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Kauf Regional: Nationalrat schließt Beratungen über Volksbegehren ab

Beschlüsse zu Verbraucherschutz bei Online-Einkäufen und zu KMU-Förder-Haftungsrahmen.

Mit der einstimmigen Kenntnisnahme des Ausschussberichts hat der Nationalrat heute die Beratungen zum Volksbegehren „Kauf Regional“ abgeschlossen. Nach einem Experten-Hearing im Wirtschaftsausschuss begrüßten auch im Plenum alle Fraktionen die Intention des Volksbegehrens. Die Ansätze für Maßnahmen gingen aber in unterschiedliche Richtungen.

Grünes Licht gaben die Abgeordneten sowohl für eine Erhöhung des Haftungsrahmens im KMU-Förderungsgesetz auf 1 Mrd. €, als auch für zwei Gesetze zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Online-Handel. Neuerlich verlängert werden bestimmte Corona-Regelungen im Wirtschaftsbereich.

Zwei in der Debatte eingebrachte FPÖ-Anträge blieben in der Minderheit. Zum einen legten die Freiheitlichen ein Maßnahmenpaket gegen die „Kostenlawine“ vor, zum anderen fordern sie „keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch steigende Kammerbeiträge infolge der Teuerung“.

Volksbegehren „Kauf Regional“.
Der Wettbewerbsnachteil regionaler Wirtschaftsbetriebe gegenüber dem „niederlassungslosen“ Online-Handel soll durch gesetzliche Änderungen ausgeglichen werden, so die Forderung des mit 146.295 Unterschriften unterstützten Volksbegehrens „Kauf Regional“. Beispiele dafür seien eine zweckgebundene Regionaltransferabgabe des Online-Handels oder die Senkung der Mehrwertsteuer des stationären Handels.

Die Anliegen der Stärkung heimischer Wirtschaft und regional einzukaufen seien allen gemeinsam, erklärte Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Zu differenzieren sei aber hinsichtlich der im Volksbegehren vorgeschlagenen Maßnahmen. Ähnlich wie für Laurenz Pöttinger (ÖVP) ist für Himmelbauer die Besteuerung multinationaler Digitalkonzerne ein Thema. Was die geforderte Senkung der Umsatzsteuer betrifft meinte sie, selbst wenn diese europarechtlich möglich wäre, wäre eine solche Unterscheidung zwischen stationärem und Online-Handel innovations- und digitalisierungshemmend. Darüber hinaus wies sie auf Förderinstrumente etwa bei der Nahversorgung und auf EU-Projekte in diesem Bereich hin.

Das Volksbegehren bringe zum Ausdruck, dass der Markt nicht mehr von selbst funktioniere und sei damit eines der wichtigsten der letzten Zeit, meinte Maximilian Lercher (SPÖ) etwa im Hinblick auf Internet-Riesen wie Amazon. Er kritisierte, dass die Politik zugelassen habe, dass ein „neuer Feudalismus“ entstanden sei. Das Volksbegehren habe die Ungerechtigkeit zwischen „Superreichen“ und Bürger:innen auf Punkt gebracht. Christoph Matznetter (SPÖ) wies einerseits darauf hin, dass der stationäre Handel weitergehende Funktionen habe, wie etwa die dezentrale Bevorratung von Gütern. Außerdem gelte es, im Hinblick auf Hungerlöhne bei den betreffenden Konzernen gemeinsam für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Das Volksbegehren stelle ein Zeichen an die Regierung dar, jetzt zu handeln, so Walter Rauch (FPÖ), etwa bei der Versteuerung von Gewinnen multinationaler Konzerne. Wichtig seien aber auch die Forderungen nach einer niedrigeren Umsatzsteuer für den niedergelassenen Handel sowie eine zweckgebundene Regionalabgabe des Online-Handels. Erwin Angerer (FPÖ) warf den Regierungsparteien vor, dass sie bei „hausgemachten Fehlern der Vergangenheit“ nun die Verantwortung abschieben würden.

Elisabeth Götze (Grüne) betonte unter anderem zum Vorschlag der steuerlichen Entlastung des stationären Handels, dass sich das Finanzministerium in europarechtlicher Hinsicht intensiv um eine Lösung bemühe. Eine Stärkung der Ortskerne sei darüber hinaus auch für den Tourismus von Bedeutung. Was die Besteuerung von Konzernen betrifft, sei man am Weg zu einer Digitalsteuer von 15%, so Götze. Auch den Vorschlag für einen Entfall der Mietvertragsgebühr werde man sich ansehen.

Einigkeit gebe es zwar in der Diagnose des Problems, eine differenzierte Umsatzsteuer ist aber aus Sicht von Karin Doppelbauer (NEOS) europarechtlich nicht umsetzbar, wie sie sagte. Zudem stelle dieser Ansatz nicht das richtige Instrument dar. Wichtiger wäre es ihr zufolge, ein echtes Paket zu schnüren, etwa mit Bürokratieabbau, mit Senkung der Lohnnebenkosten und einer Flexibilisierung der Öffnungszeiten. Die Ungerechtigkeiten, die globaler Online-Handel mit sich bringe, seien auf europäischer bzw. globaler Eben zu lösen, so Doppelbauer.

Verbraucherschutz bei Online-Einkäufen.
Für zwei Gesetze zur Stärkung des Verbraucherschutzes angesichts der zunehmenden Digitalisierung des Handels haben sich die Abgeordneten mit Mehrheit ausgesprochen. Die Regelungen richten sich gegen missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und gegen unlautere Geschäftspraktiken. Dabei geht es etwa um mehr Transparenz auf Online-Marktplätzen. Weitere Themen sind Preisangaben sowie die bessere Durchsetzbarkeit von Verbraucherrechten. Die Strafen bei Verstößen sollen deutlich angehoben werden. Hintergrund ist die so genannte Modernisierungsrichtlinie der EU, mit der vier Richtlinien der EU zum Verbraucherschutz aktualisiert wurden. Die neue EU-Richtlinie wird in Form von zwei Umsetzungsgesetzen in österreichisches Recht gegossen.

Beispielsweise sollen Preisermäßigungen künftig so zu ergänzen sein, dass bei Rabatten auch der vorherige niedrigste Preis, der zumindest einmal innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung in demselben Vertriebskanal angewendet wurde, anzugeben ist. Unter dem Stichwort „Dual Quality“ geht es um eine Regelung, wonach die idente Vermarktung einer Ware in mehreren Mitgliedstaaten trotz wesentlicher Unterschiede in ihrer Zusammensetzung oder ihren wesentlichen Merkmalen als irreführende Geschäftspraktik gelten soll. Verboten werden soll etwa die Anzeige von Suchergebnissen ohne Offenlegung etwaiger bezahlter Werbung oder spezieller Zahlungen, die zur Erreichung eines höheren Rankings dienen. Darüber hinaus enthalten die Änderungen etwa neue Verbotstatbestände im Zusammenhang mit Verbraucherwertungen sowie dem Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen, insbesondere Kultur- und Sportveranstaltungen.

Kritik äußerte Katharina Werner seitens der NEOS in Bezug auf Befürchtungen im Begutachtungsverfahren, wonach es entgegen der Intention der EU-Richtlinie geradezu zu einer Verschlechterung des Verbraucherschutzes kommen könnte.

Johanna Jachs (ÖVP) betonte die Stärkung des Verbraucherschutzes. In diesem Bereich gehe es aber auch immer darum, die Balance zwischen Konsumentschutz und Unternehmen zu wahren. Mit der Umsetzung sei zugleich gelungen, dass es nicht zu einem „Gold Plating“ kommt. Ulrike Fischer (Grüne) meinte, heute werde eine Lücke im Konsumentenschutz geschlossen, etwa im Hinblick auf personalisierte Preise, mit denen Unternehmen große Gewinne machen würden. Auch die Transparenz bei Rankings führe zu einem besseren Verbraucherschutz.

Michael Seemayer (SPÖ) sieht ebenso klare Verbesserungen für Konsumenten, etwa darin, dass künftig der Preis der letzten 30 Tage bei einem Aktionspreis ausgewiesen werden muss. Die Preisbildung bei manchen Produkten online sei bisher nahezu unnachvollziehbar, so Seemayer. Die SPÖ stimme dem Paket zu, das aber aus seiner Sicht keinen „großen Wurf“ darstelle, zumal der Spielraum zur Stärkung der Verbraucherrechte nicht genutzt worden sei.

Erwin Angerer (FPÖ) griff bei der Gelegenheit das Thema Inflation auf und brachte den FPÖ-Entschließungsantrag für einen Stopp der „Kostenlawine“ ein. Es gehe ihm damit unter anderem um Entlastungen wie eine Steuersenkung, um eine Erhöhung des Pendlerpauschale, eine Streichung der CO2-Steuer und um Mehrwertsteuersenkungen.

KMU-Förderungsgesetz: Haftungsrahmen wird auf 1 Mrd. € erhöht.
Der im KMU-Förderungsgesetz vorgesehene Haftungsrahmen von 750 Mio. € wird auf 1 Mrd. € ausgeweitet. Für den Antrag von ÖVP und Grünen zur Änderung des KMU-Förderungsgesetzes haben die Abgeordneten einstimmig grünes Licht gegeben. Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie habe die Nachfrage nach Garantien der Austria Wirtschaftsservice (aws) zugenommen. Daher sei der im KMU-Förderungsgesetz definierte Haftungsrahmen bereits ausgeschöpft und soll nunmehr aufgestockt werden. Während Erwin Angerer (FPÖ) und Christoph Matznetter (SPÖ) Zustimmung signalisierten, wandte Gerald Loacker (NEOS) grundsätzlich ein, dass man aufhören sollte, Unternehmen an den „Staatstropf“ zu hängen. Was wirklich helfen würde, wäre eine deutliche Lohnsteuersenkung, meinte er. Die Ausweitung sei für KMU wichtig, zumal es mehr Anträge in Bezug auf den Haftungsrahmen gebe, betonte Franz Hörl (ÖVP). Das Haftungsvolumen habe schon über längere Zeit jedes Jahr um 50 Mio. € zugenommen, so Elisabeth Götze (Grüne). Die KMU würden Finanzierungen brauchen, um Liquiditätslücken zu überbrücken.

In diesem Zusammenhang wurde auch ein Initiativantrag der Koalitionsparteien verhandelt und mehrheitlich beschlossen, um Regelungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie neuerlich zu verlängern, und zwar bis Ende 2022. Die im Bilanzbuchhaltungsgesetz, Wirtschaftskammergesetz, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, Ziviltechnikergesetz und Arbeiterkammergesetz eingeführten Bestimmungen zur Pandemie sind mit 30. Juni 2022 ausgelaufen. Es sei davon auszugehen, dass die Regelungen auch für den Rest des Jahres 2022 benötigt werden. Dabei geht es im Bereich der Bilanzbuchhalter und im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz etwa um die Hemmung von Fristen, beispielsweise zur Ablegung der Fachprüfung. Neben der Hemmung solcher Fristen betreffen die Regelungen im Ziviltechnikergesetz, aber auch für die Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer unter anderem die Online-Durchführung von Sitzungen und Versammlungen.

Erwin Angerer (FPÖ) kritisierte die Maßnahmen als „unnötige Pandemieverlängerung“. Beschlüsse am Umlaufweg zu fassen erachte er außerdem als intransparent. Auch Gerald Loacker (NEOS) äußerte Bedenken hinsichtlich vermehrter Online-Sitzungen, was den demokratischen Prozess betrifft. Dem entgegnete Laurenz Pöttinger (ÖVP), es handle sich um Erleichterungen für diese Berufsgruppen, als Vorsichtsmaßnahme und auf deren Wunsch. Christoph Matznetter (SPÖ) sieht in der Möglichkeit der Online-Teilnahme an Sitzungen eher das Gegenteil als Loacker, nämlich, dass alle partizipieren können. Elisabeth Götze (Grüne) warnte grundsätzlich aber davor, alle Punkte etwaig ohne Begutachtung in Dauerrecht zu überführen. Das gelte es vorher, genauer anzuschauen.

Beendigung des Investitionsschutzabkommens mit Ungarn.
Zur Umsetzung eines EuGH-Urteils betreffend bilaterale Investitionsschiedsklauseln hat der Nationalrat ein weiteres Beendigungsabkommen zu bilateralen Abkommen Österreichs über die Förderung und den Schutz von Investitionen zur Genehmigung genehmigt, und zwar mit Ungarn.

Von dem EuGH-Urteil sind sämtliche in bilateralen Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthaltenen Bestimmungen zur Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit betroffen, so die Erläuterungen. Die bisher dazu vorgelegten Beendigungsabkommen betreffen die Slowakei, Kroatien, Slowenien, Malta, die Tschechische Republik, Rumänien, Bulgarien, Estland, Litauen, Polen und Lettland.

Johann Höfinger (ÖVP) und Petra Oberrauner (SPÖ) erläuterten, dass die bilateralen Abkommen nicht mehr nötigen seien, zumal Abkommen auf europäischer Ebene aufgestellt würden bzw. der Bereich in EU-Recht übergeführt werden soll. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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