Auftragsboom durch Mindestlohn

Das Thema „Mindestlohn“ treibt vielen Unternehmern die Zornesröte ins Gesicht. Wie gerufen kommt dagegen das umstrittene Gesetz zur Einführung des Mindestlohns für Walther Bernard, Geschäftsführer E.Novation des führenden europäischen Telematik-Anbieters Masternaut. Bernard freut sich sogar über einen kleinen Auftragsboom in einem gerade in Deutschland besonders schwierigen Markt.

Herr Bernard, was hat Telematik mit dem in Deutschland neu eingeführten Mindestlohn von 8,50 Euro zu tun?

Walther Bernard (WB): Der Mindestlohn bringt für die Unternehmen eine Dokumentationspflicht mit sich: Die Unternehmen müssen beweisen, dass das ausbezahlte Gehalt geteilt durch die gearbeiteten Stunden mindestens die 8,50 Euro ergibt. In der Transport- und Speditionsbranche ist ohnehin jeder Fahrer gesetzlich verpflichtet, eine Fahrerkarte mitzuführen und einzusetzen. Mit dieser Fahrerkarte werden dann automatisch alle Zeiten für das Be- und Entladen, die Ruhepausen usw. erfasst. Daher sind die Stundennachweise der Transport- und Speditionsbranche bereits sehr transparent.

Allerdings stehen diese Daten nicht immer sofort bereit. Wenn ein Fahrer die ganze Zeit unterwegs ist, ist es unmöglich, auf dessen Daten zuzugreifen. Auf der anderen Seite schreibt der Gesetzgeber vor, dass die Fahrerdaten mindestens alle 28 Tage ausgelesen werden. Die Telematik leitet die Fahrerdaten in dem Moment in die Zentrale, in dem diese Weitergabe erfolgen soll. Dies erfolgt mittels einer Schnittstelle am digitalen Tachographen – also ohne die Fahrerkarte in die Hand nehmen zu müssen.

Telematiklösungen helfen also den Unternehmen, Zeit zu sparen und erleichtern die Abrechnung – ganz besonders dann, wenn der Fahrer gerade unterwegs ist?

WB: Richtig. Aber dies trifft nur auf jene Telematiklösungen zu, die in Verbindung mit dem digitalen Tachographen funktionieren – unser „Tachofresh“ macht genau dies möglich. „Tachofresh“ ist ein Telematikdienst, der 13,99 Euro im Monat je Fahrzeug kostet. In den Kosten inklusive sind die Kommunikationsgebühren sowie die Archivierung aller Fahrer- und Fahrzeugdaten, zu der man ja gesetzlich verpflichtet ist. Die Fahrzeugdaten müssen mindestens alle 90 Tage archiviert werden, die Fahrerdaten sogar alle 28 Tage.

Hinzu kommen noch die Kosten für die Box, also die Hardware. Dies beziffert sich inklusive des Einbaus auf 599,-Euro. Dazu muss man aber wissen, dass der Einbau nur von zertifizierten Werkstätten vorgenommen werden darf. Zertifiziert sind alle sogenannten VDU-Werkstätten sowie die Werkstätten der Hersteller.

Wir schließen uns direkt an den digitalen Tachographen an, lesen dort die originären Daten des Tachographen ab und senden diese in die Zentrale. sobald sich eine Änderung in der Aktivität ergibt.

Inwieweit wirkt sich die Debatte rund um den Mindestlohn auf Ihr Unternehmen aus?

WB: Im Transport- und Logistiksektor verfügen – europaweit – 80 Prozent aller Unternehmen über weniger als 20 Lkws. Diese Klein- und Kleinstunternehmen wollen sich nicht am Freitagabend hinsetzen und darüber nachdenken, welche Auswirkungen gesetzliche Vorgaben für ihre Arbeit haben.

Hinzu kommt: Das Thema „Tachograph“ ist für viele Kunden noch immer ein Buch mit sieben Siegeln. Viele Speditionen würden ihre Fahrzeuge am liebsten wie eine Produktionsmaschine einsetzen und 24 Stunden täglich am Stück fahren lassen; die Fahrzeugführer dürfen jedoch nicht mehr als zehn Stunden am Stück unterwegs sein. Von daher stoßen Tachographen schon emotional als mögliches „Kontrollwerkzeug“ auf Ablehnung. Diese Kontrolle ist jedoch ohnehin gesetzlich zwingend vorgeschrieben.

Unsere Zielgruppe lässt sich also nur schwer erreichen. Gelingt dies, wirkt sich der Mindestlohn für Masternaut positiv aus. Ich habe vor kurzem zum Thema „Digitaler Tachograph“ gesprochen und dabei auch den „Mindestlohn“ einbezogen. Von 20 Teilnehmern haben anschließend drei mit uns einen Vertrag geschlossen. Berücksichtigt man die Besonderheiten der Branche, können wir durchaus von einem kleinen Auftragsboom sprechen.

(Mit Walther Bernard sprach Peter Knoll, Senior Consultant der Presseagentur Firefly Communications und Freier Journalist.)

Quelle: Masternaut

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