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Wirtschafts-Gewitter mit Folgen

Österreich steckt mitten in einer Rezession. Einer kurzen, wie die Wirtschaftsforscher betonen. Aber auch danach bleiben die Aussichten weiter nur mager. Das bedeutet auch Handlungsbedarf für die Politik und die Sozialpartner.

Prognosen sind eine schwierige Sache. Vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“ Dieses launige Zitat des amerikanischen Schriftstellers Mark Twain hat aber natürlich auch viel Wahrheitsgehalt, wie jetzt Österreichs führende Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS wieder einmal zur Kenntnis nehmen mussten. Bislang hatten sie für die heimische Wirtschaft ein – zwar kleines, aber immerhin doch – Wachstum prognostiziert. Wie zuvor schon Deutschland ist jetzt auch Österreich in eine Rezession gerutscht, das Bruttoinlandsprodukt sinkt also.

Das Konjunkturbild hat sich somit weiter verdunkelt, und auch die weiteren Wachstumsaussichten sind mit einem nur sehr mageren Plus für 2024 wenig erfreulich. Die Inflation wird nach heuer fast 8 Prozent im nächsten Jahr noch immer über 4 Prozent bleiben. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr brachte das Problem auf den Punkt: Österreich leide an einem giftigen Cocktail aus sehr hohen Energiepreisen, stark gestiegenen Zinsen, schwacher Weltkonjunktur und schwindender internationaler Wettbewerbsfähigkeit.
Auf den Punkt bringen kann man auch die Reaktionen aus Politik und Sozialpartnerschaft auf die mehr als nur unerfreuliche Botschaft der Wirtschaftsforscher: Österreich steht vor einem Wahljahr und derzeit mitten in einer extrem schwierigen Herbstlohnrunde. Die Bundesregierung sieht das Konjunktur-Tal mit dem „Minuswachstum (Beschönigungs-Ausdruck des Tages von ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher) bald durchschritten – da gilt wohl das Prinzip Hoffnung. Die Opposition sieht ein Totalversagen der Regierung. Die Wirtschaft warnt vor zu hohen Lohnabschlüssen, die Gewerkschaft will diese jetzt noch verstärkt einfordern.

Abseits all dieser erwartbaren Reaktionen muss endlich allen Beteiligten im Lande klar sein: Österreich wandelt auf sehr dünnem Eis. Wir verlieren wegen der hier auf breiter Front zu hohen Teuerung Wettbewerbskraft. Das muss sich die Regierung ankreiden lassen. Und auch der Spielraum für die Lohnrunde wurde keineswegs größer, im Gegenteil.

Die Rezession wird auch den Staat Einnahmen kosten. Und gleichzeitig steigt der Druck noch weiter, zum einen mit verschärften Maßnahmen die Teuerung endlich auf EU-Niveau abzusenken und zum anderen auch die Konjunktur und Kaufkraft anzukurbeln. Ein nationaler Schulterschluss wäre überfällig, um Österreichs Wohlstand zu retten. In Zeiten von unsensiblen und verzichtbaren Burger-Sagern des Kanzlers und einer wenig konstruktiven Opposition wäre ein solcher aber fast ein Wunder. Diesbezüglich sind Prognosen leider hierzulande doch nicht allzu schwierig. 

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Quelle: APA / OTS (Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 7. Oktober 2023. Von ALOIS VAHRNER)

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