Krise verändert Markt für Logistikimmobilien

Noch bis vor sechs Jahren haben sich Unternehmen in Deutschland genau überlegt, in welche Mitarbeiter sie an welchem Standort und in welcher Gemeinde sie Geld in „ihre eigenen Steine“ investieren wollen. Ab 2003 wurde das Geschäftsmodell „Logistikimmobilien zur Miete“ in Deutschland immer beliebter. Unternehmen schätzten die Flexibilität, den gewonnenen Cash Flow und die bessere Konzentration auf das eigene Kerngeschäft, besonders vor dem Hintergrund von Basel II, und schlossen gerne 5 bis 15-jährige Mietverträge in modernen Lagerhallen ab.

In der Folge optimierten Hersteller und Handelsunternehmen speziell in einzelnen Güter- und Warengruppen in immer kürzeren Zeitläufen ihre Lieferketten und verkürzten die Kontraktlaufzeiten für Logistiker. Gleichzeitig unterboten sich die großen internationalen Immobilienentwickler in den letzten zwei Jahren und schufen Neubau-Logistikimmobilien mit Mietlaufzeiten von bis zu 3 Jahren auch in B und C-Lagen, deren Mietpreise billiger als vor Ort verfügbare Bestandsimmobilien waren. Die Subvention der niedrigen Mieten war nur aufgrund eines hohen Ratings mit einem bis zu 15- bis 16-fachen Verkaufsfaktor auf die Miete dieses Objektes und damit einher gehend den Verkauf an geschlossene Immobilienfonds der großen Projektentwickler oder andere Abnehmer am Markt möglich.

So kam es vor, dass Unternehmen, deren Mietvertrag auslief, statt in der Logistikimmobilie am bestehenden Standort den Vertrag zu verlängern, lieber z.B. 5 bis 10 km weiter in die nächste Gemeinde „zogen“, um dann in den nächsten drei Jahren für einen geringeren Mietzins beim selben Vermieter oder Wettbewerber in einer komplett neu errichteten Halle ihrem Geschäft nachzugehen. Kurzum: Der Mietpreis und die sehr kurzen Mietlaufzeiten diktierten Ansiedlungen und ließen längerfristige wirtschaftliche Ausrichtungen vernachlässigen.

Durch die Finanzkrise und die damit verbundene nachfolgende Wirtschaftskrise ist dieses Szenario nun vorbei. Hersteller, Handelsunternehmen und Logistiker werden ihre Standorte – solange es sich nicht um Umschlaglager oder kurzfristige Auffangbecken für Überkapazitäten handelt – wieder langfristiger und strategischer auswählen müssen.

Banken und Finanzpartner sowie Käufer der Asset Klasse Logistikimmobilien haben ihr Ankauf- und Risikoprofil stark verändert und Mietlaufzeiten von zehn Jahren und Drittverwertbarkeit wieder in den Vordergrund gesetzt. Auch Banken, die für die Zwischenfinanzierungen solcher Projekte heran gezogen werden, selektieren ihre am Markt reduzierten Kredit-Angebote stark nach Mietlaufzeit, Bonität des Kunden sowie nach der Standortauswahl für die wieder wichtig gewordene Drittverwertbarkeit aus.

Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Monaten bereits gekaufte Grundstücke an Gemeinden wieder zurückgegeben und sogar Projekte mitten in der Realisierungsphase gestoppt. Jetzt heißt es für die großen Projektentwickler nach Entlassungen auch die hohen Leerstände der in den letzten zwei Jahren errichteten Lagerhallen abzubauen. Mitten in der Finanzkrise ist eine Rückkehr zu konservativen und kaufmännischen Parametern wieder gefragt. Der Markt der Projektentwickler bereinigt sich, die Anbieter im Bereich Projektentwicklung für Logistikimmobilien werden weniger. Kleinere, regionale Entwicklerteams mit langjähriger Expertise erhalten nun öfter die Zuschläge, obwohl sie wirtschaftlich nicht die Preiswertesten sind. Kurze Mietlaufzeiten für Neubauten wird es mittelfristig nicht mehr geben – bonitätsabhängig wird sich ein Mieter wieder bis zehn Jahre binden. Darauf werden sich auch Hersteller und Handelsunternehmen bei der Vergabe ihrer Logistikkontrakte einstellen müssen.

Bestes Beispiel ist aktuell der weltweit führende Dieselmotorenhersteller Cummins. Nach über 30 Jahren am südhessischen Gewerbe- und Industriestandort Groß-Gerau baut Alpha Industrial für Cummins am selben Standort ein ca. 6.000 qm großes umweltfreundliches Vertriebs-, Service- und Distributionszentrum. Dieses wird Cummins zukünftig langfristig als neue Deutschlandzentrale nutzen.

Ausschlaggebend für die Standorttreue können die gute Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der Gemeinde oder Stadt über Jahrzehnte sein sowie die Loyalität und Professionalität der Mitarbeiter und Partnerunternehmen oder Dienstleister. Auch das Umfeld – welche Unternehmen haben ihren Firmensitz in meiner Nähe – kann eine größere Rolle spielen. In Groß-Gerau befindet sich der Dieselmotorenhersteller mit Procter & Gamble sowie Logistikern wie TNT, DHL, Kraftverkehr Nagel in bester Gesellschaft. Um eine gute Firma zu halten, sind auch die Gemeinden zu Zugeständnissen bereit. Das kann Preisreduktionen von Grundstücken ebenso beinhalten wie Starthilfen durch die Arbeitsämter.

Quelle: MyLogistics

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