6. Hanselog – Konstruktiver Umgang mit der Krise

Rund 270 Teilnehmer und 18 Aussteller zählte die 6. HanseLog am 23. und 24. September im Grand Elysee Hotel in Hamburg.

Veranstalter war die Bundesvereinigung Logistik (BVL) gemeinsam mit ihren Partnern, der Logistik-Initiative Hamburg, der Behörde für Wirtschaft und Arbeit der Freien und Hansestadt sowie der Handelskammer Hamburg. Erstmals fand die zentrale Logistikveranstaltung im Norden Deutschlands nach neuem, anderthalbtägigen Konzept statt. Das Motto: Stabilität durch Flexibilität – Internationale Wertschöpfung in volatilen Märkten.

Eröffnet wurde die HanseLog am Abend des 23. September durch Prof. Peer Witten, Vorsitzender des Kuratoriums und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg sowie Ehrenvorsitzender der BVL gemeinsam mit Dr. Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der BVL. Witten betonte, wie wichtig es sei, in schwierigen Zeiten miteinander zu reden, zu kooperieren und strategisch und übergreifend zu denken. Das kurzfristige Standortdenken müsse nun endgültig abgelegt werden.

Dem trug auch die Auswahl der Referenten Rechnung – CEOs und Unternehmer aus dem norddeutschen Raum schilderten, wie sie in ihren Unternehmen der momentanen wirtschaftlichen Lage begegnen. Doch der erste Tag gehörte der Politik.

Podiumsdiskussion zu politischen Frage
Anja Hajduk, Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien Hansestadt Hamburg, lobte in ihrem Grußwort das Gemeinschaftsprojekt HanseLog, welches Politik und Wirtschaft als Paradebeispiel für gute Zusammenarbeit dienen könne. Die anschließende Podiumsdiskussion mit Dr. Jörn Biel, Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Kapferer, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Senatorin Anja Hajduk unter Moderation von TV-Moderatorin und Journalistin Corinna Lampadius widmete sich den Fragen "Deutschland vor der Wahl – Politik und Wirtschaft im Schulterschluss? Wohin steuert die Wirtschaft? Welchen Rahmen schafft die Politik?"

In der Frage nach der Qualität des Schulterschlusses waren die Diskutanten sich einig: Regional funktioniere das recht gut, Ländergrenzen allerdings seien noch immer ein großes Hindernis. Lokale Bedürfnisse müssten aber überwunden werden, um in Berlin Einfluss zu erlangen. Bei der Frage nach dem Verhältnis zwischen den Häfen Bremerhaven, Hamburg und Wilhelmshaven allerdings gingen die Meinungen auseinander. Während Senatorin Hajduk meinte, dass die Konkurrenz längst hätte aufgeben werden müssen, war Minister Dr. Biel der Ansicht, die Häfen seien Konkurrenten und müssten es auch bleiben – allein schon im Sinne einer vernünftigen Preisgestaltung und der Erhaltung des Qualitätsstandards. Einig waren sich die Politiker grundsätzlich zur Frage des Ausbaus der Hinterlandanbindungen, wobei Biel den Fokus aufgrund der schnelleren Umsetzung eher auf die Straße legen würde, während Kapferer und Hajduk die Schiene priorisieren – auch aus Gründen der Nachhaltigkeit. Kapferer betonte zudem, dass die Infrastruktur für die nicht-bundeseigenen Bahnen leider vernachlässigt würde.

Konjunkturausblick 2009/2010
Den zweiten Tag der HanseLog eröffnete Frank Horch, Geschäftsführer von Blohm + Voss und Präses der Handelskammer Hamburg, gemeinsam mit Gernot Lobenberg, Geschäftsführer der Logistik-Initiative Hamburg. Dann schilderte Carsten Klude, Chef-Volkswirt von M. M. Warburg & Co. KGaA, seine Prognosen für die Konjunkturentwicklung und Deutschlands Position heute und nach der Krise. Die Talsohle sei zwar erreicht, die Zeichen stünden auf Aufschwung. Allerdings sei dieser hauptsächlich auf die expansiven Konjunkturmaßnahmen der letzten Monate zurückzuführen und könne daher von kurzer Dauer sein. China werde Deutschland als Exportweltmeister ablösen – habe dies wohl schon getan – doch China alleine könne die Weltwirtschaft nicht aus der Krise ziehen. Gefordert seien insbesondere die USA, welche 17 bis 18 Prozent des Weltsozialproduktes stellen. In beiden Ländern würde – im Gegensatz zu Deutschland – die Konjunktur überwiegend vom privaten Konsum angetrieben, der sich in den USA jedoch nicht so schnell wieder von der Krise erholen dürfte. Deutschlands konjunkturelle Entwicklung dagegen hänge von der Weltwirtschaft ab. Klude warnte zudem davor, die Wettbewerbsvorteile Deutschlands zu verspielen, da die Lohnstückkosten in der Krise gestiegen, die Produktivität aber gesunken sei. Die Politik könne dabei nicht helfen, da die deutsche Volkswirtschaft angesichts ihrer Exportabhängigkeit kaum auf politische Entscheidungen reagiere.

Umgang mit der Krise bei der Otto-Group
Hans-Otto Schrader, Vorsitzender des Vorstands der Otto-Group, berichtete über erfolgreiches strategisches Portfolio- und Investitionsmanagement in der Weltfinanzkrise am Beispiel der Unternehmensgruppe. Um den schwer vorhersehbaren Auswirkungen der Krise begegnen zu können, hat er ein hochkomplexes Projekt aufgesetzt. Anhand verschiedener Szenarien und umfassender Indikatoren kann nun die Lage sowohl länder- als auch einheitenspezifisch beurteilt werden, um dann die passenden Maßnahmen zu ergreifen und bedarfsgerecht umzusetzen. "Intuition ist schön", so Schrader, "doch die Basis für Entscheidungen sollten Fakten sein."

Stefan Dräger, Vorsitzender des Vorstands von Drägerwerk, schilderte das Programm PRIME (Production Improvement for Excellence), in dessen Rahmen Kunden und Lieferanten stark in den Produktionsprozess integriert werden. Das Optimierungsprogramm werde dazu beitragen, die Effizienz zu verbessern, Kosten zu senken, Durchlaufzeiten und Flächenbedarf zu verringern und die Qualität zu steigern.

Erfolgreiche Unternehmerstrategien gegen den aktuellen Trend
In der anschließenden Podiumsdiskussion sprachen August Wilhelm Henningsen, Vorsitzender des Vorstands der Lufthansa Technik (LHT), Dr. Christoph Beumer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Beumer Maschinenfabrik, und Thomas W. Herwig, Vorsitzender der Geschäftsführung der Röhlig-Gruppe, über die Strategien und Konzepte, mit denen sie ihre Unternehmen gegen den aktuellen Trend steuern. Laut Henningsen mache die Krise sich bei LHT nur am Rande bemerkbar. Zwar seien Flugpreise und Passagierzahlen zurückgegangen, doch würden die Flüge dennoch stattfinden – somit müssen die Maschinen auch gewartet werden. Trotzdem gebe es natürlich Optimierungsansätze, darunter ein weltweiter Datenverbund, ein weltweites Komponentenversorgungsnetzwerk, Einsatz von RFID im gesamten innerbetrieblichen Verkehr oder das Prinzip der Lean Production, verknüpft mit der Lean Academy, eine interne Fortbildungseinrichtung für den internen Knowhow-Transfer.

Das Handeln bei der Beumer Gruppe steht unter dem Leitbild "Wir wollen den langfristigen Erfolg, nicht den kurzfristigen Gewinn." Auch die Gesellschafter akzeptierten zugunsten der Langfristperspektive ein Ergebnis von Null. Für Dr. Christoph Beumer heißt das auch, nicht um jeden Preis zu sparen, sondern antizyklisch investieren. So hat das Unternehmen kürzlich erfolgreich seinen größten Konkurrenten in China übernommen – zu einem attraktiven Preis. Für das Unternehmen, welches unter anderem Gepäckförderanlage herstellt, biete China ein gewaltiges Potenzial: 250 neue Flughäfen seien dort in nächster Zeit geplant. Thomas W. Herwig setzt für seine IT und Finanzholding auf die Konzentration auf Kernkompetenzen, ergänzt werden könne das Leistungsprofil durch intelligente Kooperationen. Auch er hält nichts vom Sparen um jeden Preis, so hat sein Unternehmen trotz Krise die anstehende Strategieüberarbeitung einschließlich einer Anpassung des Markenauftritts durchgeführt. Auch die Mitarbeiterbindung sei ihm wichtig, jedoch nicht bedingungslos: Ein Null-Ergebnis käme für Röhlig nicht in Frage.

Wertschöpfung in China und Erfolg in Mittel- und Osteuropa
Die China-Experten Dr. Dianjun Fang, Managing Director der Do Logistics in Peking, Christian Kampf, Regional Manager South China bei Freudenberg IT, und Niels Harnack, Geschäftsführer der China Shipping Agency, sprachen in einer Podiumsdiskussion am Nachmittag über "Wertschöpfung in China – Märkte im Aufbruch".

Über "Erfolg in Mittel- und Osteuropa" diskutierten parallel dazu Andreas Kunert, Director Global Supply Chain bei Sauer-Danfoss, Dr. Thomas Schachner, Leiter technische Unternehmensentwicklung bei Nordsee Fisch-Spezialitäten, und Helmut Vollmers, Geschäftsführer der Emons Multitransport. Kunert berichtete über den Aufbau seines Geschäftes in der Slowakei, ein Land, das insbesondere im Bereich Human Ressources über hohes Potenzial verfüge. Schachner gab einen Überblick über die Struktur der internationalen Food Industry und die besonderen Anforderungen an die Logistik für Systemgastronomen wie Nordsee. Vollmers, der sein Geschäft in Hamburg und Russland betreibt, sieht das Land nach wie vor in Aufbruchstimmung. Er betonte, wie wichtig es sei, sich auf die russische Mentalität einzulassen, um dort erfolgreich zu sein.

Energie, Klima und Logistik – Herausforderungen und Perspektiven
Im letzten Hauptvortrag erläuterte Dr. Peter Blauwhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Shell Holding GmbH, Herausforderungen und Perspektiven in den Bereichen Energie, Klima und Logistik. Seine Kernaussagen: Die Energienachfrage wird steigen, und dieser Anstieg wird sich sogar beschleunigen; das Angebot wird sich verknappen; die Emissionen werden steigen. Keine Maßnahme könne das verhindern. Ein gutes Beispiel, sich das vor Augen zu halten, sei die Tatsache, dass allein in China in den nächsten Jahren rund eine Million PKW pro Monat neu zugelassen werden würden. Er schilderte allerdings Wege, wie durch intelligente Verknüpfung der Verkehrsträger, neue Technologien und neue Kraftstoffe das Ausmaß dieser drei harten Wahrheiten gemildert werden kann.

Prof. Peer Witten zog in seiner Abschlussrede das Fazit, dass für ein erfolgreiches Handeln in der Krise Liquidität und Kostenersparnis ebenso wichtig seien wie intelligentes, antizyklisches Handeln und das richtige Portfolio. Es stünden zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, weitere Potenziale in den Unternehmen auszuschöpfen, darunter zum Beispiel ein intensiverer Einsatz der Internettechnologie. Zudem habe sich erneut gezeigt, dass Familienunternehmen in Krisensituationen schneller, flexibler und unabhängiger seien.

Quelle: MyLogistics

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