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Logistik und Prozessdenken als Wettbewerbsfaktoren

Am 8. April 2013 startet zum 10. Mal der zertifizierte Confare Lehrgang ‚ProduktionsleiterIn‘. Zum Jubiläum beantwortet Lehrgangsleiter Herwig Winkler, Head of Department Production Management & Business Logistics der Alpen Adria Universität, Fragen zum Thema Logistik, Produktion und zu den Herausforderungen, die Produktionsprofis erwarten.

Welchen Stellenwert hat die Logistik in modernen Unternehmen?

Die Logistik gilt heute vielfach als zentrales Verbindungselement einer stark arbeitsteiligen und globalisierten Wirtschaft. In den vergangenen Jahren haben produzierende Unternehmen einen immer größeren Teil ihrer Wertschöpfung auf nationale oder internationale Zulieferer verlagert. Bei vielen Automobilherstellern und Maschinenbauunternehmen umfassen zugekaufte Leistungen und Produkte heute bereits 70 bis 85 Prozent der Gesamtwertschöpfung der Endprodukte. Der griechische Ausspruch „Panta rhei“ – alles fließt – gilt daher heute mehr denn je. Industrie- und Handelsunternehmen, die keine ausgeprägten Kompetenzen in der Planung, Steuerung und Kontrolle komplexer Waren- und Informationsströme besitzen, gelten im Wettbewerb als benachteiligt und sind mit ihren Kosten- und Leistungsstrukturen häufig nicht konkurrenzfähig. Folgt man einer Studie des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart, dann wird speziell für Automobilzulieferer und andere ähnlich geforderte Industrieunternehmen die Logistikkompetenz zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.

Von uns wurde in Kärnten eine Studie zum Entwicklungsstand und den Ausbildungserfordernissen in der Logistik durchgeführt. Dabei wurden ca. 100 Unternehmen u.a. zur Bedeutung verschiedener Bildungsabschlüsse sowie zu den benötigten Kenntnissen und Fähigkeiten in der Logistik befragt. Zentrales Ergebnis war, dass die Unternehmen die große Bedeutung der Logistik erkannt haben und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Logistikkompetenzen planen.

Was bedeutet das Prozessdenken in der Produktion? Welche Veränderungen sind dazu notwendig?

Das Prozessdenken verlangt einerseits, sich auf die einzelnen (wertschöpfenden) Aktivitäten in der Produktion zu konzentrieren; andererseits geht es aber auch darum, ganze Prozessketten ganzheitlich zu betrachten und zu gestalten. Damit diese Herausforderungen von den Produktionsleitern gut zu bewältigen sind, ist es wichtig, die Betriebssituation zu verstehen, die richtigen Entscheidung zu treffen und diese auch zweckmäßig umzusetzen. Dazu ist es notwendig, die Anforderungen des Unternehmens auf die Produktion zu übertragen und rasch passende Lösungsansätze für das Produktionsmanagement zu entwickeln.  Wir hatten in der Vergangenheit einen starken Fokus auf den Themen Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Ich sehe für die Zukunft zusätzlich zum Effizienzstreben bei vielen Unternehmen ein Flexibilitätsstreben. Effizient und flexibel gleichzeitig zu sein wird heute von den wenigsten Unternehmen beherrscht.

Bei der Prozessplanung ist es besonders wichtig, neue Prozessketten vom internen oder externen Kunden rückwärts zu bestimmen und Prozessinput und -output aus den Kundenbedürfnissen abzuleiten. Nur so sind leistungsfähige Prozessketten zu entwickeln, die der geforderten Prozessleistung und -wirtschaftlichkeit entsprechen.

Was sind die größten Herausforderungen für die Produktion der Zukunft? Worauf sollten sich ProduktionsleiterInnen einstellen?

Österreichische Industrieunternehmen unterliegen aktuell ganz besonders schwierigen Einflüssen aus der Unternehmensumwelt. Neben der Bewältigung von Finanz- und Wirtschaftskrise sind vor allem geeignete Strategien und Maßnahmen zu entwerfen, die darauf abzielen, Erfolgspotentiale im Produktionssystem neu aufzubauen, um steigende Kundenanforderungen bestmöglich zu erfüllen und nachhaltige Wettbewerbsvorteile und Gewinne erzielen zu können. Alle Funktionsbereiche innerhalb des Unternehmens, z.B. Beschaffung, Produktion und Verkauf sowie die ganze Supply Chain, sind so zu gestalten, dass Wertschöpfungsprozesse schnell, kostengünstig, flexibel und qualitätsgerecht durchzuführen sind. Aus Sicht der Produktion ist dazu zu fordern, dass die Schnittstellen zu allen Unternehmensfunktionen zu optimieren sind, um beste Leistungen für höchste Ansprüche der Kunden erbringen zu können. Damit diese Herausforderungen von den Produktionsleitern gut zu bewältigen sind, ist es wichtig, die Betriebssituation zu verstehen, die richtigen Entscheidung zu treffen und diese auch zweckmäßig umsetzen. Dazu ist es notwendig, die Anforderungen des Unternehmens auf die Produktion zu übertragen und rasch passende Lösungsansätze für das Produktionsmanagement zu entwickeln.  Wir hatten in der Vergangenheit einen starken Fokus auf den Themen Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Ich sehe für die Zukunft zusätzlich zum Effizienzstreben bei vielen Unternehmen ein Flexibilitätsstreben. Effizient und flexibel gleichzeitig zu sein wird heute von den wenigsten Unternehmen beherrscht.

Im Zuge des zertifizierten Confare Lehrgangs ‚ProduktionsleiterIn‘ werden Praxisarbeiten von den TeilnehmerInnen erwartet. Welche Themen und Projekte werden hier bearbeitet? Gab es für Sie auch überraschende Ergebnisse?

Die Aufgabenstellung beim Produktionsleiter von Confare besteht darin, ausgewählte Inhalte des Lehrgangs mit Hilfe einer Projektarbeit im eigenen Unternehmen zu vertiefen. Das soll einerseits dazu beitragen, dass das erlernte Wissen im praktischen Umfeld vertieft wird. Andererseits ist damit auch ein Zusatznutzen aus dem Lehrgang verbunden: es wird ein internes Verbesserungsprojekt angegangen, das bei den meisten Unternehmen häufig schon länger geplant war. Die aus den Anforderungen an die Projektarbeit gestellte systematische Vorgangsweise zwingt die Teilnehmer, Probleme objektiv zu betrachten, zu bewerten und umsetzbare Lösungsansätze zu entwickeln.

Die Vielfalt der bisher eingereichten Projektarbeiten ist sehr hoch. Die Themen reichen von einfachen praktischen KVP-Konzepten, Überlegungen zur Gestaltung des betrieblichen Vorschlagswesens, Vorschläge für Prozessverbesserungen, Neugestaltung des Materialflusses, Produktionsoptimierung mit Kennzahlen und Kennzahlensystemen, Überlegungen zur Verbesserung des Instandhaltungsmanagements bis hin zu anspruchsvollen Investitionsbeurteilungen bei der Anschaffung neuer Produktionsanlagen.

Inhaltliche Überraschungen erlebe ich aufgrund meiner wissenschaftlichen und beratenden Profession eigentlich nur mehr sehr selten. Sehr positiv überrascht haben mich allerdings einige Arbeiten hinsichtlich der hohen Qualität bei der Aufbereitung der Projektergebnisse. Da freut man sich dann auch.

Quelle: LE Magazin 01-2013

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