Grenzenlose Warenwirtschaft

Wann immer in West- oder Südeuropa Cornflakes, Müsli oder andere Cerealien auf den Frühstückstisch kommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie aus einem malerischen Ort in der Auvergne stammen. Im zentral-französischen Thiers errichtete der deutsche Hersteller Brüggen, in Zusammenarbeit mit der MLOG Logistics, ein zentrales Warenverteilzentrum für den europäischen Raum, das Mitte 2008 in Betrieb genommen wurde. Nun beauftragte Brüggen MLOG erneut mit Planung, Bau und Inbetriebnahme des Lagers im neuen französischen Werk.

Boom bei Frühstücksflocken
Brüggen zählt mit jährlichen zweistelligen Zuwachsraten weltweit zu den am schnellsten wachsenden Cerealienherstellern. Ein wesentlicher Teil der Wachstumsstrategie ist die weitere Verkürzung von Produktions- und Lieferwegen. Dadurch sind eine schnelle und flexible Produktion und höchstmögliche Frische der Flakes und anderer gesunder Leckereien gewährleistet. Die Nachfrage ist gewaltig, daher ist allein in Thiers eine Jahresproduktion von 25.000 Tonnen geplant. Entsprechend großzügig dimensioniert ist das neue Hochregallager (HRL), das im Juli 2008, nach elfmonatiger Bauzeit, in Betrieb genommen werden konnte.

Auf vier Gassen verteilen sich heute exakt 13.552 Palettenstellplätze, die Ein- und Auslagerung erfolgt über vier vollautomatische Regalbediengeräte (RBG). Jedes RBG verfügt über eine maximale Traglast von 750 Kilogramm – viel für die eher leichten Flakes. Pläne für eine spätere Erweiterung um zusätzliche vier Gassen nebst der erforderlichen Fördertechnik liegen bereits vor, sodass die Kapazität des Lagers schnell signifikant erhöht werden kann.

Wechselnde Palettenformate
Das Werk Thiers wird von Lieferanten aus einer Reihe von europäischen Ländern versorgt. Entsprechend variieren die Standards der Ladungsträger (Euro- und Industriepaletten) hinsichtlich Größe, Format und Qualität. MLOG führte daher eine optionale Verwendung von Unterpaletten ein. Bei Bedarf werden die Unterpaletten beim Einlagern an einer der Untersetzeinrichtungen unter den Ladungsträger gebracht. Die Ver- und Entsorgung der Unterpaletten erfolgt vollau-tomatisch durch die Förderanlage. Insgesamt kann die Anlage so fünf verschiedene Arten von Ladungsträgern verarbeiten – ein wichtiger Aspekt für die Effi-zienz eines länderübergreifenden Zentrallagers. Die Leistung der RBG liegt bei 27 Doppelspielen pro Stunde, die Förderanlage erreicht einen Wert von 180 Paletten pro Stunde.

Individuelle Fördertechnik
Die RBG des Typs MSINGLE B sind mit zweifach tiefen Teleskopgabeln mit jeweils zwei Antrieben ausgestattet. Die einmastigen, 34 Meter hohen Geräte wurden in der eigenen Fertigung der MLOG am Standort Neuenstadt produziert und mit Schwertransportern nach Frankreich gebracht. Dort wurden sie mit Hilfe eines 600 t-Schwerlastkrans über das Dach eingestellt. Jedes RBG ist über eine TCP/IP-Schnittstelle und WLAN mit dem bauseitigen Lagerverwaltungsrechner verbunden, die Fördertechnik über Profibus-DP. Die Visualisierung sämtlicher Prozesse auf dem PC des Leitstands erlaubt die permanente Kontrolle und trägt zu der geforderten Anlagenverfügbarkeit von über 98 Prozent bei. Die Anbindung an das übergeordnete SAP-Warenwirtschaftssystem wurde durch den Auftraggeber realisiert.

Insgesamt 180 Antriebe halten die MLOG-Förderanlage in Bewegung, die sich vom Wareneingang und der Produktion bzw. Abfüllung bis zum Versand erstreckt. Ihr wurden weitere Funktionen zugeordnet, darunter die beschriebene Versorgung mit Unterpaletten sowie die Versorgung der Verpackungsanlage mit Leerpaletten und Zwischenlagen. Die Waren gelangen zunächst zu einem Stretcher und Etikettierer, werden dann, falls notwendig, mit einer Unterpalette versehen und im HRL eingelagert. Bei der Auslagerung werden zunächst die Unterpaletten automatisch von der Ladeeinheit getrennt und über einen Zwischenpuffer wieder in die Einlagerstrecke eingeschleust. Die Leerpaletten werden vom Versand über die Fördertechnik wieder der Produktion zugeführt. Die Rollen- und Kettenförderer erreichen mit ihren exakt regelbaren, frequenzgesteuerten Antrieben eine maximale Fördergeschwindigkeit von 0,3 m/s und sorgen für einen sanften Transport der Paletten. Die Eckumsetzungen realisierte MLOG je nach Anforderung über einen Exzenterhubtisch mit Umsetzung von Rollenförderer auf Kettenförderer oder über eine Drehtischlösung von Kette auf Kette.

Positive Bilanz
Innerhalb des recht kurzen Realisierungszeitraums ist es dem Auftraggeber Brüggen gemeinsam mit der MLOG gelungen, ein gleichermaßen leistungs- und zukunftsfähiges Zentrallager für Europa zu errichten. Durch das Konzept der Unterpaletten liegen die Verfügbarkeit der Anlage und ihre Flexibilität bezüglich der unterschiedlichen Ladeeinheiten auf höchstem Niveau. Trotz langer Transportwege für Material und Technik und den üblichen Sprachbarrieren bei internationalen Projekten hat sich die Kooperation in Thiers bewährt. Und auch die französischen Anwohner – so mancher davon ist künftig einer der über 130 Mitarbeiter in Produktion und Verwaltung – hat der reibungslose Ablauf überzeugt. Bei der Eröffnung jedenfalls ließen es sich viele nicht nehmen, einen genauen Blick hinter die Kulissen des neuen Werkes zu werfen.

Quelle: MyLogistics

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