Tochtergesellschaft gründen: Wann lohnt es sich?
Stillstand ist auch in der Logistik häufig der Beginn wirtschaftlicher Probleme. Doch wann ist es sinnvoll, den weiteren Weg nach oben durch die Gründung einer oder mehrerer Tochtergesellschaften zu beschreiten?
Was haben Alphabet, MediaMarkt, Saturn und Fressnapf miteinander gemeinsam? Es sind alles Konzerne, bei denen sich unter einem (wirtschaftlichen) Dach ein Mutter- und teils mehrere Tochterkonzerne vereinen.
Bei all diesen Firmen kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie aktiv damit begannen, über die sogenannte Ausgründung nachzudenken, also die Gründung einer Tochtergesellschaft – oder auch mehrere. Auch andere Unternehmer sollten diese Idee nicht zu weit von sich weisen, denn es kann sich mitunter sehr lohnen.Und so, wie es bei diesen drei beispielhaften Firmen funktioniert, gehen auch viele andere Unternehmen weltweit vor – etwa auch die DLH, die Deutsche Logistik Holding, um Beispiel aus der Logistikbranche zu nennen; die DLH entwickelt und betreibt Logistik- und andere Gewerbeimmobilien.
Mutter- und Tochtergesellschaften im Kurzüberblick
Was genau ist ein Tochterunternehmen? Es handelt sich um ein zwar mehr oder weniger eigenständiges Unternehmen, welches jedoch keine rechtlich eigene Kontrolle über sich ausüben kann, sondern in jeglicher Hinsicht an eine übergeordnete Muttergesellschaft gebunden ist. Diese übernimmt typischerweise alle maßgeblichen Kontrollfunktionen und kann zudem auch das Mutterunternehmen für mehrere Tochtergesellschaften sein. Wie stark die Unabhängigkeit der Tochter und die Kontrolle der Mutter sind, hängt jedoch maßgeblich von der gewählten Art dieses unternehmerischen Konstrukts ab (mehr dazu im übernächsten Kapitel).
Die Gründe für ein Spin-Off
Warum sollte eine Firma, die bisher ein einzelnes, eigenständiges Unternehmen war, einzelne Teile auslagern und mindestens eine Tochtergesellschaft gründen? Zugegeben, diese Frage wird sich den meisten Geschäftstreibenden erst nach einigen Betriebsjahren stellen, eine Existenzgründung, bei der quasi aus dem Stand eine Muttergesellschaft samt Tochterunternehmen mit fix und fertigem Businessplan entsteht, ist eher unüblich.
Letzten Endes geht es bei der Ausgründung immer um eines: Ein oder mehrere Teile des bisherigen Betriebs werden „inhäusig outgesourct“. Die Gründe dafür sind durchaus vielfältig:
- Ein Teilbereich, der bislang im Unternehmen nur im überschaubaren Rahmen betrieben wurde, soll künftig deutlich stärker ausgebaut werden. Oft kommt noch hinzu, dass dieser Bereich hinsichtlich seiner Charakteristik nicht mehr wirklich zum Markenkern des Mutterkonzerns passt. Beispiel: Ein Transportunternehmen, welches bislang seine LKW-Flotte in Eigenregie folierte, möchte diese Dienstleistung künftig auch anderen Unternehmen und vielleicht sogar Privatleuten offerieren.
- Das Unternehmen möchte insgesamt und speziell bei der Gewinnausschüttung weniger Steuern abführen. In den meisten Ländern der Erde ist das Konzernrecht so ausgestaltet, dass bei Muttergesellschaft/Tochtergesellschaft-Konstellationen Gewinne und Verluste anders verrechnet werden können als bei einer klassischen Vorgehensweise. Das in Deutschland übliche Prozedere sieht beispielsweise vor, dass Gewinnausschüttungen einer Tochter an ihre (Holding-) Mutter zu nur rund 1,5 Prozent versteuert werden, wohingegen bei der regulären Ausschüttung (einer GmbH) je nach Berechnungsweise ungefähr 25 Prozent Steuern anfielen.
- Ein Unternehmen möchte operativ klarere Verhältnisse mit besser fokussierten Verantwortungsstrukturen schaffen. Damit kann auch der Wunsch einhergehen, wertvollen Persönlichkeiten des Hauses attraktivere Aufstiegschancen zu ermöglichen, als es in der bisherigen Unternehmensstruktur der Fall wäre.
- Es sollen interessante, aber bislang noch nicht rentable oder gar risikoreiche Teilbereiche innerhalb eines sicheren „Reagenzglases“ getestet werden, ohne dass sich daraus wirtschaftliche Probleme für die Muttergesellschaft ergeben können. Beispiel: Ein Transportdienstleister möchte Routenplanung und Fahrpraxis mit neuen Antrieben im praktischen Betrieb testen und weiterentwickeln, dazu aber nicht auf die eigenen Ressourcen zurückgreifen. In diesem Fall könnte das Tochterunternehmen auch nur temporären Bestand haben und nach Erreichen der Ziele wieder eingegliedert werden.
Zwar gibt es auch noch weitere Gründe für eine Ausgründung, diese Positionen stellen jedoch die Majorität dar. Zudem sei erwähnt, dass der große Vorteil bei all diesen Vorgehensweisen ist, dass wirtschaftliche Probleme und ähnliche Härten, die aufseiten der Tochtergesellschaft entstehen, (weitgehend) auf diese beschränkt bleiben.
Das bedeutet, wenn beispielsweise ein Tochterunternehmen insolvent wird, beschränkt sich die Insolvenz und auch die Haftbarkeit auf dieses Unternehmen. Es ist also nicht möglich, dass die Muttergesellschaft oder etwaige andere Tochtergesellschaften mit in den Abgrund gezogen werden. Das ist auch der Grund, warum viele Konzerne diesen Weg gehen, um in Tochtergesellschaften unternehmerische „Testballons“ zu starten, ohne befürchten zu müssen, dass Fehlschläge sich zum Nachteil der Gesamtfirma auswirken.
Aufbau und Struktur der Tochter
Wir halten kurz fest: Wann immer eine derartige Ausgliederung erfolgt, dann geschieht dies im Rahmen des Aufbaus einer Holding. Entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens handelt es sich dabei nicht um eine eigene Rechtsform, sondern um eine Organisationsform: Das große Ganze aus Muttergesellschaft und Tochterunternehmen (Singular und Plural) stellt die Holding dar.
Dabei gibt es letztendlich vier mögliche Verfahrensweisen:
- Die Finanz-Holding (auch Vermögens-Holding): Hierbei agiert das Mutterunternehmen nur als eine Art Vermögensverwalter. Die Tochtergesellschaft ist ein in operativer und entscheidender Hinsicht weitestgehend frei agierender Konzern.
- Die Management-Holding (auch Strategie-Holding): Die Muttergesellschaft übernimmt die strategische Regie innerhalb der Holding, hält also die „Zügel“ aller Entscheidungen in der Hand. Sie selbst managt jedoch hauptsächlich, hat, wenn überhaupt, nur eine sehr kleine eigene Marktpräsenz.
- Die organisatorische Holding (auch strukturelle Holding): Sie kommt immer dann zum Zuge, wenn ein Unternehmen insgesamt in mehrere Sparten unterteilt werden soll. Das kann beispielsweise auch geschehen, um unter mehreren Markennamen operieren zu können.
- Die operative Holding (auch Stammhaus-Holding): Hierbei ist die Muttergesellschaft selbst operativ am Markt tätig, betreibt hier das Kerngeschäft und erwirtschaftet häufig auch die größten Umsätze. Die Tochtergesellschaft ist noch deutlich stärker der Kontrolle der Mutter unterworfen als bei der Strategie-Holding und häufig deutlich kleiner aufgestellt.
Zwar gibt es typischerweise keine Vorgaben, welche Rechtsformen Tochtergesellschaften annehmen müssten, aufgrund der Natur der Ausgliederung kommt jedoch meistens die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Kommanditgesellschaft (KG) oder die Aktiengesellschaft (AG) zum Zuge. In Deutschland wird seit einigen Jahren häufig auch die Unternehmergesellschaft (UG) als haftungsbeschränkte „kleine GmbH“ herangezogen.
Übrigens ist diese Form der Aufsplittung nicht mit einem Joint Venture zu verwechseln. Bei dieser unternehmerischen Variante schließen sich mehrere, zuvor völlig getrennte Firmen für ein meist klares Ziel zu einer Kooperation zusammen. Diese Kooperation stellt sich in der Praxis völlig anders dar und erfolgt auch nur im Rahmen des konkreten Projekts. Darüber hinaus bleiben die involvierten Firmen völlig eigenständig.
Die Vor- und Nachteile einer Tochtergesellschaft
Der wichtigste Vorteil, wenn gewisse Strukturen bzw. Aufgaben eines bisherigen klassischen Konzerns in eine oder mehrere Tochtergesellschaft(en) ausgelagert werden, ist natürlich das mögliche Erreichen der im vorletzten Kapitel erwähnten Ziele. Das bedeutet, je nachdem, welche Strategie eine Firma mit der Gründung einer Holding verfolgt, können Steuern gespart werden, können sich die Teile viel besser auf ihre einzelnen Kernbereiche fokussieren, kann ein deutlich größerer Markt bedient werden – oder vielleicht auch der Schritt ins Ausland gewagt werden.
Allerdings gibt es auch gewisse Realitäten, die sich, sofern sie nicht von vornherein beachtet und klar angesprochen werden, im weiteren Verlauf durchaus zu Nachteilen auswachsen können. Vor allem sind dies die folgenden Punkte:
- Generell wird ein hohes Fachwissen benötigt. Das heißt, sowohl die Führungsspitze des baldigen Mutterkonzerns wie sämtliche Akteure bei der Tochter müssen sich ebenso in dieses Thema einarbeiten, wie auch externe Spezialisten benötigt werden, beispielsweise in diesem Thema besonders bewanderte Steuerberater.
- Es ist durchaus möglich, dass die Leitung der Holding an einem Punkt an einen Zwiespalt gelangt, der Entscheidungen verlangt, die entweder der Mutter oder der Tochter schaden. Je nach genauer Ausrichtung kann auch das Tagesgeschäft von ständig wiederkehrenden Interessenskonflikten geprägt sein.
- Es besteht die Möglichkeit von Kontrollverlusten. Das ist besonders dann gegeben, wenn auch eine große räumliche Distanz zwischen Mutter und Tochter besteht. In dem Fall könnte es passieren, dass letztere eine zu große Eigenständigkeit entwickelt. Das Risiko dafür steigt zudem, falls sich ein weiterer Nachteil manifestiert:
- Es muss der Leitung der Muttergesellschaft jederzeit bewusst sein, dass sie letztendlich für die Tochter verantwortlich ist. Das bedingt einen vollwertigen, stringenten Support. Keinesfalls darf eine Tochtergesellschaft „stiefmütterlich“ behandelt werden.
Last but not least muss auch allen Beteiligten klar sein, dass das Projekt Ausgründung eines ist, welches a) einen in jeglicher Hinsicht hohen Aufwand erfordert und b) keine Operation ist, die schon binnen kürzester Zeit Erfolge vermelden kann. Das bedeutet, dass vor allem der finanzielle Aufwand niemals unterschätzt werden sollte.
Wenn alles mit Sorgsamkeit und Expertise durchgeführt wird, dann wird irgendwann der Punkt kommen, an dem diese „Saat“ aufblüht. Bis dahin müssen jedoch alle Involvierten Willens sein, Geld und Arbeit zu investieren.