ACL: Weißrussland für ausländische Logistiker attraktiver machen

"Die Teilnahme Weißrusslands an Amber Coast Logistics (ACL) wird helfen, das Land für ausländische Logistikakteure attraktiver zu machen", betonte Dr. Anatoly Molokovitch, Leiter der Logistikabteilung an der "School of Business and Management of Technologies" der weißrussischen Staatsuniversität, während der dritten Sitzung des Lenkungsausschusses von Amber Coast Logistics, die kürzlich in Warschau stattfand. Die School of Business ist einer von 19 Partnern in dem transnationalen Logistikprojekt. 
 
ACL wird durch das Programm der Europäischen Union für die Ostseeregion (European Union’s Baltic Sea Region Programme 2007-2013) und das europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) finanziert. Ziel des Projektes ist es, multimodale Umschlagplätze aufzubauen und dadurch die Erreichbarkeit schlecht angebundener Regionen in der südöstlichen Ostseeregion und seinem natürlichen Hinterland, Weißrussland, Ukraine und Kasachstan, zu verbessern. 
 
Drei Projektpartner kommen aus Weißrussland: Die Forschungseinrichtungen "School of Business and Management of Technologies of Belarusian State University" und "Scientific Technological Park ‚Polytechnik’" sowie der Verband "Belarusian Association of International Forwarders". Außerdem sind Häfen, Unternehmen, Behörden und Forschungsinstitute aus Polen, Litauen, Lettland, Dänemark und Deutschland beteiligt. 
 
Erst kurz vor der Sitzung des ACL-Lenkungsausschusses hatte der weißrussische Premierminister, Mikhail Uladzimiravich Myasnikovich, die Teilnahme seines Landes an dem Ostsee-Förderprogramm der EU und somit auch die Beteiligung weißrussischer Einrichtungen und Unternehmen an Amber Coast Logistics offiziell bewilligt. Damit habe er die Bedeutung von ACL für die weitere Entwicklung des weißrussischen Transport- und Logistiksektors unterstrichen, so Molokovitch. 
 
ACL analysiert Erreichbarkeit 
Weißrussland spielt als Transitland für die transnationalen landbasierten Transportströme eine besondere Rolle – es verbindet den Wirtschaftsraum der EU mit Russland. Etwa zwölf Prozent der Warenströme auf Straße und Schiene aus und nach Russland laufen über weißrussisches Territorium. Seit 1995 haben sich die Warenströme zwischen Russland, Weißrussland und der EU um den Faktor drei bis vier vergrößert. Trotzdem steht der Transport- und Logistiksektor Weißrusslands vor einigen Herausforderungen. Wie diese genau aussehen, haben die Projektpartner von ACL in Studien analysiert, in denen verschiedene Aspekte der Erreichbarkeit betrachtet wurden, darunter politische 
und administrative sowie technische Aspekte. 
 
So hat eine Betrachtung der Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasser eine ungleiche Verteilung der Transporte zu Gunsten der Schiene ergeben, die einen Anteil von 83,9 Prozent aufweist, gefolgt von dem Verkehrsträger Straße mit 9,8 Prozent und dem Binnenschiff mit 6,3 Prozent. Obwohl dieser Modal Split sehr umweltfreundlich ist, verdeutlicht er gleichzeitig, warum es in Weißrussland viele nur sehr schwer erreichbare Gebiete gibt. Das Schienennetz ist weniger verzweigt. Ein Grund für den geringen Anteil der Straße an den Transportströmen besteht darin, dass das Straßennetz von Weißrussland nur in einigen Regionen einen Standard aufweist, der mit den Autobahnen in beispielsweise Dänemark oder Deutschland vergleichbar ist. Der Transport auf Binnenwasserstraßen ist allein wegen der Topographie des Landes nur von geringer Bedeutung. 
 
Ein technisches Hindernis für effiziente Transportabläufe ist die Schienen-Spurweite. Sie beträgt in den Ländern der früheren Sowjetunion und Finnland 1.520 mm, während die westliche Norm 1.435 mm beträgt. Waggons, die die Spurbreite automatisch wechseln, sind zwar schon vorhanden, werden aber nur zwischen Finnland und Schweden eingesetzt. Der einzige Grenzübergang in Weißrussland, an dem ein Systemwechsel möglich ist, ist Brest. Kosten- und zeitaufwendige Umladungen sowie mangelnde 
Kapazitäten sind die Folgen. 
 
Zu den weiteren Haupthindernissen des länderübergreifenden Transports zählen die Dauer der Zollabfertigung und die Wartezeiten an internationalen Grenzübergängen. Darunter leidet auch der Importverkehr aus der EU mit Ziel Weißrussland. Laut einer Studie von ACL hat hier nur einer von zehn Transporteuren das Glück, weniger als acht Stunden warten zu müssen. Bei etwa 85 Prozent aller Transporte dauert die Abfertigung an den Grenzkontrollpunkten acht Stunden bis zwei Tage. Dies steigert die Kosten und erschwert die Einhaltung von Zeitplänen. 
 
40 Logistikzentren in Planung oder bereits im Bau 
Auf Grundlage dieser und weiterer Ergebnisse erarbeiten die Projektpartner von ACL in einem nächsten Schritt Empfehlungen, die zu einer Effizienzsteigerung der Transportströme führen sollen, die durch Weißrussland verlaufen. Darunter fallen beispielsweise die relevanten Bereiche des Transportkorridors IX Helsinki – Chisinau. Danach werden operative Konzepte für multimodale Transportketten entwickelt. 
 
Projektpartner Molokovitch berichtete in Warschau, dass die Probleme des Logistiksektors in Weißrussland erst vor einigen Jahren die Aufmerksamkeit der weißrussischen Regierung erweckt hätten. "2008 wurde das ‚Programm für die Entwicklung des Logistiksystems in Weißrussland bis 2015‘ beschlossen. Erste Ergebnisse des Programms sind Logistikzentren von ‚Belintertrans – transport-logistic center of the Belarusian Railway‘ und ‚Beltamogservice‘, die derzeit gebaut oder schon betrieben werden. Weißrussland befindet sich erst noch am Anfang der Entwicklung eines Logistiksystems. Insgesamt sind derzeit mehr als 40 Logistikzentren im Bau oder in Planung. Um diese Entwicklung weiter zu fördern, ist es notwendig, einen Plan zu erarbeiten, der eine strategische Positionierung der Logistikzentren aufzeigt. Mit seinen Arbeitsinhalten bietet das Projekt ACL dafür den perfekten Rahmen."

Quelle: MyLogistics

Portal: www.logistik-express.com
 

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