Weltbank-Studie: Der Logistik fehlen die Fachkräfte

KLU: LogoQualifizierte Fachkräfte fehlen weltweit in allen Logistik-Bereichen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Professor Alan McKinnon, Professor Kai Hoberg und Dr. Christoph Flöthmann von der Kühne Logistics University (KLU) in Hamburg im Auftrag der Weltbank. Neben einem Mangel an Fachkräften im operativen Bereich fehlen der Logistik auch gut ausgebildete Führungskräfte. Nach Meinung der KLU-Wissenschaftler wird sich der weltweite Fachkräftemangel der Logistik noch ausweiten, wenn Unternehmen und Regierungen nicht jetzt gegensteuern.

„Der Logistiksektor ist in der Vergangenheit weltweit um rund fünf Prozent pro Jahr gewachsen“, erklärt McKinnon. „Die Branche hat es aber nicht geschafft, genügend qualifiziertes Personal anzuziehen, um dieses Wachstum nachhaltig zu unterstützen und immer komplexere Abläufe in der Lieferkette abzudecken.“ Die drei Wissenschaftler haben weltweit rund 300 Experten aus Unternehmen, Regierungen, Bildungseinrichtungen und Verbänden befragt, um das Ausmaß des Fachkräftemangels in der Logistik einzuschätzen. Das Ergebnis: Logistik-Unternehmen haben einerseits Probleme, genügend neue Mitarbeiter zu finden. Andererseits sind viele der vorhandenen Mitarbeiter nicht ausreichend qualifiziert. Dieser Mangel hat erhebliche Auswirkungen. „Die Logistikbranche hat wesentlichen Anteil am Funktionieren einer Volkswirtschaft“, erklärt Hoberg. „Wenn es in der Logistik hakt, macht sich das schnell auch in anderen Bereichen negativ bemerkbar.“

Der Bedarf an Fachkräften in der Logistik unterscheidet sich von Region zu Region. „In Entwicklungs- und Schwellenländern fehlen vor allem Führungskräfte, die in der Lage sind, komplexe Abläufe zu überschauen und effizient zu managen“, fasst Flöthmann zusammen. In den Industrienationen mangelt es darüber hinaus auch an gut ausgebildeten Fachkräften im operativen Bereich. In Deutschland, Großbritannien und den USA zum Beispiel fehlen vor allem LKW-Fahrer.

Schlechter Ruf und mangelnde Weiterbildung
Für den weltweiten Mangel an qualifizierten Fachkräften sehen McKinnon, Hoberg und Flöthmann mehrere Gründe. „Logistik steht in direkter Konkurrenz zu anderen Arbeitsfeldern“, macht McKinnon deutlich. “Und in vielen Ländern sind die Löhne niedrig, die Arbeitsbedingungen schwierig und der Ruf der Branche schlecht.“ Geeignete Kandidaten suchen sich oft lieber einen Job in einem anderen Bereich. Auch die Fähigkeiten der bereits vorhandenen Mitarbeiter können mit dem technischen Fortschritt in der Logistik oft nicht mithalten. Im operativen Bereich fehlt häufig eine geregelte Berufsausbildung, vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Mitarbeiter erhalten nur eine kurze Einweisung. „Das reicht natürlich nicht aus, um den ständig steigenden Anforderungen gewachsen zu sein“, sagt Flöthmann. Auf den höheren Ebenen fehlt oft eine spezialisierte Ausbildung in Logistik und Supply Chain Management. „Viele Führungskräfte sind aufgrund ihrer fachlichen Kenntnisse aufgestiegen“, beschreibt Hoberg das Problem. „Ihnen fehlt aber die Fähigkeit, Logistikprozesse auf einer strategischen Ebene zu führen.“

Wege aus dem Fachkräftemangel
Um dem weltweiten Fachkräftemangel in der Logistik entgegen zu wirken, schlagen McKinnon, Hoberg und Flöthmann verschiedene Maßnahmen vor: Die Zeit und die Ressourcen, die in die Logistikausbildung fließen, müssen auf allen Ebenen deutlich ausgeweitet werden. Die Art und Weise der Ausbildung sollte ebenfalls angepasst werden, um sie attraktiver zu machen. Die Wissenschaftler sehen praktische Lern-Erfahrungen als einen Baustein. „Business Games und Simulationen bieten die Möglichkeit, selbst Entscheidungen zu treffen und deren Auswirkungen zu beobachten“, erläutert Hoberg. „Sie lassen sich nicht nur einsetzen, um Mitarbeiter zu schulen, sondern auch, um Schüler für die Logistikbranche zu begeistern.“ Hoberg und Flöthmann haben ein solches Strategiespiel entwickelt, das Supply Chain Management erlebbar macht.

In ihrer Studie empfehlen die drei auch einen Wissenstransfer von den Industrienationen in Entwicklungs- und Schwellenländer. „Die Einführung einer dualen Ausbildung, wie wir sie zum Beispiel in Deutschland haben, kann Ländern helfen, die Qualifikation von Arbeitskräften in der Logistik zu verbessern“, ist sich Flöthmann sicher. Verbänden wie der BVL in Deutschland oder CILT in Großbritannien kommt die wichtige Rolle zu, das Image der Logistik bei potentiellen Kandidaten zu verbessern. Außerdem sollten sie die Aus- und Weiterbildung verbessern und verbindliche Standards festlegen.

Auch Regierungen, besonders in Entwicklungsländern, können erheblichen Einfluss auf den Fachkräftemangel in der Logistik nehmen: Indem sie die Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft fördern, Beratung und Finanzierung bereitstellen und die Logistikausbildung durch ihre Gesetzgebung erleichtern. Je nach der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes und der Entwicklung seines Logistiksektors sieht die Studie ein maßgeschneidertes Paket an Maßnahmen vor.

Tool Kit für Regierungen
In einem Folgeprojekt hat die KLU ein Tool Kit für Regierungen entwickelt. Es soll einerseits helfen, den Stand von Aus- und Weiterbildung und die Verfügbarkeit von Fachkräften in einem Land einzuschätzen. Andererseits finden sich darin Maßnahmen und Empfehlungen, um das Problem des Fachkräftemangels in der Logistik auf nationaler Ebene anzugehen. Eine Gemeinsamkeit dieser Empfehlungen liegt darin, den Fachkräftemangel in der Logistik mit vereinten Kräften anzugehen. „Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen von Unternehmen, Logistik-Verbänden, Bildungseinrichtungen und Regierungen“, erklärt McKinnon. „Nur dann können wir für diesen wachsenden Sektor die richtigen Leute finden, um die ökonomischen, ökologischen und humanitären Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern.“

Quelle + Bildquelle: KLU

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