrieben. Ein Auszug:
 

  • Ein strategischer Fahrplan hinsichtlich Verkehrstechnologien behandelt die Themen der ressourcenschonenden Antriebe für alle Verkehrsträger, die Kommunikation zwischen Infrastruktur und Fahrzeugen bzw. von Fahrzeug zu Fahrzeug, die Umweltverträglichkeit von Kraftstoffen usw.
  • Ein verbindlicher Rechtsrahmen für einen innovativen Verkehr mit geeigneten CO2- Normen für alle Verkehrsträger sowie Schnittstellennormen für die Kommunikation oder die Förderung von Verkehrsinnovationen werden vorgeschlagen.
  • Weiter wird die Schaffung eines einheitlichen europäischen Verkehrsraums durch Entwicklung multimodaler Güterverkehrskorridore und die Errichtung eines Kernnetzes mit strategischer Infrastruktur als Ziel genannt.

Ing. Manfred Blamauer, Vorstand BVL Österreich und Experte im Arbeitskreis für nachhaltige Logistik, zum EU Weißbuch Verkehr: „Die Ansätze zur nachhaltigen und auf das Klimaziel ausgerichtete Gestaltung des Verkehrs, vor allem des Güterverkehrs, sind erstrebenswert und richtig“, würden jedoch den BVL Arbeitskreis zu folgenden Überlegungen und Fragen führen:
Um den Güterverkehr hinsichtlich der Treibhausgasemissionen bei einer Entwicklung von plus 80 Prozent wie prognostiziert wird, um fast 70 Prozent zu entlasten, erfordert den Einsatz völlig neuer Technologien. „Der elektrisch angetriebene LKW ist eine Vision, die sicher nicht bis 2050 in die Tat umgesetzt werden kann“, meint Blamauer. „Selbst dann, wenn 30 Prozent des Güterverkehrs über 300 km auf Schiene und Wasserstraße verlagert werden könnten, beträgt die Abhängigkeit von Öl im Güterverkehr weiterhin 90 Prozent.“

Der Verkehr in Österreich hat seit 1990 um das Doppelte zugenommen, jener auf der Schiene nur um ein Drittel – die Schere zwischen Straße und Schiene öffnet sich immer mehr. Im Jahr 2005 lagen die Treibhausgasemissionen in Österreich um 17 Prozent über jenen von 1990 und 2009 noch immer um 16 Prozent über dem Ziel für  2012 – und das ist morgen!
Der Ansatz den Güterverkehr elektronisch zu steuern und multimodal zu gestalten, ist gemäß dem  BVL Arbeitskreises zu befürworten. Verkehr der vermieden, besser ausgelastet, über kürzere Wege geleitet oder mit einem effizienteren Verkehrsträger erfüllt werden kann, ist nicht nur umweltschonender, sondern auch wirtschaftlicher und somit nachhaltig. Die Voraussetzung dafür ist jedoch ein europaweites, multimodales Verkehrsnetz, das über ein Verkehrsinformationssystem gesteuert wird.

Maßnahmen zur nachhaltigen Gestaltung der Logistik
In erster Linie ist die Politik in Europa gefordert sich neben den Themen der Gegenwart auch mit den Inhalten des Weißbuchs Verkehr 2050 auseinander zu setzen, um Lösungen für eine nachhaltige und leistungsfähige Infrastruktur  zu finden. Es sind erhebliche finanzielle Mittel für eine Umsetzung der im Weißbuch beschriebenen Maßnahmen nötig. Ein Paradigmenwechsel in der Gesellschaft bezüglich ihres Mobilitäts- und Konsumverhaltens müsste herbeigeführt werden, damit die erforderlichen Maßnahmen nicht als Bürde, sondern als erstrebenswerte und gemeinsame Ziele empfunden werden.

 

 

BVL-Arbeitskreis Weißbuch

 

Der Arbeitskreis Weißbuch des Competence Centers „Nachhaltige Logistik“ in der Bundesvereinigung Logistik Österreich (BVL) beschäftigt sich mit der inhaltlichen Aufarbeitung des Weißbuch Verkehr 2050 der Europäischen Kommission sowie mit dem Abgleich der Inhalte zu dem von der BVL im März 2011 heraus gegebenen Grünbuch der nachhaltigen Logistik. Das Handbuch für eine ressourcenschonende und effiziente Logistik vermittelt praxisnahe und finanzierbare Maßnahmen zu einer nachhaltigen Gestaltung von Logistikprozessen.

 

Die Mitglieder des Arbeitskreises:

 

Ing. Manfred Blamauer          IBB Internationale Betriebs Beratung GmbH

Dr. Ferdinand Koch                cargo-partner GmbH

Mag. Gudrun Stranner           Umweltbundesamt GmbH

Maximilian Schachinger        Schachinger Logistik Holding GmbH

 

Ihre Ansprechpartner für Rückfragen
DI Roman Stiftner, Präsident der Bundesvereinigung Logistik Österreich
Seitenhafenstraße 15
1023 Wien
Tel.: +43 1 615 70 55
Email: r.stiftner@bvl.at
Internet: www.bvl.at

Mag. (FH) Stefan Ulz
Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik Österreich
Seitenhafenstraße 15
1023 Wien
Tel: +43 1 615 70 55
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Internet: www.bvl.at

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Über die Bundesvereinigung Logistik Österreich
Die BVL Österreich ist Österreichs größtes Logistiker-Netzwerk und ein gemeinnütziger Verein mit 700 Mitgliedern. Logistik-Spezialisten aus der Praxis, Wissenschaft und Verwaltung, Interessierte bis Quereinsteiger profitieren seit Jahren als Personen- oder Firmenmitglieder von den Vorteilen des Grenzen überschreitenden Kompetenz-Forums. Öffentliche Institutionen, aus Bildung und Politik treffen auf Unternehmen aus der österreichweiten Logistik-Branche. Wissen, aktuelle Informationen, Meinungen und Interessen werden auf den verschiedenen BVL-Plattformen ausgetauscht. Vor allem der einmal jährlich stattfindende Kongress „Logistik-Dialog“ bietet Auftraggebern und Auftragnehmern Raum für die Darstellung von Produkten und Leistungen, gemeinsame Ideen und Projekte zu entwickeln sowie Beziehungen zu intensivieren und Netzwerke zu knüpfen.

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