Prozessmanager im Aufwind

Prozessoptimierungen haben zur Zeit hohe Priorität – zuviel IT und zuwenig Methodik bei der Umsetzung, Potenzial liegt im Vertrieb

Prozessmanager sind gefragte Experten – zur Zeit und auch in Zukunft. Das ergab eine Umfrage unter Geschäfts- und Personalleitern von 156 Groß- und Mittelbetrieben in Österreich. Denn 90 % der befragten Unternehmen geben an, regelmäßig bzw. ständig mit hauptberuflichen Prozessmanagern zu arbeiten. 57 % der befragten Organisationen beschäftigen eigene Prozessmanager – tw. mit entsprechender Experten-Karrieremöglichkeit. 59 % arbeiten zusätzlich oder ausschließlich mit externen Prozessberatern zusammen bzw. planen eine Zusammenarbeit in nächster Zeit. Durchgeführt wurde die Umfrage von gpi. gesellschaft für prozess- und it-management gemeinsam mit der Personalberatung scg.

Ob auf fix angestellte Prozessexperten oder auf externe Prozessberater zurückgegriffen wird, hängt neben der Unternehmensgröße vor allem auch von der Komplexität der Prozessoptimierung ab. 65 % der Befragten sehen Prozessoptimierungen jedenfalls als große Herausforderung für ihre Organisation. Bei umfangreichen bzw. neuartigen Prozessoptimierungen greifen auch Konzerne mit eigenen angestellten Prozess-Spezialisten gerne auf externe Beratung und Begleitung zurück.

IT-Tools versus Prozess-Methodik: Richtiger Mix fehlt noch

84 % der von gpi und scg befragten Unternehmen haben zur Zeit ein oder mehrere Prozessoptimierungsprojekt/e laufen. Dabei setzen 71 % von ihnen ein IT-Tool ein, aber lediglich 45 % gehen laut eigenen Angaben dabei auch methodisch vor. In den Augen von Prozess-Experte Mag. Christian Stüger, Managing Partner von gpi., ein kritisches Missverhältnis: „IT-Programme können Expertise und Nachdenken nicht ersetzen. Das zeigt die Praxis immer wieder. Auch wenn es verlockend wirkt und Optimierungen durch Computerlösungen leicht implementierbar scheinen. Der Schein trügt, ohne Know-how in der Prozessmethodik leidet die Qualität und die Effizienz der Umsetzung. Aber natürlich: Die Verzahnung von IT mit dem jeweiligen Fachbereich ist ein Schlüsselfaktor, den es stetig zu verbessern gilt.“ Letzteres sehen auch 90 % der österreichischen Unternehmen so.

Dass die Prozessmethodik mehr an Bedeutung gewinnen muss, unterstreicht auch Mag. Jochen Borenich MBA, Mitglied der Geschäftleitung von T-Systems in Österreich und Umfrageteilnehmer. T-Systems setzt dabei seit 2006 konzernweit auf Six Sigma. Borenich: „An erster Stelle muss bei einem Prozessoptimierungsprozess der Inhalt und das Ziel stehen. Erst dann der Einsatz von IT-Programmen.“ Borenich ist daher auch überzeugt, dass Prozessmanager für ihre Tätigkeit umfassende Erfahrungen im Kerngeschäft, Know-how in einer Prozessmethodik, analytische Fähigkeiten und Soft Skills wie Durchsetzungskraft und Kommunikationsfähigkeit brauchen.

Auf regelmäßige Weiterbildung von Prozessmanagern wird daher bei T-Systems viel Augenmerk gelegt. Es wird vor allem auf Coaching durch erfahrene externe Prozessmanager gesetzt. Positiv wertet Christian Stüger, dass bereits 65 % der befragten Unternehmen Prozesskennzahlen zur Evaluierung ihrer Geschäftsprozesse installiert haben. Bei T-Systems beispielsweise werden Prozessziele auch in der Jahres-Zielvereinbarung von internen Prozessmanagern festgeschrieben. Messungen über Kundenzufriedenheit sowie über die Geschwindigkeit mit denen Kundenanfragen beantwortet werden, finden regelmäßig statt.

Potenzial in Administration und Vertrieb

Die Bereiche, die sich innerhalb der befragten Unternehmen am intensivsten mit Prozessoptimierung beschäftigen sind IT (57 %) und Controlling (53 %). Am wenigsten der Bereich Forschung und Entwicklung (8 %). Prozessoptimierungspotenzial ortet Stüger vor allem aber auch in der Administration (43 %) und im Vertrieb (35%). „Prozessoptimierung ist in diesen Bereichen oft noch ein unbekanntes Feld. Vorteile und Nutzen kann ich aber nur schätzen, wenn ich über die Aufgaben von Prozessmanagement zumindest ein Basiswissen habe. Wenn ich weiß, was sich hinter dem Schlagwort verbirgt. Hier ist noch Informations- und Aufklärungsarbeit notwendig. Aber aufgrund des härter werdenden Wettbewerbs bin ich überzeugt, dass Prozessoptimierungen in Zukunft auch im Verwaltungsbereich und vor allem im Vertrieb verstärkt umgesetzt werden. Im Vertrieb sind ja große Dienstleistungsunternehmen durchaus Vorreiter dieser Entwicklung. So gibt es Mobilfunkanbieter, die genau messen wie lange beispielsweise ein Blackberry-Verkauf dauert oder die telefonische Lösung eines Kundenproblems.“
www.aeon-group.at / www.scg-consult.eu

Autor: Paul Jezek

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