| | | | |

Anbindung an Seehafen Koper: Österreich muss Potenziale nutzen

Eine neue Studie zeigt die Schwachstellen im bahnseitigen Hinterlandverkehr zwischen Österreich und dem Hafen Koper auf.

Beitrag: Redaktion

Der Adria-Hafen Koper ist seit einigen Jahren der wichtigste Hafen für Österreichs Außenhandel. Über ihn wurden 2022 mehr als sieben Mio. Tonnen Güter und 227.000 TEU Container für und aus Österreich umgeschlagen. Beinahe die Hälfte dieses Volumens wurde auf der Straße transportiert, rund 58 Prozent auf der Schiene. Mehr Transporte auf der Schiene wären möglich, wären da nicht die Engpässe im bahnseitigen Infrastrukturbereich in Slowenien aber auch in Österreich. Welche Bedeutung der Hafen für Österreich hat und welche Engpässe es gibt wurde in einer vom österreichischen Zentralverband Spedition & Logistik (ZV) und der österreichischen Industriellenvereinigung beim Wiener Wirtschaftsforschungsinstitut Economica in Auftrag gegebenen Studie herausgearbeitet.

Da ist der (noch) vorhandene Bahn-Engpass zwischen Koper und Divaca, wo bereits die Ausbauarbeiten auf Hochtouren laufen und bis 2025 ein zweiter Gleisstrang fertig verlegt sein soll. Zwischen Divaca und der slowenischen Hauptstadt Ljubljana und Maribor und weiter zur österreichischen Grenze ist auf der bestehenden Bahntrasse kaum mehr Güterverkehr möglich. Dringend notwendig wäre hier der zweigleisige Ausbau zwischen Maribor und dem österreichischen Grenzbahnhof Spielfeld/Straß und von hier zweigleisig bis zum Cargo Center Graz in Werndorf bei Graz.

Die evidenten Engpässe verhindern eine leistungsfähige Bahnverbindung für den Güterverkehr zwischen Österreich und Koper und führten dazu, dass Österreich umfahren wird, bedauerte Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung bei der Präsentation der Studie in Wien. Bis zur Eröffnung des Semmering-Basistunnels wird diese Umfahrung wohl nicht zu stoppen sein und besteht die Gefahr dass neue Logistik-Cluster östlich von Österreich entstehen und so Österreich volkswirtschaftlich relevante logistische Wertschöpfung entzogen wird. Gerade deshalb sei es von übergeordneter Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Österreich durchgängige, grenzüberschreitende Kapazitäten zwischen Österreich und Koper zu schaffen“, ist ÖBB-Holding-Vorstandschef Andreas Matthä überzeugt. Die Vorplanungen für eine zweiten Gleisstrang von Werndorf nach Spielfeld und der Umbau des Grenzbahnhofs Spielfeld/Straß laufen bereits. Doch bis der Ausbau fertig sein wird werden noch viele Jahre vergehen.

Für Alexander Friesz, Präsident des ZV wäre das Laden und Löschen der Container in Koper und der Bahntransport ins Hinterland die naheliegende Option, „doch diese Studie zeigt die Grenzen der Schiene auf. Der massive Ausbau des Personenverkehrs auf der Schiene überlässt zugleich immer weniger Kapazitäten für den Güterverkehr“. Daher werde wohl weiterhin im Seehafenhinterlandverkehr der Lkw gegenüber der Bahn die Nase vorn haben und seine Vorteile ausspielen. Er sieht den Bahngüterverkehr in Österreich im EU-Vergleich mit einem Anteil von 30 Prozent am Gesamtverkehr auf einem „hervorragend hohem Niveau“. Bis 2050 wird aber Prognosen zufolge der Straßengüterverkehr in Europa um 50 Prozent steigen. Selbst wenn die Bahnkapazitäten steigen wird dieses Wachstum nicht auf die Schiene verlagerbar sein.

Koper liegt geografisch günstig für Österreichs Außenwirtschaft. Die Schiffe aus Asien fahren die Adria hoch und können 300 Kilometer entfernt von der österreichischen Grenze Bulk- und Container-Ladung laden und löschen. Für den Umweg bis in die für Österreich nicht weniger wichtigen Nordseehäfen wie Rotterdam, Bremische Häfen oder Hamburg dauert die Schiffsreise noch einige Tage mehr und daher punktet Koper zweifellos mit dem Zeitvorteil im Trade Europa-Asien. „Die günstige Lage am nördlichen Ende der Adria und damit die Nähe zum Suezkanal und Zentraleuropa machen Koper neben Österreich und Ungarn zunehmend auch für Bayern, Tschechien und die Slowakei attraktiv“, betonte ZV-Präsident Friesz.

Der Einzugsbereich von Koper weitet sich immer weiter in Richtung Norden aus. Zudem hat Koper in den vergangenen Jahren mit massiven Investitionen in Seeumschlagskapazitäten, Logistikkompetenz und Straßenanbindung seine Leistungsfähigkeit deutlich erhöht, was unter Österreichs Verlader wahrgenommen wird und mit immer mehr Ladung über den Hafen honoriert wird. Für Knill steht fest: „Die moderne Logistik ist ein hochkomplexes System. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit dieses Systems ist die optimale Abstimmung zwischen den Transportmodi und der Vermeidung von Engpässen. Dies stärkt die Resilienz unserer Unternehmen und ist wesentlich für die nachhaltige Absicherung unseres attraktiven Produktionsstandorts.“

Hauptwettbewerber im Koper-Verkehr ist im generell zur Schiene tendierenden maritimen Kombinierten Verkehr der Verkehrsträger Straße, bei dem geringere Kapazitätsengpässe auftreten. Der Modal Split zugunsten der Straße liegt in Österreich bei rund 70 Prozent. Vor dem Hintergrund des gegenwärtig hohen Strompreisniveaus könnten sich weitere Marktanteile zugunsten des Straßentransports verschieben. Economica-Vorstand Christian Helmenstein betonte die Funktion des Marktes: „Angebot und Nachfrage treffen bei den kostenmäßig und qualitativ jeweils attraktivsten Transportmodi und Transportrouten aufeinander. Auch dem Klimaschutz ist durch Wettbewerb zu fairen Bedingungen am besten gedient.“ (RED)

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2023

Ähnliche Beiträge