Infrastrukturengpässe bremsen Wachstum von Kombiverkehr

Verkehrssteigerung von über 9 Prozent im Geschäftsjahr 2010 erzielt // Verbindung von Ökonomie und Ökologie: wirtschaftliche Verlagerung von 933.039 Lkw-Sendungen auf die Schiene vermeidet Treibhausgasemissionen in Höhe von 1,155 Millionen Tonnen // Wachstum auf breiter Front: alle Verkehrsachsen zeigen deutliche Zuwächse // Besonders starke Nachfrage bei Verkehren mit Südosteuropa und den Westhäfen: Türkei und Rotterdam Spitze // Produktivität erhöht: Netzerweiterung, kürzere Transitzeiten, längere Züge, höhere Zuggewichte // Signale für 2011 stehen auf Grün: neue Produkte und starke Nachfrage sorgen für anhaltend hohes Wachstumstempo // Mittelkürzung für Terminalausbau hemmt weitere Transportverlagerungen

Mit teilweise zweistelligen Wachstumsraten hat die Frankfurter Kombiverkehr KG im Geschäftsjahr 2010 eines ihrer besten Ergebnisse in der mehr als 40-jährigen Geschichte des Unternehmens erzielt. Insgesamt wurden 933.039 Lkw-Sendungen (1,866 Mio. TEU) von der Straße auf die Schiene verlagert, 9,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Weil die durchschnittliche Transportentfernung und das Transportgewicht ebenfalls zulegten, stieg die Beförderungsleistung um 9,8 Prozent auf 17,2 Milliarden Tonnenkilometer und die Beförderungsmenge um 10,2 Prozent auf 21,5 Millionen Bruttotonnen. Entsprechend kletterte der Umsatz um 10,7 Prozent auf 384 Millionen Euro. Das Plus für die Umwelt: Die Schienenverkehre von Kombiverkehr haben im vergangenen Jahr transportbedingte Treibhausgasemissionen in Höhe von 1,155 Millionen Tonnen vermieden, davon allein 870.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2). „Wir sind stolz auf die wirtschaftliche und ökologische Leistung, die wir im Jahr 1 nach der Wirtschaftskrise erzielt haben", kommentiert Robert Breuhahn, Geschäftsführer des Unternehmens. „Allerdings hätten unsere Kunden gerne noch mehr Sendungen auf die Schiene verlagert." Weil zahlreiche Umschlagbahnhöfe, insbesondere in den Wirtschaftszentren, jedoch komplett ausgelastet sind, konnten längst nicht alle Transportwünsche erfüllt werden. „Die Engpässe bei den Terminals werden auch 2011 eine Wachstumsbremse sein", ergänzt Breuhahns Geschäftsführungskollege Armin Riedl. „Das ist umso ärgerlicher, wenn man weiß, dass wir seit Jahren auf die Flaschenhälse der Infrastruktur hinweisen." Hinzu kommt der stärker werdende Trend hin zum Einsatz von Sattelanhängern im intermodalen Verkehr, für den derzeit nur in begrenztem Umfang Waggons zur Verfügung stehen.

Weil ausnahmslos alle fünf Verkehrsachsen von Kombiverkehr gewachsen sind, konnte das Unternehmen 2010 seine Position als mit Abstand größter Operateur intermodaler Verkehre in Europa festigen. „Keine Verkehrsachse hat im letzten Jahr um weniger als 6 Prozent zugelegt, obwohl wir nicht nur mit Infrastruktur-Engpässen sondern wie in Spanien und Frankreich auch teilweise mit extrem widrigen Rahmenbedingungen zu kämpfen hatten", erläutert Breuhahn. „Diese Tatsache des Wachstums auf breiter Front bestätigt die Richtigkeit unserer Strategie, in der 2009er-Krise auch verkehrsschwächere Relationen nicht ganz aufgegeben zu haben." So konnte Kombiverkehr 2010 an die Wachstumstrends vor der Krise anknüpfen und national wie international deutliche Zuwächse erzielen.

Außenhandel gibt stärkere Impulse als Binnenmarkt

Das deutsche Netz verzeichnete im letzten Jahr ein Aufkommensplus von exakt 7 Prozent. Die 220.107 Sendungen machen 23,6 Prozent des gesamten Transportvolumens von Kombiverkehr aus. Weil sich der deutsche Außenhandel seit Jahren stärker entwickelt als der Binnenmarkt, wachsen internationale Transportmengen tendenziell stärker als nationale. Allerdings dienen die durchschnittlich 238 Direktzüge, die Kombiverkehr in Deutschland jede Woche betreibt, nicht nur innerdeutschen Transporten. Vielmehr sind die 22 Bahnhöfe des Netzes, die auf 68 verschiedenen Strecken miteinander verbunden sind, häufig Start- oder Zielpunkt internationaler Verkehre. Diese können im Gatewaykonzept von Kombiverkehr an zentralen Knotenpunkten zwischen nationalen und internationalen Zügen wechseln. So hat Kombiverkehr Transportunternehmern und Spediteuren 2010 erneut unter allen Operateuren intermodaler Verkehre das dichteste Europanetz mit den meisten Verbindungen angeboten. Auch das hat dazu geführt, dass die Zahl der internationalen Sendungen überdurchschnittlich um 9,7 Prozent auf 712.932 Sendungen zunahm. Die Nachfrage nach den insgesamt im Wochendurchschnitt über 600 betriebenen internationalen Zügen entwickelte sich allerdings auf den einzelnen Verkehrsachsen sehr unterschiedlich.

Rotterdam-Nachfrage macht Westeuropa-Achse zum Jahresgewinner

Dynamischer Spitzenreiter unter den vier internationalen Verkehrsachsen von Kombiverkehr war 2010 Westeuropa. Sie steigerte das Aufkommen um 23,4 Prozent auf 86.189 Sendungen. Der Großteil dieses Erfolgs geht dabei auf das Konto der erst 2006 aufgenommenen Verbindungen mit dem Hafen Rotterdam. Das Transportvolumen der Züge von und nach Duisburg, Neuss und Dortmund schnellte 2010 um 59,6 Prozent auf 41.882 Sendungen hoch. Damit hat sich der Verkehr mit den Niederlanden im fünften Jahr seines Bestehens international auf Rang drei hinter Italien und Österreich etabliert.

Nordeuropa jetzt auch ohne Fähre

Die Verkehre mit den nordeuropäischen und baltischen Ländern nahmen 2010 um 9,0 Prozent zu. 99.151 Sendungen wurden auf diesem Korridor befördert, 95 Prozent davon über die Ostseehäfen Kiel, Lübeck und Rostock, die mit zahlreichen Fährverbindungen ein breites Verkehrsangebot haben. Zusätzlich bietet Kombiverkehr seit letztem Jahr eine Verbindung nach Schweden über die feste Querung an: Zwischen Herne und Helsingborg verkehrt viermal pro Woche und Richtung ein Shuttlezug.

Alpen: Transit durch die Schweiz wächst doppelt so schnell wie durch Österreich

Die Südeuropa-Achse von Kombiverkehr, deren Kern Transporte mit Italien bilden und die mehr als 40 Prozent Anteil des Gesamtvolumens des Unternehmens ausmacht, wuchs 2010 um 8,4 Prozent auf 421.940 Sendungen. Dabei entwickelten sich die Gotthard- und die Brenner-Route, die zentralen Trassen im Italien-Verkehr, sehr unterschiedlich. Während Verkehre durch die Schweiz um 12,5 Prozent auf 156.141 Sendungen anzogen, wuchsen die Österreich-Verkehre um 6,2 Prozent auf 250.956. Breuhahn: „Wir gehen davon aus, dass die Zuschüsse der Schweizer Regierung, die auch in diesem Jahr fortgeführt werden, eine Rolle spielen."

Shooting-Stars Türkei und Tschechien

Obwohl die Verkehre von und nach Ost- und Südosteuropa weiter stark straßenaffin sind, hat Kombiverkehr auch in diesem Marktumfeld zusammen mit den Österreich-Verkehren ein Plus von 6,0 Prozent erzielt und 105.652 Lkw-Sendungen transportiert. Dabei waren die Verbindungen mit der Türkei und Tschechien die zwei Shooting-Stars dieser Verkehrsachse. 1. Türkei: Die erst 2008 eingeführten Züge über die Drehscheibe im slowenischen Ljubljana haben 2010 ihr Aufkommen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt (plus 119 Prozent). In ihrem dritten Jahr haben die Transporte von und nach der Türkei mit 4.396 Sendungen die Verkehre mit Frankreich bereits überholt. 2. Tschechien: Das Transportvolumen der Ganzzüge kletterte 2010 um 27 Prozent auf 16.635 Sendungen. „Hier kann man deutlich die Wirkung schienenfreundlicher Rahmenbedingungen erkennen", erläutert Riedl. „Wir haben immer mehr tschechische Transportunternehmer in der Kundschaft, weil die dortige Regierung begonnen hat, die Beschaffung kranbarer Sattelauflieger zu unterstützen." Außerdem wurde in Tschechien 2010 eine Straßenmaut für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen eingeführt.
Die Verkehre mit Österreich verringerten sich um 3,7 Prozent auf 59.781 Sendungen. Grund waren durch Baustellen bedingte Qualitätsprobleme. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Transporte auf dem Korridor bereits wieder um 38 Prozent gestiegen.

Polen, Spanien und Frankreich im Rückwärtsgang
Die einzigen Länder, in denen Kombiverkehr 2010 einen Rückgang des Aufkommens erleben musste, waren Polen, Spanien und Frankreich. In Polen war die geringe Pünktlichkeit der Züge klar als Ursache des Sendungsrückgangs um 4,1 Prozent auf 8.568 auszumachen. Hier hat Kombiverkehr bereits zum Fahrplanwechsel gegengesteuert. Indem die Zahl der ab Poznan bedienten Terminals reduziert wurde, sanken die Komplexität im Produktionsablauf und dadurch die möglichen Fehlerquellen. Seitdem hat sich die Pünktlichkeit der Züge deutlich verbessert. Weil es in Frankreich 2010 gleich drei größere Streikperioden im April, Juni und Oktober gab, die sich auf insgesamt 30 Tage summierten, kam es bei Zügen zwischen Deutschland, Frankreich und Spanien nicht nur zu außergewöhnlich hohen Verspätungen, sondern auch zur Annullierung zahlreicher Abfahrten. In der Folge sank das Aufkommen mit Spanien um 2,6 Prozent auf 37.797 Sendungen, mit Frankreich um 5,2 Prozent auf 3.613.

Produktivitäts- und Servicefortschritte: schneller und zuverlässiger

„Verbunden mit dem starken Wachstum von Kombiverkehr gab es 2010 handfeste Verbesserungen im Kundenservice, die ihrerseits wiederum die Angebote zusätzlich attraktiver machen", meint Breuhahn und macht dies an vier Punkten fest. 1. „Neue Terminals haben zusätzliche Transportoptionen eröffnet." 2010 wurden die vier Terminals Antwerpen Combinant, Helsingborg, Herne und Kiel-Schwedenkai neu an das Netz von Kombiverkehr angeschlossen. 2. „Aufgrund der stärkeren Nachfrage konnten wir auf vielen Strecken die Zahl der wöchentlichen Abfahrten erhöhen, was Transit- und Umlaufzeit des eingesetzten Equipments zum Teil deutlich reduziert und die Produktivität für die Kunden erhöht." Beispielsweise hat sich durch ein optimiertes Verkehrskonzept und die Aufstockung der Abfahrten zwischen München und Ljubljana von drei auf fünf pro Woche die Transitdauer eines Containers von Rotterdam nach Istanbul von neun auf fünf Tage verkürzt. 3. „Die Umstellung internationaler Mehrgruppenzüge auf Direktzüge", so Breuhahn weiter, „hat die Zuverlässigkeit erhöht und die Züge beschleunigt." Als Beispiel nennt er hier den neuen Direktzug zwischen Neuss und Wien, mit dem Sendungen zehn Stunden früher als bisher in der österreichischen Hauptstadt eintreffen. 4. „Wir konnten insbesondere auf ausgelasteten Strecken Kapazitätssteigerungen herbeiführen, Kostensteigerungen abfedern und damit weitgehende Preisstabilität erhalten, indem wir Züge verlängern und/oder ihr Gewicht erhöhen konnten. Das ist ein mühsames Ringen auf jeder einzelnen Trasse, aber es lohnt sich aufgrund des hohen Produktivitätsfortschritts in jedem Fall." Beispiele sind die Zuggewichte, die zwischen Hamburg und München von 1.200 auf 1.375 Tonnen stiegen, zwischen Hamburg und Basel von 1.200 auf 1.600 Tonnen oder zwischen Duisburg und Leipzig in zwei Stufen auf 2.000 Tonnen. Ein Modell für neue Möglichkeiten bei Zuglängen ist die niederländische Betuwelinie. „Als wir 2007 die ersten Züge in Eigentraktion produzierten, war eine maximale Kapazität von 80 bis 84 TEU die Regel. Jetzt sind wir in der Lage, auf diesem Korridor Züge mit 670 m Länge, 100 TEU Ladungskapazität und einem Gesamtgewicht von 2.000 Tonnen zu ziehen. Und es ist geplant, künftig Züge mit 1.000 Metern Länge zu fahren."

Impulse 2011: neue Angebote und neuer Markenauftritt
Unabhängig von der Transportkonjunktur setzt Kombiverkehr mit neuen Produkten und neuen Vermarktungsformen 2011 zusätzliche Wachstumsimpulse. Das erst zur Fachmesse transport logistic im Mai dieses Jahres vorgestellte neue Produkt de.NETeco+, bei dem die Transporte zwischen deutschen Terminals komplett mit Energie aus regenerativen Quellen gespeist und somit CO2-neutral betrieben werden, hat bereits seinen ersten Kunden gefunden. Speziell auf die Anforderungen von Paket- und Expressdiensten zugeschnittene Verbindungen im de.NETexpress ermöglichen zudem seit Kurzem den Umstieg besonders zeitsensibler Güter auf die Schiene.
Kombiverkehr hat die Bezeichnung seiner Netze und Produkte neu gestaltet. Nationale Verkehre, die bisher unter der Bezeichnung Kombi-Netz 2000+ liefen, sind jetzt an dem Markennamen de.NETdirekt+ erkennbar. Dabei zeigt die kursiv gesetzte Namenserweiterung zusätzliche Besonderheiten in den jeweiligen nationalen und internationalen Netzwerken an. Schnelle Expressverkehre und CO2-neutrale Terminalverbindungen innerhalb Deutschlands werden im de.NETexpress beziehungsweise im de.NETeco+ angeboten. Die internationalen kontinentalen Verbindungen haben die Markenbezeichnung eu.NETdirekt+ und die Seehafenhinterlandverkehre von und nach Rotterdam beziehungsweise Antwerpen die Markenbezeichnung eu.NETmaritim erhalten.

Entwicklung 2011: hohe Nachfrage setzt sich fort
Kombiverkehr ist zuversichtlich, 2011 den Wachstumskurs des Vorjahres fortsetzen zu können. Neben den kontinuierlich verbesserten und erweiterten Angeboten profitiert das Unternehmen dabei von wichtigen, allgemeinen Trends. Dazu zählt die Entwicklung des Dieselpreises, die zunehmende Mauterhebung, der wachsende Mangel an Lkw-Fahrern und die Suche nach ökologischen Transporten. Aktuell führt die hohe Nachfrage zum Beispiel in Kombination mit den bestehenden Terminalengpässen jedoch dazu, dass nicht immer alle Transportwünsche erfüllt werden können. Leichte Entspannung wird es diesbezüglich erst 2012 geben, wenn die Erweiterungsarbeiten an den vier großen Terminals Hamburg, Köln, Ludwigshafen und München abgeschlossen sein werden. „Für das Gesamtjahr 2011 gehen wir von einer vergleichbaren Gesamtentwicklung wie in 2010 aus", prognostiziert Breuhahn. In den ersten fünf Monaten des Jahres hat sich die Gesamtmenge der transportierten Sendungen um 9,9 Prozent erhöht.

Forderung an die Politik: Terminals und Netz ausbauen

Das von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in diesem Jahr im Weißbuch zum Güterverkehr vorgestellte Ziel, bis 2050 die Hälfte des gesamten Güterverkehrs auf Strecken von mehr als 300 Kilometer Länge in Europa per Bahn oder Schiff abzuwickeln, kann nach Ansicht von Kombiverkehr nur mit massiven zusätzlichen Investitionen in den Ausbau von Terminals und Schienennetz erreicht werden. „Wenn die Politik es ernst meint mit der Verlagerung zusätzlicher Transporte von der Straße auf die Schiene, dann müssen in Deutschland die Mittel für den Ausbau der Terminalkapazitäten, die 2009 um mehr als die Hälfte gekürzt wurden, mindestens wieder auf den Stand von 2008 gebracht werden", fordert Riedl. „Eine Autobahn braucht Auf- und Abfahrten, ein Schienennetz braucht Umschlagterminals."

Quelle: Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co KG

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