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Nichts geht ohne unsere KMU

Per Ende Juli dieses Jahres waren in Österreich mit 2.028.362 Personen erstmals mehr als zwei Millionen Mitarbeiter in Klein- und Mittelunternehmen mit nicht mehr als 250 Mitarbeitern beschäftigt. 66,6 % aller Beschäftigungsverhältnisse in Österreich entfallen damit auf KMU, errechnete die KMU Forschung Austria auf Basis der Versicherungsstatistik. 

Die Klein- und Mittelbetriebe sind generell unser Beschäftigungsmotor. Demnach stieg die Zahl der Arbeitsplätze in KMU von Juli 2008 bis Juli 2012 um 45.660, während die Großbetriebe im Vergleich „nur“ 5.140 Jobs schufen. Wie die KMU Forschung errechnet hat, haben die „Kleinen“ die Krise erstaunlich rasch überwunden und die Arbeitsplatzverluste der Jahre 2008/09 erstaunlich rasch wettmachen können. Schon im Juli 2011 wurde der Beschäftigtenstand vom Juli 2008 wieder um 10.761 überschritten und bis Juli 2012 wurden weitere 34.899 Arbeitsplätze geschaffen. Insgesamt werden zwei von drei Jobs in Österreich von KMU geschaffen.
 
Was wir jetzt brauchen, sind daher kluge Investitionsprogramme. Viele Experten setzen sich z. B. für die Wiedereinführung einer Investitionszuwachsprämie ein, denn derzeit sind die Investitionen auf einem sehr niedrigen Niveau. Eine solche IZP (Investitionszuwachsprämie Neu) sollte auf Investitionen in Maschinen und immaterielle Güter fokussiert sein. Eine zehnprozentige Prämie (bei einer Prämienhöchstgrenze von 100.000 Euro) würde Kosten von ca. 80 Millionen bedeuten. Bei einem Investitionszuwachs von rund 4 Prozent wäre das ein Volumen von 800 Millionen Euro. Dem stünde ein Beschäftigungseffekt von 7.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen sowie ein Plus bei der Wertschöpfung gegenüber. Hauptvorteil der IZP Neu wäre, dass damit auch für Unternehmen in einer Verlustsituation Anreize gesetzt werden können.
 
(Body-)Checks für unsere KMU
Denn natürlich beeinträchtigen die Schuldenkrise in Europa sowie die Diskussion um einen möglichen Ausstieg Griechenlands aus dem Euro zunehmend auch die heimischen KMU. „Von einer möglichen Kreditklemme ist man in Österreich noch weit entfernt – vielmehr geht es den heimischen Banken darum, dass die KMU-Betriebe ausführliche Bilanzen, durchdachte Finanzpläne und betriebswirtschaftliche Risikoszenarien bei allfälligen Kreditanfragen vorlegen können“, erklärt Peter Bosek, Privat- und Firmenkundenvorstand der Erste Bank. „Genau darauf müssen die Unternehmer künftig noch besser vorbereitet sein. Für viele Unternehmen – vor allem für kleinere Betriebe – war es bisher schwierig und aufwändig, sich einen professionellen Überblick über die eigene betriebswirtschaftliche Situation inklusive verschiedener Szenarien zu machen“, sagt Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien. Deshalb haben WKW, die Erste Bank und das WIFI Unternehmerservice der WKÖ mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums einen kostenlosen KMU-Stresstest entwickelt, der den Betrieben entscheidende Informationen über die individuelle betriebswirtschaftliche Situation und mögliche Entwicklungen geben soll. Anonymisiert geben Unternehmen betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie Umsatz, Wareneinsatz, Personal-, Betriebs- und Finanzierungskosten ein. Das Programm erstellt daraufhin eine betriebswirtschaftliche Diagnose der aktuellen Situation: 
www.kmu-stresstest.at
 
Die Analyse
Die Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation der Betriebe ist derzeit (noch?) überwiegend positiv: Drei Viertel weisen ein positives Eigenkapital aus, knapp 37 % liegen bei einer Eigenkapitalquote von über 30 %. Allerdings gibt es eben auch zu viele KMU, die ihre Kosten kaum decken können. Und genau diese Betriebe hatten es auch ohne Basel III und Finanzkrise schon in der Vergangenheit schwer, Kredite zu bekommen. Präsidentin Jank: „Ein Kleinunternehmer, der seine Situation genau kennt, betriebswirtschaftliche Szenarien erarbeitet und einen Finanzplan erstellt hat, wird die Bank in der Regel vom Geschäftsmodell überzeugen können. Mit dem KMU-Stresstest haben Unternehmen nun das richtige Tool dafür.“ Bernhard Sagmeister, Chef der Förderbank Austria Wirtschaftservice (aws), bestätigt, dass unsere KMU im Herbst 2012 den Gürtel eher enger schnallen müssen: „Das Risikobewusstsein der Banken hat sich deutlich verändert – es ist größer geworden.“ Unternehmen mit guter Bonität würden zwar noch relativ leicht an eine Finanzierung kommen, schlechtere hätten es aber eindeutig schwerer als in den vergangenen Jahren. Der Generalsekretär des Österreichischen Gewerbevereins Stephan Blahut sieht derzeit „rigidere Banken“. Und die Nationalbank bestätigt es gewissermaßen „offiziell“: Die österreichischen Banken hätten die Bedingungen, unter denen sie Kredite gewähren, im zweiten Quartal 2012 verschärft. Als Ursachen dafür ortet die OeNB höhere Eigenkapitalkosten der Banken, eine ungünstigere Einschätzung der Konjunktur sowie „branchen- oder firmenspezifische Faktoren“. Auch die Verpflichtung, das Eigenkapital aufzustocken, habe zur Verschärfung der Kreditvergabe im ersten Halbjahr 2012 beigetragen.
 
Keine Angst vor dem Rating!
Alle Banken und Experten sind einig, dass auch und gerade KMU ihr jeweiliges Rating und damit ihr „Standing“ bei der Bank bis zu einem bestimmten Ausmaß selbst aktiv beeinflussen können – und damit auch ihre Finanzierungskosten. Das eine oder andere Zehntelprozent kann dabei schon einige tausend Euro wert sein. In einem Satz: Ein gutes Rating bringt attraktivere Rahmenbedingungen. „Firmen, die nicht bereit sind, ihre Karten auf den Tisch zu legen, müssen damit rechnen, dass ihr Verhalten Niederschlag in den angebotenen Konditionen findet“, bestätigt Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV1870 Holding AG im Gespräch mit dem LOGISTIK EXPRESS. „Nicht nur in Krisenzeiten müssen Risiken entsprechend kalkuliert werden. Ein gutes Rating ist also nicht nur dem Image förderlich, sondern auch dem Bankkonto. Wer Transparenz bei anderen fordert und selbst nicht dazu bereit ist, ist im Geschäftsleben sehr schnell im Out.“.  (PJ)

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