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Diese eCommerce Trends sollten Händler kennen

Welche Veränderungen gab und gibt es im eCommerce? Auf welche Trends dürfen wir uns 2023 freuen? Welche Unterschiede gibt es zwischen Österreich und der Schweiz? Das und noch viel mehr hat retail im Interview mit Prof. Dr. Claudia Brauer (Professorin für Business und Management am Management Center Innsbruck) und Dr. Darius Zumstein (Head of E-Commerce Lab, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) erfahren.

Text; Beitrag Kühberger.

Durch das Verfassen der Onlinehändlerbefragung 2022 haben Claudia Brauer und Darius Zumstein einen Einblick in die Branche wie sonst kaum jemand anderes. Die stärksten Veränderungen im eCommerce im Jahr 2022 zum Jahr 2021 erkennen sie im Wachstum. „Dieses große Wachstum, wie wir es im bereits vergangenen Jahr 2021 gehabt haben, ist jetzt vorbei“, weiß Darius Zumstein. Auch wollen die Menschen wieder zurück in die Geschäfte und die Produkte ansehen, anfassen und wahrnehmen, bevor sie sie kaufen, wie Claudia Brauer ergänzt.

Um die Bevölkerung wieder zurück zum Onlineshopping zu bringen, ist es daher wichtig, 2023 seinen Webshop auszubauen, auf ausgeklügeltes Marketing zu setzen und dieses strategisch auszubauen. Besonders großes Potential sieht Zumstein beim B2B und D2C Verkauf. Hier werden die Zwischenhändler ausgeschalten, was diesen Markt für den Onlinevertrieb besonders spannend macht.

Sorgenbarometer zeigt größte Herausforderungen
Die Herausforderungen der Händler während des vergangenen Jahres sind im Studienbericht der Befragung schnell ersichtlich. Das Sorgenbarometer zeigt, worüber sich die Händler jährlich am stärksten den Kopf zerbrechen. Claudia Brauer kennt die Lage in Österreich: „Die großen Themen sind dieses Jahr auf jeden Fall diverse Lieferschwierigkeiten und die Sichtbarkeit der Webshops. Man merkt die enorme
Konkurrenz.“ Darüber hinaus geht auch der Fachkräftemangel nicht an der eCommerce-Branche vorbei. Da es noch zu wenig spezialisierte Studiengänge gibt, müssen sich Absolventen erst tatkräftig einarbeiten, bis sie vollwertige Aufgaben im Unternehmen übernehmen können. Dass es hier Nachholbedarf gibt, zeigt auch die eCommerce-Lehre, welche in Österreich bereits stark nachgefragt wird, aber in der Schweiz noch fehlt.

Dass Corona massive – positive – Auswirkungen auf den Onlinehandel hatte, ist kein Geheimnis. Aber die Profis sind sich einig und sicher: Online ist gekommen, um zu bleiben. „Jedes Unternehmen muss sich fragen, auf welchen Vertriebskanälen noch verkauft werden soll. Marktplätze sollten dabei nicht außen vorgelassen werden. Man muss den Kunden anbieten, dass sie dort kaufen können, wo sie wollen“, erklärt Darius Zumstein eine Erkenntnis der Studie. Außerdem wollen sich Onlineshops immer internationaler aufstellen und besonders kleinere Händler greifen in Zuge dessen auf Nischenprodukte zurück, um ihre Position zu stärken.

Influencer-Marketing nur bei großen Unternehmen relevant.
Im Moment ist nur jedes fünfte Unternehmen mit dem Erfolg durchgeführter Influencer-Kampagnen zufrieden. Bei diesem Thema kommt Frustration auf, da große Kanäle für eine Zusammenarbeit zu teuer scheinen und die kleinen eine zu geringe Reichweite für die Unternehmen haben. Es zeigt sich bereits zwar eine positive Entwicklung in der Welt der Kooperationen, die Firmen brauchen aber etwas mehr Geduld. Gerade Langzeitkooperationen zeigen einen deutlichen Effekt – brauchen aber, natürlich, auch ihre (längere) Zeit.

Was laut den Experten in diesem Feld noch zu wenig genutzt wird: Cooperate Influencer. So kann es ein vergleichsweise kostengünstiger Weg sein, den Fachkräftemangel durch Employer Branding mithilfe der eigenen Mitarbeiter über beispielsweise LinkedIn entgegen zu wirken.

Trend 2023: Social Commerce über Whatsapp.
In anderen Ländern wird es bereits tagtäglich und total selbstverständlich vorgelebt, die Profis denken, dass der Trend 2023 auch zu uns kommt: Social Commerce über Whatsapp. „Ich sehe im Whatsapp-Commerce tatsächlich einen Zukunftsbringer“, versichert die Expertin Claudia Brauer. Die wahrscheinlich größten Vorteile des Kanals: Hohe Öffnungsraten und seine Unkompliziertheit, da bereits jeder die App im Alltag verwendet. Demnach können mit Öffnungsraten von mehr als 90 Prozent gerechnet werden, was selbstverständlich jeden Newsletter abhängt. Darüber hinaus sollten Händler im neuen Jahr auf native Apps mit Push-Notifications setzten. Mobile Shopping wird 2023 also DAS Thema.

Der Vergleich: Schweiz vs. Österreich.
Da wir mit Darius Zumstein einen Experten aus der Schweiz haben und Claudia Brauer ihr Wissen aus Österreich mitbringt, musste retail natürlich nach den Länder-Unterschieden fragen. Dabei sind sich die beiden einig. Die Schweizer kaufen deutlich mehr im WWW. So wird in der Schweiz bereits jedes zweite Produkt online umgesetzt. Merkmale vom Schweizer Onlinemarkt sind außerdem, dass es weniger, aber dafür größere Onlineshops gibt. Außerdem sind die Logistik und die Koordination der letzten Meile extrem gut ausgebaut und die meisten Shops bieten ihr gesamtes Sortiment online zum Kauf an. Während sich in Österreich kleine Shops gegen Riesen wie Amazon durchsetzen müssen, ist dieser in der Schweiz nur mit einem Teilsegment vertreten. Daher wird österreichischen Onlineshops geraten, sich durch andere USPs, wie Regionalität und Nachhaltigkeit, zu differenzieren.

In der Schweiz wird außerdem gezeigt, was in Österreich noch alles möglich ist. In unserem Nachbarland werden bereits in der breiten Maße Lebensmittel online bestellt. Hier sind die Österreicher doch noch etwas zurückhaltend. Daher rät Claudia Brauer sowohl den österreichischen Onlineshopbetreibern als auch der Bevölkerung mehr Mut zu haben. Man müsse sich nicht vor jedem Schritt fürchten, sondern kann sich auch etwas trauen, sagt die Expertin. Sei es Lebensmittel neuerdings online zu bestellen oder auf einen neuen Kanal, wie Whatsapp, zu setzen. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2023

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