HPA-Manager Sebastian Saxe: Prediger des Digitalen

Der Wasserpegel steigt bedrohlich. Schon ist der Kleine Grasbrook im Hafen zum großen Teil mit Wasser bedeckt, in wenigen Sekunden wird das Gebiet ganz verschwinden. Nichts, was den CDO der Hamburg Port Authority (HPA) aus der Ruhe bringen könnte. Dr. Sebastian Saxe, auch Leiter des Katastrophenstabes und damit verantwortlich für die Sicherheit im Hafen, hat Erfahrung – und ein „exzellentes Team“ an seiner Seite. Zum Interview treffen wir Saxe in seinem Büro am Brooktorkai, dort befindet sich auch der Showroom, in dem ein Mitarbeiter das Hochwasserszenario im Hafen glücklicherweise nur simuliert.

Der CDO ist Visionär und Pragmatiker zugleich
Saxes neunköpfiges Team, darunter allein drei Mitarbeiter für Digitalisierung und Awareness, sei handverlesen und bewährt, so Saxe. Seit acht Jahren ist er für die HPA tätig, in den letzten Jahren als CIO und CDO in Personalunion, seit dem 1. Januar dieses Jahres ist er ausschließlich Chief Digital Officer – und das aus gutem Grund.

„Der CDO ist ein Visionär, er hat die Digitalisierung verstanden, er hat ein gutes Verständnis für Mobilität, Big Data, für das Internet der Dinge und Social Network under kann diese Digitalisierungsausprägungen spiegeln an den real stattfindenden Geschäftsprozessen im Unternehmen“, sagt er so, als hätte er an der Definition selbst mitgewirkt.

Digitalisierung wird alle Lebensbereiche durchdringen
„Das heißt zum Beispiel, der CDO identifiziert ggf. auch Potenziale für effizientere Abläufe und macht daraus ein Geschäftsmodell und er orchestriert neue digitale Dienstleistungen. Die Bezeichnung CDO sei auch Ausdruck dafür, dass Digitalisierung längst keine Modeerscheinung mehr sei. „Digitalisierung rückt zunehmend in den Mittelpunkt und wird die Lebenswelten nachhaltig durchdringen, die private als auch die Arbeitswelt. Man muss sich dem Thema mit einem anderen Schwergewicht widmen als bisher. Eine Trennung macht auch Kapazitätsgründen schon Sinn“, so Saxe.

Projekte gibt es bei der HPA genügend. Für die Hamburg News wählt Saxe drei aktuelle Leuchtturm-Projekte aus, über die er sprechen möchte – sein wohl längstes, sein spannendstes und sein liebstes Projekt.

Projekt Port Traffic Center
Werden seine Träume wahr, könnte der Hafen im Jahre 2025 bis 2030 im Prinzip per Tablet gesteuert werden. Ziel sei es, den Durchsatz der Waren durch den Hamburger Hafen zu beschleunigen. „Dazu wollen wir die vier einzelnen Leitstände zu einem einzigen als Port Traffic Center zusammenlegen. Man kann dann den Verkehr im Hafen von einer einzigen Stelle aus kontrollieren, die Verkehrswege im Gesamtkontext betrachten und Synergien nutzen. Das Format ist, wenn Sie so wollen, sogar auf ein Tablet übertragbar.“ Zurzeit gibt es noch die nautische Leitstelle für die Schifffahrt, die Bahnleitzentrale, das Port Road Management Center für den Straßenverkehr und ein Leitstand für die Brücken. Bei den Projekten arbeite die HPA auch eng mit der Universität Hamburg zusammen. Dabei gehe es besonders um kundengetriebene Innovationen, also Auftragsforschung.

Virtual Reality im Hafen
„Bei unserem derzeit wohl spannendsten Projekt geht es um die Frage, wie man Virtual und Augmented Reality in die Prozessabläufe im Hafen einbeziehen und nutzen kann.“ Mögliche Anwendungsszenarien seien zum Beispiel Planungsaufgaben im Hafen mit Virtual Reality zu unterstützen. Saxe: „So könnte man zum Beispiel die Planung einer neuen Köhlbrandbrücke im Hafen oder eines neuen Kreuzfahrtterminals simulieren, Beteiligte und Bürger einbeziehen und Erkenntnisse bei der Umsetzung frühzeitig berücksichtigen. Auch hier kooperieren wir mit der Universität.“

Sein Lieblings-Projektbeispiel dreht sich um das Thema Sturmflut. Die Arbeit im Team und die Abläufe erfolgten bislang noch ganz klassisch auf dem Papier. Beim Projekt PORTprotect werden diese Dinge nach und nach digitalisiert. So kann man die Lage seit kurzem an einem Multitouchtisch simulieren – was würde zum Beispiel passieren, wenn das Wasser in einer Stunde um 80 Zentimeter steigt? „PORTprotect ist der digitale Einstieg in den Katastrophenschutz“, so Saxe begeistert. „Das ist aber erst der Anfang und daher ist es auch mein Lieblingsprojekt“. Hier könnten zum Beispiel auch Drohnen eine wichtige Rolle spielen. Sie kann man zur Lagebeurteilung vor Ort aussenden und die Bilder direkt in der Leitstelle auswerten. – Nur ein Beispiel für zahlreiche Zukunftsprojekte.

„Die Hamburger lieben ihren Hafen“
Als Mathematiker hat Saxe gelernt zu abstrahieren – und diese Fähigkeit braucht er auch als CDO und für seine diversen Vorhaben. Schon vor sechs Jahren habe er auf den IT-Strategietagen in Hamburg über seine Vision des Port Traffic Center gesprochen. Nun sei man in der Realisierung schon ein gehöriges Stück vorangekommen. Saxe gehört zweifellos zu den Visionären und Digital Leadern der Stadt. Dabei ist es ihm wichtig, auch die Mitarbeiter mitzunehmen und für seine Pläne zu begeistern. Das dürfte ihm nicht schwerfallen – er selbst fühle sich selbst manchmal wie eine Art Prediger für die Sache.

Und wenn die HPA im Jahr 2025 oder 2030 mit dem Tablet den Hafen steuern kann, Entwicklungen und Bauvorhaben virtuell simuliert und präsentiert, dann sollen, wenn es nach Saxe geht, die Hamburger selbst am meisten davon profitieren. „Die Hamburger lieben ihren Hafen. Es ist an uns, ihn auch in seinem Wandel und in der Transformation in die neue Welt erlebbar zu machen“.

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