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Per Autopilot in die Zukunft der Mobilität

Mit den Schlussvorträgen dreier Spitzenmanager der Automobil- und Zulieferindustrie ging Freitag Nachmittag das Internationale Wiener Motorensymposium zu Ende.

Zwei Tage lang hatten mehr als 1000 Experten, darunter führende Vertreter der Automobilwirtschaft, Techniker und Wissenschaftler, zukünftige Formen der Mobilität, neue Wege bei Fahrzeugantrieben, Kraftstoffen und Rohstoffen und praktikable Lösungen für die Gegenwart diskutiert. Das vom Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und der Technischen Universität Wien (Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik) im Kongresszentrum der Wiener Hofburg veranstaltete Symposium fand heuer bereits zum 37. Mal statt.

Daimler Benz: Intelligenz und Emotion – Lösungen für die Mobilität der Zukunft
Mit fünf Schwerpunkten umriss Prof. Dr. Thomas Weber, Mitglied des Vorstandes der Daimler AG, verantwortlich für Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung, seinen Blick in die Zukunft:

  • Verbrennungsmotoren mit modernster Technik sowie gezielte Optimierungsmaßnahmen am Fahrzeug in den Bereichen Aerodynamik, Leichtbau und Energiemanagement bilden weiterhin das Rückgrat unserer Mobilität. Ohne Diesel geht es dabei nicht; der Selbstzünder ist auch zukünftig ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur weiteren CO2-Reduktion.
  • Bedarfsgerechte Hybridisierung fungiert als „Brücke“ auf dem Weg zum emissionsfreien Fahren. Schlüsseltechnologie für mindestens die nächste Dekade sind dabei vor allem Plug-in-Hybride.
  • Die Zukunft der Antriebe bildet langfristig das lokal emissionsfreie Fahren mit Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeugen.
  • Digitalisierung und Vernetzung sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Daher transformieren wir den „digital lifestyle“ unserer Kunden konsequent in einen „digital drivestyle“.
  • Der Weg zum autonomen Fahren zeichnet sich unwiderruflich ab. Das schafft für Fahrer, Insassen und Passanten eine völlig neue Qualität der Fortbewegung. „Viele Innovationen sind notwendig. Wir müssen uns den Spirit erhalten, das Auto neu zu erfinden, um auch die Mobilität neu zu gestalten“, appellierte Dr. Weber an die in Wien versammelten führenden Techniker der weltweiten Automobilindustrie.

Bosch: Die Zukunft der Mobilität ist elektrifiziert, automatisiert und vernetzt
„Die Zukunft der Mobilität ist elektrifiziert, automatisiert und vernetzt“, prognostizierte Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, aus der Sicht des weltweit tätigen Zulieferunternehmens. Gegenwärtig sei das primäre Entwicklungsziel bei den Verbrennungsmotoren, Emissionen bei gleichzeitigem Erhalt der Effizienz zu reduzieren. Dieselmotoren müssten in Richtung niedriger Stickoxidemissionen optimiert werden, Ottomotoren benötigten weitere Maßnahmen, um die Partikelemission unter Realbedingungen zu erfüllen.

Für die Elektrifizierung sei die Batterie eine entscheidende Komponente, denn sie verursache rund 80 Prozent der Kosten des elektrifizierten Antriebsstrangs und rund 60 Prozent des Gewichts und des Bauraums. Li-Ionen-Batterien würden als derzeit meistverbreitete Technologie den Markt bis 2020 dominieren, aber zunehmend an ihre Grenzen stoßen. Post-Li-Ionen-Technologie wie beispielsweise Festkörperzellen, würden bessere Energiedichten und mehr Sicherheit versprechen, so Dr. Denner.

Was das automatisiertes Fahren betreffe, werde dieses schrittweise zur Realität, der „Autobahn-Pilot“ sei ein Beispiel für ein solches Szenario. Das Langfristziel sei das vollautomatisierte Fahren in allen Situationen und bei allen Geschwindigkeiten, die so genannte Autopilot-Funktion. Schon in zwei Jahren soll gemeinsam mit Mercedes autnomes Valet-Parking eingeführt werden, das automatisierte Parken im Parkhaus.

Die verbesserte Vernetzung der Fahrzeuge ermögliche eine Vielzahl von neuen Funktionen und Dienstleistungen. Aber die Vernetzung des Fahrzeuges habe erst begonnen. In der Zukunft würden auch verschiedene Lebenssituationen miteinander vernetzt sein, meinte Dr. Denner: „So wird das Auto zum persönlichen Assistenten.“

Die Mobilitätswelt von morgen – aus der Sicht des Volkswagen Konzerns
„Die Automobilindustrie steht vor ihrem wohl größten Innovationssprung: Das Auto der Zukunft ist effizienter, intelligenter, komfortabler und sicherer als jemals zuvor. Es fährt elektrisch und in einigen Jahren auch autonom. Es ist vernetzt über Mobilfunk neuester Generation und immer auf dem aktuellsten Stand dank fortlaufender Software-Updates. Es hat große Head-up-Displays mit Augmented Reality und es reagiert auf natürliche Sprache, Gesten oder sogar auf Blicke,“ zeichnete Dr. Eckhard Scholz, Vorsitzender des Vorstands von Volkswagen Nutzfahrzeuge, in seinem Schlussvortrag ein Bild der Zukunft – und gab damit einen Überblick über Herausforderungen und Lösungen aus der Sicht des Volkswagen Konzerns. Klar sei: Auf dem Weg zur emissionsfreien Mobilität brauche man das gesamte Antriebsspektrum. Immer effizientere Benzin- und Dieselmotoren, Erdgasfahrzeuge, Plug-in-Hybride sowie reine Elektroautos, und möglicherweise perspektivisch auch die Brennstoffzelle mit Wasserstoff.

„Auf absehbare Zeit unverzichtbar“ gelte der Verbrennungsmotor und – allen aktuellen Diskussionen zum Trotz – ausdrücklich und gerade Dieselmotor, stellte der VW-Vorstand fest und verknüpfte damit die Ankündigung, dass bis 2020 der Konzern bei Verbrenner-Motoren durch Optimierungen weitere Effizienzsteigerungen von 10 bis 15 Prozent erzielen werde.

Für Volkswagen stehe aber auch fest, dass die Elektrifizierung der Fahrzeugmodelle einen wichtigen Betrag zur Lösung leisten könne – und müsse, so Dr. Scholz. „Auch wir arbeiten intensiv an diesem Thema. Und eines kann ich Ihnen heute bereits sagen: Die nächste Volkswagen Transporter-Generation wird es auch in einer elektrischen Antriebsvariante geben.“ Die E-Strategie reiche sogar bis zur Marke Porsche: Zum Ende des Jahrzehnts werde mit dem Mission E der erste Porsche-E-Sportwagen auf dem Markt sein, mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern und kurzen Ladezeiten. Seine Batterien sollen innerhalb von 15 Minuten wieder zu 80 Prozent aufgeladen werden können.

Ein großes Potenzial liege in der Digitalisierung und den damit verbundenen neuen Geschäftsmodellen. Heute liege der Wertschöpfungsanteil der Elektronik an einem Fahrzeug wie dem VW Golf bei rund 30 Prozent. Im Jahr 2020 werde dieser Anteil bereits 50 Prozent erreichen. Und allein in den kommenden fünf Jahren könnten in Europa rund 90 Millionen „Connected Cars“ verkauft werden. Es sei also auch in Sachen Automobil nicht zu hoch gegriffen, von einer dramatischen digitalen Veränderung zu sprechen, die jeden Bereich der Automobilindustrie umfasst, stellte Dr. Scholz fest. Deshalb werde die VW Group in Kürze insgesamt drei Future Center gründen. Diese Zukunftszentren werden in Potsdam, Peking und Kalifornien angesiedelt und sollen das Wissen und Können der Automobilingenieure mit den Ansprüchen der Experten aus der digitalen Welt verschmelzen.

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