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Leistungsstark vom Süden her aufrollen

Die oberen Adriahäfen Triest, Rijeka, Koper und Venedig werden immer stärker von österreichischen Verladern präferiert, wenn es darum geht Exporte und Importe nach oder aus Übersee abzufertigen. Es sind aber nicht mehr nur die Adria-Häfen, sondern auch jene in Piräus, La Spezia oder Genua, die mit ihrem umfangreichen Leistungsportfolio die Verlader im Hinterland umwerben.

Beitrag: Redaktion.

Beim diesjährigen Südhafenforum des Vereins Netzwerk Logistik (VNL) in den Räumlichkeiten des Cargo Center Graz (CCG) in Werndorf bei Graz ging es um die vorhin genannten Häfen und deren Drehscheibenfunktion in globalen Transportketten von und nach Österreich bzw. in die Nachbarländer. Das vierte Forum war gut besucht und es gab Informationen aus erster Hand etwa aus dem Hafen Piräus, wo der chinesische Reeder Cosco kräftig Flagge zeigt oder von der Lidl-eigenen Reederei Tailwind Shipping Lines, die seit Juli des Vorjahres im Container-Geschäft auf Hochsee mitmischt und für Ladung von Dritten wirbt.

Christian Steindl, Vorstand im VNL-Vorstand Süd, betonte in seinem Eröffnungsstatement zwar die nach wie vor wichtige Rolle der Nordhäfen, doch die Südhäfen holen immer mehr auf und stehen im stärker werdenden Wettbewerb mit Hamburg, Rotterdam, Antwerpen und Co. Hamburg ist zwar noch immer der wichtigste Container-Exporthafen für österreichische Verlader mit einem Containeraufkommen von rund 330.000 TEU. Doch Koper mit seiner einer Million Container-Umschlag im vergangenen Jahr und einem Österreich-Containerumschlag von 227.000 TEU liegt auf Rang zwei gleich hinter Hamburg. Die Reeder nehmen die Adria-Häfen immer stärker ihre Fahrpläne auf und Andreas Stepan, Vorsitzender des Verbandes österreichischer Schifffahrtsagenten (VÖSA) und zugleich Manager der französischen Reederei CMA CGM in Österreich sieht dabei nicht nur Triest, Koper, Rijeka, Piräus und Venedig, sondern auch die Mittelmeerhäfen La Spezia und Genua als interessanter werdende Hubs selbst für österreichische Verlader. Die steigende Bedeutung erklärt der Reedereimann mit der Leistungsfähigkeit der Häfen und der steigenden Zahl von Direktanläufen seitens der Reeder. Zahlen belegen, dass Koper beim Gesamtumschlag der wichtigste Hafen für Österreichs Außenhandel ist.

Knapp mehr als sieben Mio. t österreichische Ladung wurden 2022 dort umgeschlagen. Täglich verkehren zwischen Koper und Österreich 30 Frachtzüge. Koper hat neben Österreich auch die östlichen Nachbarländer als attraktive Hinterland-Märkte. Triest ebenfalls aber mit noch stärkerer Ausstrahlung in den südbayerischen Raum. Venedig hat den Nachteil, dass der Hafen nautisch für Frachtschiffe nur am Tag erreichbar ist und der geplante Off-shore-Containerterminal draußen vor dem Hafen darf eher unter Ambition als denn als real umsetzbares Projekt gesehen werden, so Stepans Einschätzung.

Das Seefrachtgeschäft hat sich in den letzten Jahren massiv verändert, von 15 auf neun große Reeder-Allianzen hat sich der Markt reduziert, wobei drei davon den globalen Seefrachtmarkt dominieren und Maersk mit 725 Schiffen, MSC mit 698 und CMA CGM mit 588 den Ton angeben. Jede Menge Order für neue Schiffe stehen in den Büchern der Schiffsbauer, „ob die passende Ladung zum größeren Schiffsangebot auch kommt ist freilich die Frage“, so Stepan.

Die Reeder erledigen ihren Job längst nicht mehr nur bis zur Kaikante, sondern „spielen auch Spediteur“ und engagieren sich mit Selbsteintritt bis in die Hinterlandmärkte. Fazit: Die Reeder forcieren Direktgeschäfte mit ihren Kunden. Die Transportkette vom Hafen zu Hinterlandterminals wollen die Reeder selbst in der Hand haben, beim Vor- und Nachlauf „dürfen“ die echten Spediteure zum Zug kommen. Eine Entwicklung, die in der Speditionsbranche selbstredend gar nicht gut ankommt.

Die Südhäfen punkten mit der schnelleren Erreichbarkeit etwa im Asien-Europa-Trade. Das sieht auch die chinesische Reederei Cosco so. Den Hafen in der Stadt Athen bezeichnet Karl Seitz, Niederlassungsleiter der Reederei Cosco in Österreich als „unseren Hafen“, wo Cosco kräftig Flagge zeigt. Cosco ist dort als Reeder, als Terminal-, Hafen- und Logistik-Fazilitäten-Betreiber tätig und Ocean Rail Logistics organisiert die Abwicklung der Hinterlandverkehre in praktisch alle südosteuropäische Länder.

Sechs Dienste bietet Cosco aktuell von und nach Piräus an, von wo aus Fracht in zahlreiche Länder rund um das Mittelmeer „nach jedem Dorf gefeedert wird“, wie Seitz es formulierte und ergänzend anmerkte:
„Wir fahren derzeit 17 Züge pro Woche ab und nach Piräus“. Dabei forciert die Reederei long Haulage-Verkehre, weil man sich als Gesamtlogistik-Anbieter versteht.

Mit Tailwind Shipping Lines ist im Juli des Vorjahres eine neue Reederei auf dem Markt aufgetaucht. Dahinter verbirgt sich der Diskonter Lidl, der „nicht länger so viel Geld für die Seefracht ausgeben wollte“ und daher selbst Reeder wurde, wie Alexander Prahl, Manager von Tailwind erklärte. Lidl ist 100-Prozent Eigentümer der Reederei und transportiert derzeit mit acht 5.000 TEU-Schiffen seine Ladung aus Fernost nach Europa. Prahl: „Mit der eigenen Ladung sind wir zu 80 bis 90 Prozent ausgelastet, die restlichen Kapazitäten vermarkten wir Dritten und die sind bei uns willkommen“. In China laufen die Schiffe Qingdao, Taicang, Ningbo und Da Chan Bay an, in Europa sind es die Häfen Koper, Barcelona und Rotterdam. „Wir sind simpel“, sagte Prahl, und meint den einfachen Zugang zum Buchungssystem bei Tailwind für Dritte, die ihre Container im „Panda Express Service“ oder „Tiger Express Service“ auf die Schiffe verladen können. Ersterer ist ein Dienst von den genannten chinesischen Häfen und letzterer einer aus Bangladesch nach Europa. Externe Verlader können ihre Waren in die Tailwind-eigenen 7.500 20- und 45-Fußcontainer und 300 Reeder-Container verladen. Die gute Auslastung gibt es primär im Verkehr von Asien nach Europa, retour befinden sich auf den Schiffen primär leere Container und daher sucht man bei externen Verladern Exportfracht, die künftig der bisherige CCG-Geschäftsführer Christian Steindl in Europa akquirieren soll. Prahl: „Herr Steindl wird uns künftig unterstützen“, was praktisch seit Anfang Oktober der Fall sein wird, weil Steindl als bisheriger CCG-Geschäftsführer zu Lidl gewechselt hat. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 4/2023

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