Logistik-Indikator: Abkühlung der deutschen Logistikkonjunktur setzt sich fort

Die deutsche Logistikwirtschaft zeigt sich im laufenden Quartal abermals in schwächerer konjunktureller Verfassung. Der Klimawert des Logistikindikators, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet, gab in der Novemberbefragung um 8,7 Zähler auf 105 Punkte nach. Er liegt damit nunmehr in Reichweite der neutralen 100er-Marke. 
 
Mit der Entwicklung im Schlussquartal des laufenden Jahres setzt sich die Abkühlung der Logistikkonjunktur fort, die ausgehend von einem sehr lebhaften Niveau im Sommer des Vorjahres einsetzte. Die Klimaeintrübung geht nahezu zu gleichen Teilen sowohl auf eine ungünstigere Lageeinschätzung als auch auf weniger optimistische Erwartungen zurück. Am Bild einer Lage, die immer noch besser eingeschätzt wird als die Aussichten für die kommenden zwölf Monate, hat sich daher nichts geändert. Insofern folgt bislang die Richtung der laufenden Entwicklung den Erwartungen der Logistikunternehmen. Die Ergebnisse für Anbieterseite des Logistikmarktes (Logistikdienstleister) zeigt das gegenüber den Anwendern in Industrie und Handel typisch stärker ausgeprägte Zyklusmuster. Während das Klima auf der Anwenderseite nur unwesentlich um gut 1 auf jetzt 117,2 Indexpunkte nachgab, ging der Klimawert der Anbieter deutlich um 16,2 Zähler auf 92,7 Punkte zurück, so dass dort die Zeichen mittlerweile auf eine leichte Kontraktion der ökonomischen Aktivität hindeuten. 
 
Nachdem die Erwartungswerte auf der Anbieterseite im Vorquartal in den kontraktiven Bereich absackten, ist ihnen nun die Lageeinschätzung gefolgt (Rückgang um 23 auf 96,7 Punkte). Auch wenn die Auftragseingänge und die Geschäftsentwicklung etwas an Boden gutmachen konnten, so konnten sie die kräftigen Rückgänge für die Einschätzung der Geschäfts- und Auftragslage nicht ausgleichen. Die Kapazitätsauslastung ist drastisch eingebrochen und wird nun per Saldo von 27,5 Prozent der Befragten als schlecht eingeschätzt (vor drei Monaten überwog mit 2,5 Prozent noch leicht die Einschätzung einer guten Auslastung der Kapazitäten). Gegenüber der Lagebeurteilung haben sich die Erwartungen für die kommenden 12 Monate auf der Anbieterseite mit einem Rückgang um gut 9 auf jetzt 88,8 Punkte weniger deutlich verschlechtert. Die eingetrübten Aussichten auf die zukünftige Geschäftsentwicklung und Auftragslage schlagen abermals negativ auf die Personalplanung und die Investitionsabsichten durch, so dass sich die Eintrübung in allen Komponenten niederschlug. 
 
Das nahezu unveränderte Konjunkturklima auf der Anwenderseite rührt daher, dass die fortgesetzte Rücknahme der Erwartungen durch eine fast gleich große Verbesserung der Lageeinschätzung aufgefangen wurde. Diese geht allerdings nur auf die relative Preiserhöhung für Logistikleistungen zurück, während nahezu alle übrigen Lagekomponenten auf ihrem Vorquartalsniveau verharrten. Neben dem deutlich angezogenen Preisindikator offenbart auch die unveränderte Einschätzung der Kapazitätsverfügbarkeit im Markt für Logistikleistungen eine deutlich divergierende Sicht zwischen Anbieter- und Anwenderseite. Mit Ausnahme der grenzüberschreitenden Logistikbedarfe haben sich sämtliche Erwartungskomponenten verschlechtert, wobei der Swing bei der erwarteten Geschäftsentwicklung besonders ausgeprägt ist. Auch beim Kapazitätsausbau agieren die Anwender nunmehr spürbar vorsichtiger. 
 
Sonderthema: Soziale Medien spielen in der deutschen Logistikwirtschaft zwar derzeit keine dominante Rolle, angesichts des B2B-Charakters dieses Wirtschaftszweiges sind die Nutzungsraten aber beachtlich. Die Logistikanwender haben hierbei die Nase vorn: 67,4 Prozent von ihnen gaben an, Soziale Medien in der einen oder anderen Form zu nutzen, bei den Anbietern sind es nur 57,5 Prozent. Während bei diesen das schiere Präsenzmotiv überwiegt, ergab sich unter den Befragten in Industrie und Handel eine Mehrheit, die Soziale Medien bereits in ihre Geschäftsprozesse oder ihre PR-Aktivität integriert haben. Internationale Studien deuten darauf hin, dass die Soziale Medien auch im B2B-Umfeld in Zukunft an Bedeutung zulegen dürfte – nämlich dann, wenn die heute noch überwiegend jüngeren Nutzer in Führungspositionen aufgerückt sein werden. 
 
Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik
Die erste gute Nachricht lautet: Der Gesamtindikator für den Wirtschaftsbereich Logistik pendelt sich im vierten Quartal 2012 knapp oberhalb der Normalniveaus ein. Zweite gute Nachricht: Die Lageeinschätzung in Industrie und Handel ist nach zwei Quartalen wieder im Anstieg begriffen, allerdings bei weiterhin verhaltenen Erwartungen. Weniger gute Nachrichten gibt es von den Logistik-Dienstleistern: Ihre wirtschaftliche Lage sowie die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate sind leicht unter das Normalniveau gesunken. Das wiederum ist nicht ungewöhnlich, denn aus den wirtschaftlichen Schwankungen der jüngeren Vergangenheit wurde deutlich, dass gesamtwirtschaftliche Veränderungen bei den Logistikdienstleistern deutlich stärker durchschlagen als in Industrie und Handel – bei negativen wie bei positiven Entwicklungen. 
 
Der Wendepunkt in der Lageeinschätzung der Supply Chain Management-Spezialisten aus Industrie und Handel kann ein positiver Frühindikator sein. Jedenfalls nährt er die Hoffnung, dass der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Dynamik in Deutschland voraussichtlich im vierten Quartal 2012 erreicht sein wird. So formulierten es die Wirtschaftsweisen kürzlich und fuhren fort: "Im Laufe des Jahres 2013 ist damit zu rechnen, dass die deutsche Wirtschaft wieder etwas Fahrt aufnehmen wird." Möge diese Prognose in Erfüllung gehen. Im Augenblick jedenfalls, so die Ergebnisse der Indikatorumfrage, sinkt aufgrund kaufmännischer Vorsicht die Investitionsneigung im Bereich Logistik auf beiden Marktseiten und auf absehbare Zeit ist nicht mit weiterem Aufbau personeller Ressourcen zu rechnen. 
 
Das für 2013 für Deutschland prognostizierte Wirtschaftswachstum von etwa 0,8 Prozent ist – das lehrt die Erfahrung – keine volks- und betriebswirtschaftliche Komfortzone. Der IWF erwartet für die kommenden Jahre ein Wachstum des Welthandels zwischen drei und vier Prozent. Die für den deutschen Export wichtigen Absatzmärkte wie die USA und China sind von einer stabilen Nachfrageentwicklung weit entfernt. Weitere für die deutsche Wirtschaft relevante Handelspartner wie Brasilien, Russland, Indien und die Türkei erwar-ten anhaltendes Wachstum auf hohem Niveau. Der Konsum im Inland ist stabil geblieben, aber die Mehrkosten für die Energiewende werden nicht ohne Wirkung bleiben. Defizite hinsichtlich der Qualität und des weiteren Ausbaus der Infrastruktur wirken hinderlich für eine effiziente Logistik – und damit für die Entwicklung des Wirtschaftsbereiches. 
 
Positiv ist jedoch, dass die Logistiker in Industrie, Handel und Dienstleistung in Deutschland viel besser auf Konjunkturschwankungen vorbereitet sind als vor vier Jahren. Daher bleiben eine intensive Marktbeobachtung und besonnenes Handeln erfolgsrelevant. Auch wenn ökonomisch gesehen ein eher kühler Winter bevorsteht, gibt es hinreichend Signale der Hoffnung, dass es ein kurzer Winter werden wird. 

Quelle: MyLogistics

Portal: www.logistik-express.com

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